Auf einmal seien die rot-gelben Kreuze in den Baum geritzt gewesen, erzählt Thomas Siems am Telefon. Der Kölner kommt seit Jahrzehnten nach Mallorca zum Wandern, seit 2012 besitzt er eine Wohnung in Sant Elm. „Es ist einer meiner angestammten Wege, der von Sant Elm in Richtung Port d'Andratx führt", berichtet er. Immer wieder sei er diesen Weg gegangen, und immer sei er gut ausgeschildert und begehbar gewesen.

Plötzlich farbige Kreuze an den Bäumen

Doch dann habe offenbar jemand beschlossen, dass der Weg ihn störe. „Es wurden farbige Kreuze in die Bäume geritzt, um zu signalisieren, dass es hier nicht weitergehe. Dafür hat man einen anderen Weg mit rot-gelben Markierungen versehen, um die Wanderer dort entlangzuführen", erzählt Siems, der der MZ auch Fotos und den Wegverlauf schickt.

Er vermute, dass ein Franzose, dem das Grundstück gehöre, den Durchgang versperren wolle, um seine Ruhe zu haben. Siems berichtete bereits Anfang April, dass ein Bauer gerade dabei sei, den Weg mit Felsen und Zaun zu versperren.

Die MZ macht sich vor Ort ein Bild und kontaktiert Dieter Schuster, einen Bekannten von Siems, der in derselben Anlage lebt. Rentner Schiller, der aus der Nähe von Weimar stammt, verbringt mit seiner Frau jeweils im Frühjahr und im Herbst etwa sieben Wochen auf der Insel. Beide sind begeisterte Wanderer und kennen den Weg ebenfalls gut.

Wir treffen uns mit Schuster am Castell de Sant Elm. Nach ein paar Schritten wird bereits eine etwas halbherzige Steinsperre auf dem Weg deutlich. Beide Felsen sind mit einem großen gelb-roten Kreuz gekennzeichnet, um Wanderer davon abzuhalten, hier weiterzulaufen. Auch am Baum findet sich ein großes Kreuz. Wir gehen trotzdem den Weg weiter, der ganz offensichtlich ein bereits seit Langem existierender Pfad ist.

Wanderer haben Steine umgeworfen

Der Weg ist gut begehbar und breit genug. Nach wenigen Metern kommen wir an eine teilweise eingestürzte Trockenmauer. „Die hat der Bauer aufgebaut, die Wanderer haben offenbar die Steine wieder umgeworfen, um weiterlaufen zu können", erklärt Schuster. Wir betreten eine Wiese, der Weg ist deutlich als solcher erkennbar, allerdings hat jemand sich sichtlich Mühe dabei gemacht, eine Art Hindernislauf zu errichten. Immer wieder liegen Stücke eines Baumstammes und größere Äste auf dem Pfad. Weiter hinten wurden belaubte Äste in den Weg gelegt. „Dafür hat jemand hier am Hang mehrere Bäume abgesägt. Ich glaube kaum, dass das legal ist", sagt Schuster.

Er habe gehört, der Besitzer der Finca wolle Schafe züchten, weshalb ihm die Wanderer nicht in den Kram passen. Wir gehen ­weiter und stoßen an eine Weggabelung, an der der Weg aus Richtung Port d'Andratx abzweigt. Hier hat der unbekannte Täter den Weg über einen schwer zugänglichen Hang und große Felsen neu ausgeschildert. Außerdem hat er zahlreiche Äste von den Bäumen abgerissen.

Der Weg ist zwar landschaftlich reizvoll, mit Ausblicken auf Sant Elm und die Insel Dragonera. Doch vor allem für ältere Wanderer ist er schlicht unmöglich zu bewältigen. „Und viele Leute, die diesen Weg gehen, sind eben älteren Semesters", berichtet Schuster, der allerdings recht behände den steilen Abhang hinunterklettert.

Nach ein paar Minuten haben wir wieder festeren Grund unter den Füßen und können ohne große Schwierigkeiten zum Ausgangspunkt am Castell de Sant Elm zurückkehren. In diesem Moment fährt ein Auto mit französischem Kennzeichen vor und hält direkt an dem Teilstück des Wegs, das abgesperrt worden war. Eine ältere Dame steigt aus und stapft den Pfad in Richtung der beiden Häuser entlang. Zunächst sagt sie, sie wohne hier. Später behauptet sie, im Urlaub zu sein. Aber auch sie meint, dass der Wegverlauf geändert worden sei. „Vor ein paar Jahren war das noch anders." Allerdings sei es ein Problem der Umweltschützer, erklärt sie abschließend etwas ­nebulös, bevor sie ins Auto steigt und davonfährt.

Der Abschnitt zwischen Port d'Andratx und La Trapa ist zwar inoffiziell bereits Teil der bekannten Trockensteinroute GR 221, die quer durch das Tramuntana-Gebirge nach Pollença führt, allerdings ist sie zwischen dem Port d'Andratx und Estellencs noch nicht markiert. Laut dem Inselrat sind bislang nicht alle Grundstücke enteignet, über die der Weg führt.

Auch die Gemeinde Andratx ist schon in Sachen Wanderweg aktiv geworden. Bürgermeisterin Katie Rouarch sagt der MZ: „Ich habe mir die betreffende Stelle vor ein paar Wochen selbst angeschaut. Aus meiner Sicht ist keineswegs klar, welcher Wegverlauf tatsächlich der auf den Karten verzeichnet ist." Derzeit seien die Sachbearbeiter der Gemeinde damit beschäftigt, zu prüfen, wie der Weg ursprünglich verlaufen ist.

Der MZ liegt eine Landkarte des Inselrats mit der Trasse vor, die Siems und Schuster recht gibt. Hier ist die Variante über die Finca eingezeichnet. So oder so, man wolle mit dem Eigentümer der Finca sprechen, so Bürgermeisterin Rouarch. Bisher sei ihr das aber noch nicht gelungen. Sollte dieser tatsächlich den Wegverlauf verlegt haben, so hofft Rouarch auf eine gütliche Einigung. „Man kann dann miteinander sprechen und schauen, wie man sich einigt. Der Dialog sollte im Vordergrund stehen."

Die MZ hat erfolglos versucht, die Eigentümer der Häuser zu kontaktieren. Auch uns öffnet niemand die Tür.