Drei Heckenbraunellen (Prunella modularis) wurden am 4. Januar in Son Real gesichtet, am selben Tag drei Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) bei Orient sowie ein Erlenzeisig (Carduelis spinus) in der Gemeinde Artà. Die Vogelsichtungen sind in der digitalen Plattform Citau aufgeführt, einschließlich Anzahl der beobachteten Tiere, einem Foto von ihnen sowie dem Standort auf einer Karte.

Amadeu Corbera und zwei Mitglieder des Umweltschutzverbands Gob stehen am Bildschirm im Vereinssitz in Palma und kommentieren die Vogelbeobachtungen. Der Gob, das ist die stärkste Umweltlobby auf den Balearen, die sich bei Bauskandalen, Tourismusexzessen oder energiepolitischen Themen zu Wort meldet und die balearische Linksregierung scharf angeht. Der Gob ist aber auch einfach ein Verein von Vogelfreunden, wie es schon der Name sagt: Grup Balear d'Ornitologia I Defensa de la Naturalesa.

„Beide Stoßrichtungen sind wichtig", sagt Corbera, neuer Präsident der balearischen Vereinigung für Ornithologie und Naturschutz. „Der Gob muss sich seiner Wurzeln bewusst sein, er muss aber auch in der aktuellen Debatte die Natur verteidigen." Die Ziele bleiben auch unter Corbera weitgesteckt: Mit Bildungsprogrammen schon bei Kindern und Jugendlichen das Umweltbewusstsein schärfen, aber auch die Ökologie in der politischen Agenda verankern. „Sie muss einen Stellenwert bekommen, so wie jetzt etwa der Feminismus."

Von klein auf Umweltschützer

Unter dem 32-Jährigen aus Bunyola bleibt der Gob mit seinen 3.500 Mitgliedern streng auf Kurs. Corbera hat die Ökologie quasi mit der Muttermilch aufgesogen, seine Eltern gehören zur Gründergeneration. „Ich bin Mitglied, seit ich denken kann." Und nach seiner Mitarbeit der vergangenen Jahre sei nun der Zeitpunkt gekommen, Verantwortung zu übernehmen. Die Präsidentschaft des Gob ist ein Ehrenamt, im Gegensatz zum Posten des Sprechers, den weiterhin Margalida Ramis innehat - sie ist es, die den Medien stets Rede und Antwort steht. Es spricht aber einiges dafür, dass in Zukunft auch Corbera selbst in die öffentliche Debatte eingreift - mehr als 60.000 Tweets in seinem Twitter-Profil weisen ihn als regen Social-Media-Aktivisten aus.

Die Themen brennen dem Ethno-Musikwissenschaftler, der am balearischen Konservatorium lehrt und über den mallorquinischen Komponisten und Musikforscher Baltasar Samper promoviert, auf den Nägeln. Da wären die Auswüchse des Massentourismus und seine Folgen für die Ressourcen, die anhaltende Zersiedelung, der mangelnde Schutz der Naturräume oder jetzt aktuell der Ausbau der Landstraße Llucmajor-Campos zur Schnellstraße mit zwei Spuren pro Richtung. Für viele Gob-Mitglieder sei es hart, dass das Projekt ausgerechnet von der Linksregierung umgesetzt und damit letztendlich die Straßenbaupolitik der PP weitergeführt werde. Es sei zwar abgespeckt worden, die Straße falle etwas schmaler aus, „aber der Unterschied zwischen linker und rechter Politik reduziert sich letztendlich auf zwei Meter", so Corbera. Die hohe Zahl schwerer Unfälle ließe sich auch mit anderen Mitteln senken, wie das inzwischen eingeführte Überholverbot und verschärfte Tempolimit zeigten.

Auch mit der 2016 eingeführten Touristensteuer, die in der diesjährigen Hauptsaison verdoppelt wird, kann die Linksregierung den Gob nicht zufriedenstellen. Da die Einnahmen nicht zu 100 Prozent in den Umweltschutz fließen, sei sie angesichts von Investitionen in die touristische Infrastruktur zweckentfremdet worden.

Ferienvermietung verbieten

Ebenso wenig Applaus gibt es vom Gob für die Regulierung der Ferienvermietung auf den Inseln, Corbera betrachtet sie als völlig unzureichend. Auflagen, hohe Strafen und Kontrollen seien ja schön und gut - angesichts der Auswüchse hätte die Landesregierung die Ferien­vermietung erst einmal ganz verbieten müssen. In Palmas Zen­trum sei der Mietmarkt kollabiert, auf dem Land treibe die Spekulation Blüten. „Das Verbot muss ja nicht für immer sein", so der Gob-Präsident, dem auch das inzwischen gesetzlich verankerte Gästebetten-Limit nicht weit genug geht. Es seien immer noch zu viele in der Vergangenheit zugestandene Ausnahmen erlaubt.

Und auch das beschlossene Projekt für den Naturschutzpark Es Trenc stellt die Umweltschützer nicht zufrieden. Entgegen den ursprünglichen Plänen werde nun doch ein Parkplatz auf dem Gebiet erlaubt. Das sensible Dünengebiet dürfe nicht auf ein möglichst bequem erreichbares Erholungsgebiet für Urlauber reduziert werden, „ein Naturschutzgebiet muss man zu Fuß erkunden".

Zusammengefasst: Die Linksregierung gehe zwar wichtige Themen an, setze aber nur Akzente statt eine wirkliche politische Alternative zu sein. „Für jede gute Leistung erlaubt sie sich auch einen Fehltritt." Daher auch die Demonstration mit mehr als 3.000 Teilnehmern im September vergangenen Jahres gegen den Massentourismus - nicht gegen die Urlauber selbst, wie Corbera betont. Deswegen seien auch der Begriff turismofobia unzutreffend und die Aufregung über Protestaktionen der Splittergruppe Arrán im vergangenen Sommer übertrieben. „Sie haben mit Konfetti auf Urlauber geworfen, nicht mit Steinen."

Was die Umweltaktivisten unternehmen werden, wenn zum Start der kommenden Hauptsaison die Debatte wieder neu entflammt, kann der Gob-Präsident nicht sagen - das werde spontan entschieden. „Auf jeden Fall werden wir angesichts der nächsten Touristenschwemme nicht schweigen." Corbera wünscht sich aber auch, dass im neuen Jahr ein echter Dialog mit der Linksregierung zustandekomme.

Das betrifft speziell die Energiepolitik - im Gegensatz zur kompromisslosen Haltung in anderen Bereichen merkt man Corbera an, dass er mit dem Widerstand gegen große Solarparkprojekte nicht ganz mit sich im Reinen ist. Sie sind nun einmal der schnellste Weg, um die bislang geringe Quote erneuerbarer Energien auf den Inseln zu steigern und so endlich das Kohlekraftwerk Es Murterar abschalten zu können. „Landschaft ist immer auch Identität", erklärt Corbera die Gob-Haltung, „nach all dem, was auf Mallorca passiert ist, kann die Zersiedelung nicht so weitergehen." Statt Unmengen Energie für den Massentourismus zu produzieren, sollte lieber Strom gespart werden. Und gerade im Gebiet der Marina de Llucmajor bereiten Solarparkprojekte Kopfschmerzen - dort ist ein Brutgebiet des Rotmilans.

Der Spagat zwischen Ornithologen-Club und Umweltschutzlobby dürfte nicht einfacher werden.