Jordan Thomas Llamas arbeitete auf Mallorca bereits als Kellner, Bademeister - und kurze Zeit sogar als Gesundheitsberater der Landesregierung. Im MZ-Interview erzählt der junge Mann seinen ungewöhnlichen Werdegang, und wie er Probleme in Santanyí als neuer Vorsitzender der sozialistischen PSOE lösen will.

Zum ersten Mal politisch aktiv wurden Sie, als sich die damalige Landesregierung aus Spargründen weigerte, im Winter die Heizkosten in der Gesamtschule Santanyí zu übernehmen, die Sie damals besuchten.

Genau, damals war ich 15. Es gab keine Antworten auf unser Problem. Also gründete ich eine Schülervertretung, wir organisierten eine große Demonstration und die Landesregierung gab letztlich nach.

Wenig später wurden Sie in die spanienweite Schülervertretung gewählt. Engagiert sich sonst noch jemand in Ihrer Familie politisch?

Nein, niemand aus meiner Familie ist in der Politik. Es war eine Sache, die mir gefiel. Ich will Antworten und Lösungen für Probleme finden und mich nicht damit abfinden, wenn etwas nicht funktioniert.

Aber dann haben Sie die Schule abgebrochen.

Ich war kein schlechter Schüler und bin immer gerne zur Schule gegangen. Aber es ging nicht anders. Es gab Probleme in meiner Familie. Deshalb musste ich mit 16 Jahren ein Restaurant unserer Familie hier in Cala d´Or führen. Das war eine schwierige Phase. Aber ich will irgendwann Jura studieren und Anwalt werden.

Weil Sie von der Schule gegangen sind, mussten Sie auch die Schülervertretung verlassen?

Klar, automatisch ist man dann draußen. Aber ich hatte Blut geleckt, mir gefiel es, mich zu engagieren. Also schloss ich mich der PSOE an und begann mit 16, 17 Jahren zu den Versammlungen in Santanyí zu gehen.

Da waren Sie vermutlich mit Abstand der Jüngste?

Oh ja. Junge Leute in der Politik sind komische Vögel (lacht).

Aber man hat Sie respektiert?

Ja, ich glaube die anderen fanden es gut, dass da ein junger Mensch kommt mit Neugier und neuem Schwung. Außerdem war ich sehr aktiv und übernahm immer mehr Aufgaben und Projekte. Also wurde ich auf die Listen für die Kommunalwahl in Santanyí gesetzt.

Letztlich siegte wieder die PP.

Tja, das war hier in Santanyí leider immer so, seit wir die Demokratie haben, gab es nie einen Wechsel, hier hat immer die PP regiert.

Aber in der Landesregierung kam die PSOE an die Macht und man wollte Sie als Berater im Gesundheitsministerium haben. Eine große Chance! Warum sind Sie nach zwei Wochen von dem Posten zurückgetreten?

Ich war 20, es gab viel Polemik und mediale Aufregung, nach dem Motto: „Ein junger Typ ohne Erfahrung." Ich hatte Rückhalt in meiner Partei, aber ich wollte das Regierungsbündnis nicht in Gefahr bringen.

Bereuen Sie den Rücktritt?

Ich glaube, es war die einzige mögliche Entscheidung in diesem Moment, auch wenn ich es bedauere. Ich bin überzeugt davon, dass ich meine Sache gut gemacht hätte.

Sie haben viel Selbstvertrauen.

Ja, das habe ich (lacht). Aber ich weiß auch, meine Fehler zu erkennen und mich zu entschuldigen, und ich mag es, von Leuten zu lernen, die mehr Erfahrung haben als ich.

Jetzt wurden Sie zum Vorsitzenden der PSOE Santanyí gewählt. Anführer der ewigen Oppositionspartei - das klingt hart.

Ich liebe Herausforderungen. Auch privat musste ich viele meistern. Bei den nächsten Wahlen im Jahr 2019 werden wir gewinnen. Mein Ziel ist, Bürgermeister zu werden. Aber die PP hat hier in all den Jahren eine Struktur aufgebaut, in der viel über Gefallen und Vetternwirtschaft läuft. Viele Leute unterstützen und loben uns, haben aber Angst, Flagge

zu zeigen ...

... Angst wovor genau?

Die PP hat ein sehr gut ausgebautes Netz und hier herrscht wirklich Angst, weil viele Existenzen von den Arbeitsstellen abhängen, die die Menschen vielleicht nicht bekommen oder verlieren, wenn sie offen zu uns halten.

Sprechen Sie aus eigener Erfahrung?

Als wir noch unser Restaurant hatten, schickten die Politiker die Polizei sehr oft wegen Kleinigkeiten vorbei, um Inspektionen zu machen. Und da gibt es noch viele andere Beispiele.

Viele Probleme sind in Santanyí offensichtlich. Eines ist die Hauptstraße von S´Alqueria Blanca.

Ja, alle nutzen die Straße als Durchfahrt, es gab Tote und Unfälle und ständig Lärm. Das Problem existiert seit Jahren und die PP hat nie etwas getan. Jetzt endlich, wo die PSOE im Inselrat an der Macht ist, tut sich etwas. Es gab Treffen mit uns, mit den Anwohnern und es wurden fünf Projekte für Umgehungsstraßen erarbeitet. Die Verwaltung ist langsam, aber die Planung wird im kommenden Jahr abgeschlossen und so festgezurrt sein, dass die Arbeiten in der nächsten Legislaturperiode auf jeden Fall beginnen werden.

Probleme macht auch das Trinkwasser in Cala Llombards.

Nicht nur dort, sondern im gesamten Gemeindegebiet. Das Leitungswasser ist in keinem Ortsteil trinkbar, es ist das schlechteste Mallorcas. In der Cala Llombards kam hinzu, dass die dort zuständige Wasservertriebsfirma keine Genehmigungen hatte und geschlossen werden musste. Plötzlich waren die Leute dort mehr als zwei Tage ohne Wasser, weil das Rathaus sie weder informiert noch für Ersatz gesorgt hatte. Das ist peinlich, aber so läuft das hier.

Was wäre die Lösung der PSOE?

Wir würden alles bewegen, um das Problem in den Griff zu bekommen, sei es durch Entsalzungsanlagen oder auf anderem Wege. Trinkwasser hat bei uns eine der höchsten, wenn nicht sogar die höchste Priorität.

Und das Park-Chaos an den Badebuchten Cala s´Almunia und Caló des Moro?

Im Sommer ist es schlimm, die Anwohner kommen wegen all der parkenden Autos teils nicht zu ihren Grundstücken und auch Rettungskräfte nicht. Die Landesregierung hat sich mit dem Rathaus letztes Jahr geeinigt, Shuttlebusse zu den Stränden einzusetzen. Das ist gut. Leider hat das nicht wirklich viel gebracht, weil die Menschen nicht informiert wurden. Da hätte es mehr Flyer und Aushänge geben müssen. Eine weitere Lösung wäre ein Parkplatz, aber das Rathaus hat den Plan sehr spät beim Inselrat eingereicht, deshalb kann er dieses Jahr noch nicht angegangen werden.

Welche Probleme sehen Sie noch?

Die Urlauberorte wie Cala d´Or, Portopetro und Cala Figueras sind komplett im Verfall und vernachlässigt, obwohl sie das meiste Geld generieren. Es gibt zu wenig Polizei, es gibt Müllprobleme. Ich habe als Bademeister und Kellner gearbeitet und arbeite derzeit in den Sommermonaten als Rezeptionist in einem Hotel. Ich bekomme es mit, wenn die Touristen sich ständig beschweren, weil die Straßen kaputt sind, weil Leute gefallen sind, weil Straßenlaternen nicht funktionieren. Auch dadurch sinkt die Qualität des Tourismus von Jahr zu Jahr. Viele buchen nur noch All inklusive und gehen gar nicht mehr auf die Straßen. Und so etwas wollen wir nicht. Mein Vorbild ist Calvià, dort wird momentan alles umgekrempelt, um die Probleme in den Griff zu bekommen, es wird viel investiert und es gibt einen regen Austausch mit allen Betroffenen.

Im Santanyí leben viele Deutsche. Funktioniert die Integration?

Ich habe viele deutsche Freunde und ich finde, dass sich die Deutschen hier sehr gut integrieren. Sie sind respektvoll, sie bringen sich bei Gemeindefesten ein und bauen Unternehmen auf, die oft erfolgreich sind. Ich bewundere das. Natürlich sollte man nicht generalisieren, aber grundsätzlich finde ich es toll, dass die Deutschen hier leben. Je mehr, desto besser.