Sie hatten Glück: 15 Flüchtlinge, die am 27. September 2017 an der Küste von Mallorcas Nachbarinsel Cabrera entdeckt und festgenommen wurden, durften am Samstag (4.11.) das Auffanglager in Barcelona freien Fußes verlassen. Statt sie, wie eigentlich vorgesehen, in ihr Heimatland Algerien zurückzubringen, ließen die Behörden sie auf richterlichen Beschluss hin ziehen. Die Auffanglager seien zu voll, so die Begründung. Jetzt stehen die Algerier buchstäblich auf der Straße, denn sie verfügen weiterhin weder über Aufenthalts- noch über Arbeitserlaubnisse. Dennoch haben sie eine erste Etappe ihres großen Ziels gemeistert: möglichst dauerhaft in Europa bleiben zu können.

Etwa zwei von drei illegal eingewanderten Flüchtlingen sollen derzeit auf diese Weise der direkten Abschiebung aus den überfüllten Lagern in Valencia und Barcelona entkommen. Von den Balearen aus sind in diesem Jahr bereits 271 Menschen dort hingeschickt worden. Die Zahl ist um ein Vielfaches höher als noch im Vorjahr (2016 wurden nur 26 illegal über den Seeweg angereiste Einwanderer dokumentiert), aber weiterhin gering, wenn man sie mit den Flüchtlingsströmen zwischen Libyen und Italien oder an der Meerenge von Gibraltar vergleicht.

Die Einwanderer haben die Zeit auf ihrer Seite: Je mehr Menschen in ein sogenanntes Centro de Internamiento de Extranjeros (CIE) eingewiesen werden, desto mehr haben die Sachbearbeiter zu tun, ihre Fälle zu prüfen. Maximal zwei Monate dürfen sie die

Flüchtlinge im Lager festhalten, in dieser Zeit muss ihnen gelingen, das Herkunftsland und im Falle von möglicherweise Minderjährigen auch das Alter der Personen zur ermitteln. Gelingt das nicht, steigen die Chancen der Einwanderer, zumindest vorerst in Spanien bleiben zu dürfen.

Die relativ gesehen günstigen Voraussetzungen scheinen sich in Algerien herumgesprochen zu haben. Vorbei scheint die Zeit zu sein, in der einzelne Draufgänger sich in der Küstenstadt Dellys zusammentaten, gemeinsam ein altes Boot organisierten und auf gut Glück die gefährliche Reise über das Mittelmeer ins 265 Kilometer entfernte Mallorca antraten. Die meisten Boote, die derzeit die Küsten der Balearen erreichen, haben mit den alten Nussschalen wenig zu tun. Sie sind geräumig, teils nagelneu und ausgestattet mit leistungsstarken Motoren und

neuesten GPS-Geräten.

Laut der Polizei weist dies da-rauf hin, dass organisierte Schlepperbanden die Route zwischen Dellys und Mallorca übernommen haben. Weiterhin ist die Insel aber nicht das endgültige Ziel der Algerier. Viele betrachten sie als das Tor nach Europa und reisen schnell weiter in Richtung Festland.