Nach den ersten schweren Schuldsprüchen im Korruptionsfall Gürtel steckt die spanische Regierung unter Mariano Rajoy in einer schweren Krise. Auch auf Mallorca fordern Oppositionsvertreter den Rücktritt des spanischen Premiers. Regionale Vertreter des in Madrid regierenden Partido Popular (PP) sprechen von einer Schande für die eigene Partei.

Urteil im Fall Gürtel

Zehn Jahre lang hatten die Ermittlungen und Gerichtsverhandlungen zu dem größten Korruptionsfall in der spanischen Geschichte angedauert. Am Donnerstag (24.5.) fällten die Richter der Audiencia Nacional ein für das Land erschütterndes Urteil. Der nationale Staatsgerichtshof sieht es als erwiesen an, dass sich die Partei jahrzehntelang über Schmiergelder großer Unternehmen finanzieren ließ. Dafür unterhielt sie eine Schwarzgeldkasse mit Millionenbeträgen, aus der führende Politiker regelmäßig Gelder erhielten.

Der Unternehmer Francisco Correa, nach dem der Fall benannt wurde ("correa" heißt auf Spanisch "Gurt", "Leine" oder "Gürtel"), soll dem Urteil zufolge 52 Jahre ins Gefängnis. Der ehemalige Schatzmeister der PP, Luis Bárcenas, wurde zu 33 Jahren Haft und 44 Millionen Euro Geldstrafe verurteilt. Eine ganze Reihe weiterer ehemaliger Parteifunktionäre wurden ebenfalls verurteilt. Aktuelle Kabinettsmitglieder von Rajoy sind von dem Urteil nicht betroffen. Allerdings gibt es Zweifel an Rajoys Aussagen vor Gericht. Der spanische Premier war in dem Fall als Zeuge vernommen worden und hatte jegliche Kenntnis von Schwarzgeldzahlungen abgestritten.

Oppositionsparteien

Für die balearische Ministerpräsidentin, die Sozialistin Francina Armengol, belegt das Urteil "die systematische und jahrzehntelange Korruption der PP". Spanien habe es nicht verdient "von einer wegen Korruption verurteilten Partei regiert zu werden", so Armengol per Twitter. Die linksökologische Regionalpartei Més per Mallorca - Koalitionspartner in der Balearen-Regierung - forderte Rajoys Rücktritt und die Auflösung der PP. Der spanische sozialistische Oppositionsführer Pedro Sánchez beantragte am Freitag (25.5.) ein konstruktives Misstrauensvotum gegen Rajoy im spanischen Parlament.

PP auf den Balearen

Rajoys Parteikollegin Marga Prohens, Fraktionssprecherin der PP im Balearen-Parlament, sprach von einer "Schande". "Als Parteimitglieder betreffen und beschämen uns diese Korruptionsfälle", sagte Prohens. Auf den Balearen gebe es mehr als 20.000 Mitglieder, die für ihre Parteiarbeit ehrenamtlich leisten und die solche eine Beschämung nicht verdient hätten.