Geografisch gesehen liegen die Balearen zwar nicht zwischen Madrid und Barcelona. Aber bei dem sich zuspitzenden Streit in der Katalonien-Frage droht die Regierung in Palma dennoch zwischen die Fronten zu geraten und dabei bleibenden Schaden zu nehmen.

Schließlich müssen sich bei der Abstimmung im spanischen Senat auch die Vertreter der Balearen positionieren. Das Augenmerk richtet sich dabei auf die beiden vom Regionalparlament direkt entsandten Vertreter. Stimmen sie der Aufhebung der Autonomie der kulturell eng verwandten Nachbarregion zu? Der konservative ehemalige Balearen-Premier José Ramón Bauzá - Senatsvertreter Nummer eins - wird sich die Wahl leicht machen und zusammen mit seiner PP-Fraktion für die Intervention stimmen. Aber was ist mit dem zweiten Vertreter, Bauzás Vorgänger als Balearen-Premier, der Sozialist Francesc Antich (PSOE)?

Angesichts der absoluten Senatsmehrheit der PP ist Antichs Stimme zwar nicht ausschlaggebend. Für die linke Regierungskoalition in Palma wird sie zur Zerreißprobe. Més, der links, ökologisch und regionalistisch positionierte Juniorpartner der Sozialisten, fordert Solidarität mit Katalonien. Der mallorquinische Inselratspräsident Miquel Ensenyat (Més) verlangte eine Abstimmung des Balearen-Parlaments, um die Position der Senatsvertreter gegen die drohende Anwendung des Artikels 155 festzulegen. Antich brächte ein solches Votum in eine Zwickmühle: Entweder beherzigt er die von der Balearen-Regierung befürwortete Solidarität mit Katalonien. Oder er fügt sich dem von seiner Parteizentrale in Madrid vorgeschriebenen Fraktionszwang, indem er für die Absetzung der katalanischen Regierung stimmt.

Der eher symbolische Kampf um das Abstimmungsverhalten der Balearen-Senatoren - Rajoy verfügt in der Kammer über eine bequeme absolute Mehrheit - birgt aber auch für die aktuelle Ministerpräsidentin der Inseln, Francina Armengol, große Sprengkraft. Denn auch sie gerät zwischen die Fronten. Bislang standen Armengol und ihr verhältnismäßig erfolgreicher Linkspakt bei der aktuellen Parteiführung in Madrid hoch im Kurs. Schließlich galt sie im Streit um den Vorsitz der spanischen Sozialisten als eine der wenigen Unterstützerinnen des letztlich erfolgreichen linken Parteiflügels von Pedro Sánchez. Nach dessen Wiederwahl zum Parteivorsitzenden im Mai 2017 war Palmas Linkskoalition vorübergehend voll im Trend.

Aber in Sachen Katalonien ist der PSOE-Chef Sánchez nun mal gezwungen, eine harte Linie zu fahren. In sozialistischen Hochburgen wie Andalusien hat man schließlich keinerlei Verständnis für die katalanischen Sperenzchen. Armengols Solidaritätserklärungen gefallen da allenfalls noch den Genossinnen und Genossen in Katalonien, die nun teilweise aus der spanischen Mutterpartei ausgetreten sind.

Wie blank die Nerven bei der Balearen-Regierung liegen, veranschaulicht eine Anekdote, die sich auf der Facebook-Seite des Bildungsministers Martí March abgespielt hat. Unter einem Post gegen die Anwendung des Artikels 155 kommentierte eine Schulmutter schnippisch, der Minister solle sich lieber um seine Arbeit kümmern. March schoss gereizt zurück und beleidigte die Schulmutter als „ignorant" und „peinlich".

Die Vereinigung Círculo Balear - eine eher zentralistisch gesinnte Einrichtung, die sich unter anderem gegen Katalanisch als Schulsprache einsetzt - veröffentlichte Screenshots des schnell gelöschten Streitgesprächs und forderte aufgrund dieser unangemessenen Entgleisungen den sofortigen Rücktritt des Bildungsministers.