Kinder plantschen im Hotelpool, Eltern genießen Kaffee in der Sonne. Und doch ist die Stimmung im Vier-Sterne-Hotel "Beach Club Sa Font de Sa Cala" am frühen Donnerstagnachmittag (5.4.) nicht so ausgelassen wie an warmen Frühlingstagen üblich. Schnell hat sich herumgesprochen, dass neun der Gäste verletzt sind - einer von ihnen wird in der Nacht auf Freitag seinen Verletzungen erliegen. Überfahren von einem Porsche Cayenne, nur wenige Kilometer von dem ruhigen Urlaubsort Sa Font de Sa Cala bei Cala Ratjada entfernt, in dem die Sportler übernachteten.

Es gibt kaum ein anderes Thema an diesem Donnerstag. Nicht im Hotel und auch nicht in den umliegenden Bistros. "Es ist schrecklich, was passiert ist", sagt eine Kellnerin in der Bar Robert's. Hier läuft der Fernseher heute durchgängig. Man will informiert sein über die Details des Unglücks. "Wir haben oft Radfahrer vom Hotel, die hier bei uns einkehrern", sagt sie. "Und jetzt ist auch noch herausgekommen, dass die Unfallfahrerin Drogen im Blut hat."

Übersichtsartikel: Neun Radfahrer bei Capdepera überrollt - Ermittlungen gegen Porsche-Fahrerin

"Ich brauche erstmal einen Kaffee", sagt Hannes Blaschke und geht zur Hotelbar. Man sieht ihm an, dass er anstrengende Stunden hinter sich hat. Er ist der Gründer von "Hannes Hawaii Tours" - und die Unfallopfer sind allesamt Teilnehmer seines Trainingscamps. Seit 20 Jahren kommt der Allgäuer immer wieder mit Triathleten hierher. Immer im Frühling. "Denn dann ist in Deutschland noch schlechtes Wetter, und hier ist es schon schön", sagt er. Mallorca sei ideal für Trainingslager, wegen der guten Erreichbarkeit und der ausgezeichneten Infrastruktur.

Engagierte Triathleten im Team

Auch an diesem Morgen sei die Stimmung gut gewesen unter den Teilnehmern. Strahlender Sonnenschein, beste Bedingungen. "Die 70 Teilnehmer sind vor anderthalb Wochen angereist", sagt Blaschke. Keine Profisportler, aber neben Anfängern sind auch engagierte Triatlethen dabei, die regelmäßig an Wettkämpfen auf der ganzen Welt teilnehmen. "Für die Besten stand heute die Königsetappe an", sagt Blaschke. Einmal mit dem Fahrrad auf Mallorcas höchsten Berg, den Puig Major, und wieder zurück. 200 Kilometer und unzählige Höhenmeter an einem Tag. "Das schafft nicht jeder", so Blaschke. Zehn Radfahrer waren in der Gruppe der Besten, als sie gegen 10.15 Uhr das Hotel verließen. Neun von ihnen wurden wenig später angefahren.

"Der Anruf erreichte mich gegen 10.45 Uhr", so Blascke und nimmt noch einen kräftigen Schluck Kaffee. Einer der Teilnehmer meldete sich, geschockt, sagte, es habe einen Unfall gegeben. Nur wenige Kilometer vom Hotel entfernt, zwischen Capdepera und CapdeperaArtà. Und viele Verletzte. "Genau für solche Fälle haben alle unsere Teilnehmer die Notfallnummer von uns, damit wir sofort die Polizei verständigen können", so Blaschke. Kleine Unfälle habe es in den vergangenen 20 Jahren immer mal gegeben. "Aber so etwas wie heute, das gab es noch nicht." Die Notfallkette habe perfekt funktoniert. Er sei begeistert von dem schnellen Eintreffen der Sicherheitsbeamten und Rettungskräfte am Unfallort. Als er selbst auf der Landstraße eintraf, wurden die Teilnehmer bereits versorgt, sagt er.

Porsche-Fahrerin rast mitten in Radlergruppe

"Sie hatten keine Chance, nicht einmal eine Zehntelsekunde Zeit, um zu reagieren. Das Monster kam von hinten", sagt Blaschke. Mit einem schwarzen Porsche Cayenne war die Unfallfahrerin mitten in die Radlergruppe hinein gerauscht, ohne Vorwarnung, auf gerader Strecke. Andere Radfahrer hätten den Unfall von Weitem mit angesehen. Die Sportler seien durch die Gegend geflogen. Bremsspuren vom Auto gebe es nicht. Dass die Unfallfahrerin die alleinige Schuld an dem Unglück trägt, daran zweifle niemand. Die Polizei nicht, und Blaschke erst recht nicht. "Es waren unsere erfahrensten Radler, sie wissen genau, wie sie sich im Straßenverkehr verhalten müssen." Zumal der Veranstalter zu Beginn des Trainingscamps ein Fahrsicherheitstraining mit allen Teilnehmern machte. "Wir nehmen die Sicherheit sehr ernst", betont Blaschke.

Vom Moment des Unfalls an hätten er und seine Mitarbeiter rotiert, einige fuhren in die verschiedenen Krankenhäuser der Insel, in die die drei schwerverletzten Radler gebracht wurden, die anderen kümmerten sich um die geschockten Teilnehmer, die unversehrt blieben. "Der Zusammenhalt im Team ist unglaublich, das hilft sehr", sagt Blaschke."Wir kommen nächstes Jahr wieder"

Jetzt müsse man abwarten. Er bemüht sich um ein tapferes Lächeln und deutet auf sein Handy, mit dem er Fotos am Unfallort aufgenommen hat. Viele der Räder sind nur noch Wracks, die meisten gänzlich zerfetztWracks, die meisten gänzlich zerfetzt. "So wie die Räder aussehen, war es fast noch Glück im Unglück."

20 Stunden später, Freitagvormittag (6.4.). Als MZ Hannes Blaschke auf dem Handy erreicht, klingt seine Stimme belegt. Um kurz vor Mitternacht hat ihn die Nachricht erreicht, dass der Schwerverletzte im Son-Espases-Krankenhaus in Palma verstorben ist. "Es ist schrecklich", sagt er kurz angebunden. Die Trauer sitze tief. Man habe ein Kondulenzbuch vorbereitet, die Kinder der Gruppe hätten etwas gebastelt. Abschied nehmen, im kleinen Kreis. "Bitte, kommen Sie nicht vorbei. Es ist sehr privat", sagt Blaschke, fast flehendlich. Einen Tag hat die Gruppe Zeit, sich zu verabschieden, am Samstag geht der Rückflug nach Deutschland für die Teilnehmer wie geplant. "Natürlich werden sie fliegen", sagt Blaschke matt. "Was sollen sie denn jetzt noch auf Mallorca machen?"

Übersichtsartikel: Neun Radfahrer bei Capdepera überrollt - Ermittlungen gegen Porsche-Fahrerin