Anregungen wolle man sich holen bei deutschen Umweltschutzorganisationen, behauptete ein Sprecher der Balearen-Regierung bei der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin. Anregungen, welche Vorgaben man noch so in den Entwurf für das ehrgeizige Klimawandel-Gesetz aufnehmen könnte. Dazu lud die Regierung Mitglieder von deutschen Umweltorganisationen ein. Das Gesetz soll noch vor den Wahlen 2019 verabschiedet werden und ist als Meilenstein auf dem Weg zu nachhaltigeren Inseln geplant. Ein Teil beschäftigt sich mit dem Ziel, bis 2050 alle Autos mit Verbrennungsmotor von den Inseln zu verbannen. Ein anderes Ziel sieht vor, bis 2030 20 Prozent weniger Müll zu erzeugen.

Nach dem gut einstündigen „Meinungsaustausch" waren die deutschen Vertreter allerdings enttäuscht. Von einem Austausch könne keine Rede sein, sagte Martina von Münchhausen, die für den Bereich Tourismus zuständige Referentin des WWF (World Wide Fund for Nature) Deutschland. „Es war kaum Zeit, Fragen zu stellen. Uns wurde nur der Gesetzentwurf vorgestellt, wir wurden kaum um Vorschläge oder Meinungen gebeten."

Von Münchhausen war von ihren spanischen Kollegen auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht worden, zu der einige Einladungen offenbar auch ein wenig unglücklich zustande kamen. So fragte sich so mancher Teilnehmer die meiste Zeit, was er bei dem Treffen überhaupt zu suchen hatte. Es seien teilweise gar nicht die richtigen Ansprechpartner eingeladen worden, wurde bemängelt. Ein anderer Kritikpunkt lautete, dass es für einen Meinungsaustausch ja ohnehin zu spät gewesen sei, weil die Zeit, Eingaben zu dem Gesetzentwurf zu machen, bereits abgelaufen sei.

So sehr die Form des Treffens kritisiert wurde, so einig waren sich die Teilnehmer auch, dass es höchste Eisenbahn auf den Balearen wäre, ein solches Gesetz zu erlassen. „Es ist immer wieder erschreckend zu hören, wie wenig bisher dort getan wurde", wunderte sich nach dem Treffen Martina von Münchhausen gegenüber der MZ. „Eine Recycling-Quote von 14 Prozent ist natürlich armselig." Die Ziele des Entwurfes seien auf jeden Fall „ambitioniert", was sie für eine gute Nachricht hält.

Auch Marion Hammerl, die Präsidentin des Global Nature Fund, findet: „Das Vorhaben der Balearen-Regierung ist äußerst notwendig." Der Global Nature Fund kooperiert hin und wieder mit den Mitgliedern des Gob auf Mallorca, weshalb Hammerl über die Themen auf der Insel durchaus im Bilde ist. Schmerzlich vermisste sie im Gesetzentwurf ein Pfandsystem. „Dass man das immer noch nicht mit aufgenommen hat, ist doch eine vertane Chance." Darauf angesprochen, zuckte ein Sprecher der Regierung nur mit den Schultern.

Hammerl legte den Finger auch in eine andere Wunde - die der teilweise qualitativ wenig hochwertigen Bauweise, vor allem in Bezug auf Energieeffizienz. „Solange nicht besser gedämmt wird, nutzen die schönsten Klimaschutzgesetze wenig." Immerhin habe man offenbar endlich den Wildwuchs bei der Bebauung von geschützten Gebieten im Griff. „Da war Mallorca ja ohnehin schon fern von Gut und Böse", fand Hammerl.

Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, so sehen es die Expertinnen, ist der Plan, Autos mit Verbrennungsmotoren von den Inseln zu verbannen. „Das funktioniert natürlich auf begrenzten Territorien besser als auf dem Festland", sagte von Münchhausen. Sie sei überzeugt davon, dass das Vorhaben gelinge.

Man befinde sich mit dem geplanten Gesetz ja durchaus auf dem richtigen Weg, allerdings könnte so manche Maßnahme nach dem Geschmack von Hammerl und von Münchhausen strenger ausfallen. Die meisten der Ziele im Gesetzentwurf bezögen sich auf die Einheimischen. „Warum gerade im Tourismus keine strengeren Richtlinien eingeführt werden, verstehe ich nicht", sagte von Münchhausen. Der Sektor sei doch aufgeschlossen für das Thema. Viele Hotels verfügten inzwischen über Umweltzertifizierungen. Und man könnte Mallorca gerade deutschen Urlaubern hervorragend als grüne Insel schmackhaft machen.

Deshalb, so glaubt von Münchhausen, habe die Insel das Zeug dazu, mit dem Gesetz ein Leuchtturm­projekt auf den Weg zu bringen, ein Vorbild auch für andere Regionen. Man könne nur hoffen, so Marion Hammerl, „dass die politische Rückendeckung aus Madrid für ein solches Gesetz vorhanden" sei. Die Frau kennt sich eben aus.