Miguel Ángel Barceló will auf keinen Fall falsch verstanden werden: „Wir haben ja nichts dagegen, dass Tische und Stühle vor den Bars stehen, wir sitzen ja selbst manchmal dort", sagt der Präsident der Anwohner-Vereinigung Santa Pagesa in Palma de Mallorca der MZ. „Aber wir fordern eine Regulierung, es dürfen nicht noch mehr werden." In den Zuständigkeitsbereich seiner Vereinigung fällt die Gastro-Straße Blanquerna, neben dem Carrer Fábrica in Santa Catalina derzeit Epizentrum der Debatten um die neue Verordnung für Außenbewirtungsflächen im Stadtgebiet. In den beiden Fußgängerzonen soll es gesonderte Vorgaben geben, die von den generellen Vorgaben abweichen.

Der Entwurf dazu sieht vor, dass zwischen 10 und 20 Prozent der Außenbewirtungsflächen in der Stadt wegfallen. Der Vorschlag des Rathauses sieht vor, generell nur noch Außenbewirtung in Straßen zuzulassen, die breiter als 3,50 Meter sind. Abgerückt sind die Stadt­oberen nach Protesten der Wirte bereits von dem Vorhaben, in der gesamten Stadt mindestens 2,50 Meter Platz für Fußgänger einzufordern. Außer in Santa Catalina, dem Carrer Blanquerna und in der Altstadt soll es nun in den anderen Vierteln, wie auch bisher, bei zwei Metern belassen werden.

Beispiel Blanquerna: Hier soll es für Fußgänger künftig insgesamt fünf Meter Platz geben, Radfahrer sollen einen Meter bekommen. Das würde bedeuten, dass die Wirte statt 4,50 Metern in Zukunft nur noch 3,50 Meter zur Verfügung haben, auf der Seite mit den geraden Hausnummern statt vier dann drei Meter.

Anwohnersprecher Barceló hält eine Reduzierung für dringend nötig. „Wir haben so lange für einen öffentlichen Raum in unserem dicht besiedelten Viertel gekämpft. 2010 bekamen wir ihn dann mit der Fußgängerzone Blanquerna, und acht Jahre später werden Fußgänger und Radfahrer schon wieder von den Bewirtungsflächen vertrieben." Das sei für das Zusammenleben im Viertel kontraproduktiv.

Außerdem habe die Zahl der Bars und Restaurants überhandgenommen. „Bevor die Blanquerna verkehrsberuhigt wurde, gab es, wenn es hoch kam, zehn Bars. Heute sind es über 30", berichtet Barceló. Der Einzelhandel dagegen werde immer weiter ausgedünnt, man könne inzwischen in der Straße kaum noch das Nötigste einkaufen, findet der Anwohnersprecher.

Die Sicht der Wirte liest sich allerdings ganz anders. Sie argumentieren, dass sie die Außenbewirtungsflächen zum Überleben brauchen. Speziell im Carrer Fàbrica würde eine Ausweitung des Platzes für Fußgänger bedeuten, dass die Hälfte der Tische und Stühle wegfalle, was viele Arbeitsplätze kosten würde. Für Mittwochabend (21.2.) riefen die Unternehmer im Carrer Blanquerna zu einer Kundgebung unter dem Motto „In Palma haben alle Platz" auf. Ihrer Meinung nach gibt es in der Straße mehr als genug Platz zum ungestörten Flanieren.

Ende vergangener Woche hatten die Wirte der Straßen Blanquerna und Fàbrica ein Treffen von Stadtverwaltung, Opposition, Anwohnerverbänden und Wirten platzen lassen, weil sie die Vorschläge von Bürgermeister Toni Noguera (Més) ablehnten. Die konservative Oppositionspartei PP unterstützte die Wirte bei diesem Ansinnen.

Trotz aller Differenzen: Es ist nicht so, als stünden sich mit Anwohnern und Wirten sowie der Stadtverwaltung drei Parteien unversöhnlich gegenüber. Im Gegenteil: Sowohl die Restaurantbetreiber als auch die Vertreter der Anwohnerverbände haben bereits mehrfach erklärt, dass sie von der Dialog­bereitschaft von Bürgermeister Toni Noguera hocherfreut sind. Auch die Stadtverwaltung lobt ausdrücklich den guten Willen der Beteiligten, zu einer Lösung zu kommen.

Auch die Wirte haben bereits Zugeständnisse gemacht: So könnten sie im Carrer Fàbrica „gleich morgen" die Pergolas und die Zelte abbauen, wenn sie im Gegenzug weiterhin nur zwei Meter Platz für Fußgänger lassen müssen. An der Playa de Palma haben sich Wirte und Anwohner laut Berichten in der Inselpresse auf eine Regelung geeinigt, die mehr Platz für Tische und Stühle auf dem Abschnitt zwischen dem Carrer Perla und dem Aquarium vorsieht - statt bisher 1,90 Meter nun 2,70 Meter -, und dafür weniger Platz zwischen dem Carrer Perla und dem Torrent dels Jueus - statt 3,10 Metern nun 1,90 Meter. Und auch von Seiten der Stadtverwaltung gibt man sich kompromissbereit. So hat die zuständige Stadträtin Aurora Jhardi angekündigt, man könne auch über eine schrittweise Verringerung der Freischankflächen, ­etwa im Carrer Fàbrica, nachdenken, wenn dadurch eine Einigung zustande komme. Im Fall des Carrer Fàbrica sei auch denkbar, die Straße in einzelne Abschnitte einzuteilen und je nach Abschnitt unterschiedliche Regelungen anzuwenden.

Gesprächsbedarf besteht also auf jeden Fall noch. In der ersten März-Woche wollen alle Beteiligten wieder zusammenkommen. In der Plenarsitzung im selben Monat soll dann die Verordnung verabschiedet werden, damit sie pünktlich zur neuen touristischen Hauptsaison in Kraft treten kann.

Anwohnersprecher Barceló ist indes auch optimistisch, dass es letztendlich zu einer Einigung kommt. „Aber es ist wichtig, dass alle Parteien im Stadtrat diese Einigung mittragen. Sonst sitzt in einem Jahr vielleicht wieder jemand anderes im Rathaus und macht das Erreichte wieder rückgängig", befürchtet Barceló. Es wäre ja nicht das erste Mal auf dieser Insel.