Was hat die Erweiterung des Nationalparks von Cabrera mit einer Schar andalusischer Fischer zu tun? Eine ganze Menge. Denn bei der Frage, ob das Meeresschutzgebiet im Süden von Mallorca ausgebaut werden soll, stehen sich die balearische Landesregierung und die Meeresschützer einerseits sowie die etwa 300 Fischer aus dem kleinen Ort Carboneras in der andalusischen Provinz Almería andererseits unversöhnlich gegenüber - und wie es aussieht, sind die Diskrepanzen schwer zu überwinden.

Es ist beinahe drei Jahre her, dass die Balearen-Regierung zunächst beschloss, den Nationalpark Cabrera von derzeit rund 9.000 Hektar auf 20.000 Hektar zu erweitern und sich dann von Meeresschützern überzeugen ließ, die Schutzfläche auf rund 90.000 Hektar auszubauen und damit die Langleinenfischerei in diesem Areal zu verbieten. Wie eine Sprecherin des Umweltministeriums am Mittwoch (2.5.) der MZ noch einmal bestätigt, war der Konsens damals auf den Inseln vollständig erreicht. Mit den Fischern hatte man sich geeinigt, und selbst das Umweltministerium in Madrid, wo ja die konservative Volkspartei (PP) regiert, gab zunächst sein Placet.

Im Juni 2017 stoppte das Madrider Landwirtschafts- und ­Fischereiministerium die Erweiterungspläne - für die Inselpolitiker überraschend. Vicenç Vidal, der balearische Umweltminister, erfuhr davon bei einem Gespräch mit der Umwelt-Staatssekretärin Marta García. Der spanischen Umweltministerin Isabel García Tejerina erscheine die Erweiterung „exzessiv", und außerdem sei zu wenig der Dialog mit den Betroffenen gesucht worden, bekam Vidal zu hören. Der Politiker soll seinen Ohren kaum getraut haben.

García Tejerina bemängelte, dass die Balearen-Regierung lediglich mit den einheimischen Fischern den Konsens gesucht habe, ohne aber die Interessen der Fischer vom Festland, vor allem aus Carboneras, zu berücksichtigen. Diese befürchten, dass sie die längste Zeit in den Balearen-Gewässern Thunfisch und Schwertfisch gefangen haben könnten. Denn die Beziehung zu Cabrera hat in Carboneras offenbar Tradition.

Nicolas García Rodríguez meldet sich energisch am Telefon, wenn man bei der Fischereizunft des kleinen Ortes anruft. „Seit 100 Jahren fahren wir in die Gewässer von Cabrera. Das sind die besten für Schwertfisch und Thunfisch. Und jetzt will uns Madrid das verbieten. Das ist doch alles eine Mafia", echauffiert sich García Rodríguez, der, wie er sagt, pensioniert sei. Seinem Sohn würde ein mögliches Verbot des Fischfangs rund um Cabrera dagegen die Lebensgrundlage entziehen.

Dass Madrid die Erweiterung gestoppt habe, ist ihm bei seiner Argumentation einerlei. Die Zentralregierung und die balearische Landesregierung wollten sie ruinieren. Das sei alles Blödsinn mit dem Nationalpark. Wenn die Fischer nicht wären, hätte sich der Thunfisch schon längst unaufhaltsam ausgebreitet. „Die schwimmen dort in rauen Mengen herum und sind richtig fiese Räuber. Die fressen alle kleineren Fische auf. Dagegen muss man etwas tun."

Es gehe immerhin um eine Flotte von rund 50 Schiffen, weshalb mehrere Hundert Fischer betroffen sein sollen. Laut der Meeresschutzorganisation Oceana allerdings sind es lediglich 17 Schiffe, die auch nur wenige Tage im Jahr vor Cabrera auf Fischfang gingen.