Eigentlich kommen hier zwei Umstände zusammen, bei denen ordentlich die Kassen auf der Inseln klingeln könnten: Angesichts des seit Jahren anhaltenden Tourismusbooms besitzen viele mallorquinische Familien Hotels, die kaum schwärzere Zahlen schreiben könnten. Andererseits sind weltweit agierende Investmentfonds seit Jahren aufgrund der Niedrigszinsphase verzweifelt auf der Suche nach gewinnbringenden Anlagemöglichkeiten und wissen die Hotelbranche als Anlagemöglichkeit zu schätzen: „Diese wirft bessere Renditen als andere Geschäftsfelder ab und ist relativ überschaubar, was die Risiken angeht", sagt Joan Buades, Anwalt in Palma.

Über seinen Tisch wandern Kaufverträge von Investmentfonds, die einzelne Hotels oder ganze Ketten auf der Insel kaufen. Nur: Allzu viele sind das seiner Einschätzung nach angesichts der Möglichkeiten nicht. Denn was andernorts, vor allem in den USA oder in den nördlicheren Gefilden von Europa, und peu a peu auch auf dem spanischen Festland immer besser funktioniert, stößt auf Mallorca auf Ablehnung. Die hiesigen Familien wollen sich das Geschäft nicht aus den Händen nehmen lassen.

„Spain is different", meint lapidar Guillermo Miralles, der Vizepräsident der Hotelkette Roc auf Mallorca in Anspielung auf den Spruch, den der ehemalige spanische Tourismusminister Manuel Fraga im Jahr 1960 geprägt hat. Auf Mallorca sowie in ganz Spanien ist die Hotelbranche äußerst kleinteilig, es gibt noch sehr viele kleine und mittelgroße Hotelketten. Und man gehört ganz schnell zu den Großen, wenn man ein paar Hotels übernimmt. Das veranschaulicht die Transaktion, die der US-Investor Blackstone derzeit plant.

Der Fonds hatte Anfang April ein Angebot für die Socimi Hispania gemacht. Socimis sind Immobilien-Aktiengesellschaften, Hispania hat derzeit 46 Hotels in Spanien mit 13.100 Zimmern. Blackstone selbst besitzt bereits 13 Häuser und 3.700 Zimmer, dabei gehören Blackstone lediglich die Gebäude, der Fonds betreibt die Hotels nicht, sondern setzt externe Betreiberfirmen ein. Sollten sich die Hispania-Verantwortlichen für eine Übernahme aussprechen, würde Blackstone mit gerade mal 60 Hotels und knapp 17.000 Zimmern zum größten Hotelbesitzer des Landes werden. Dabei gibt es in Spanien rund 1,15 Millionen Hotelzimmer. 82 Millionen Urlauber besuchten das Land im Jahr 2017. Spaniens größte Hotelkette Meliá betreibt zwar 142 Häuser mit insgesamt 33.555 Hotelzimmern im Land, ist aber vielfach nicht der Besitzer des Gebäudes.

Im globalen Wettbewerb kann es Meliá wiederum trotz seiner 380 Hotels in 43 Ländern und 100 Millionen Euro Umsatz im Jahr nicht annähernd mit Marriott, Hilton oder anderen großen Ketten, vornehmlich aus den USA, aufnehmen.

Die Liste der größten Hotelketten der Welt wird anhand der Zimmeranzahl ermittelt. Und da schafft es Meliá mit seinen rund 100.000 Zimmern gerade so auf Platz 19 in die Top 20 - Welten entfernt von den Führenden InterContinental Hotels Group mit rund 676.000 Zimmern, Marriott International mit 660.000 Zimmern oder Hilton Hotels mit 653.000 Zimmern.

Die Situation auf Mallorca

In anderen Sphären bewegt sich die Hotelkette Roc von Guillermo Miralles. Sie besitzt 6.000 Zimmer in derzeit 24 Hotels. Damit gehört das Unternehmen nicht zu den kleinen Hotelketten auf Mallorca, ist aber trotzdem ein Familienbetrieb - einer von denen, die eine traditionelle Unternehmensstruktur einem möglichen Profit vorziehen. Mit anderen Worten: Guillermo Miralles sieht überhaupt keinen Grund, sein Unternehmen an einen Fonds zu verkaufen oder von einer anderen Hotelkette einverleiben zu lassen. „Wir bekommen nahezu wöchentlich Angebote, vor allem seit vergangenem Jahr, viele davon von seriösen Leuten und auch wirklich hoch dotiert. Aber ich sage immer höflich ab", erzählt Miralles am Telefon. Er hat sich stellvertretend für sein Familienunternehmen daran gewöhnt, zu einem umworbenen Objekt geworden zu sein. Schwach würde er dabei sicher nicht. „Außer, es kommt einer und bietet mir das Dreifache von dem, was wir wert sind. Aber das wird nicht passieren, die Fonds sind ja nicht völlig realitätsfern, sie müssen selbst gewinnbringend wirtschaften."

Nein, die Mallorquiner seien in vielen Fällen einfach nicht bereit, ihre Familienunternehmen abzugeben und da sei Roc keine Ausnahme. Derzeit gebe es deutlich mehr Anfragen von Fonds als Bereitschaft der Hoteliers, zu verkaufen, erzählt Joan Buades.

Der Grund ist oftmals ganz einfach. „Viele alteingesessene mallorquinische Hoteliers misstrauen den Fähigkeiten und der Hingabe anderer und glauben, nur sie könnten ihr Unternehmen wirklich gut führen", sagt der MZ ein Manager einer kleineren Luxus-Hotelkette auf Mallorca, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Guillermo Miralles bestätigt das: „Hier hat es wirklich noch eine große Bedeutung, wenn es ein Familienunternehmen ist. Die Familie will vor allem die Kontrolle über ihren Betrieb nicht verlieren." Man könne eben die südeuropäische Unternehmenskultur nicht mit der angelsächsischen vergleichen, wo sich die Menschen viel einfacher von etwas trennen würden, was sie jahrelang aufgebaut hätten.

Und ein weiterer Grund kommt dazu: der persönliche Kontakt zum Hotelgast. „Die Fonds interessieren im Endeffekt nur die Zahlen. Sobald die stimmen, ist alles gut. Hotelketten, die von einer Familie geführt werden, haben andere Ansprüche: Sie wollen, dass der Kunde vor allem zufrieden ist und sich wohlfühlt", sagt ein Kenner der Szene, der nicht genannt werden möchte. „Bei uns identifizieren sich die Angestellten mit dem Produkt und wissen auch, wo sie bei Problemen einen Ansprechpartner finden. Das alles fällt bei Investmentfonds weg", sagt Miralles.

Diese Vorbehalte, die viele Hoteliers auf Mallorca teilen, verhindert, dass sich hier wirklich große Hotelketten etablieren können, die auch weltweit an der Spitze mitspielen können. Das ficht die Hoteliers auf Mallorca allerdings überhaupt nicht an. „Wir haben auf der Insel mehr als 200.000 touristische Unternehmen und sind, soweit ich das beurteilen kann, mit diejenigen, die auf der Welt am besten Hotelketten managen", sagt Miralles und verweist dabei auf die ungeheure Vielzahl an mallorquinischen Familienunternehmen in der Branche. „Das scheint also kein Handicap zu sein."

Was bringt die Zukunft?

Es gibt sie aber durchaus, die Hoteliers, die auch auf Mallorca versuchen, größer zu denken. Einer von ihnen ist Simón Pedro Barceló, der Aufsichtsratschef der Kette Barceló Hotels & Resorts. Er wollte im Winter klotzen statt kleckern, doch der Versuch von Barceló Hotels, mit NH gemeinsam die zweitgrößte Hotelkette in Spanien nach Meliá zu formieren, wurde vom Aufsichtsrat der Madrider Kette im Frühjahr ziemlich rüde zurückgewiesen. Eine gemeinsame Kette Barceló-NH hätte immerhin 95.000 Zimmer gehabt.

Aber es gibt Anzeichen dafür, dass sich die Zeiten für die Fusionsbefürworter in den nächsten Jahren bessern könnten. So sagt Roc-Vizepräsident Miralles: „Es wird in Zukunft deutlich mehr Konzentration geben." Diesen Eindruck hat auch Joan Buades. Er sieht, wie in den vergangenen Monaten immer mehr Transaktionen glücken. „Natürlich wird es auch in Zukunft kleine Familienhotels geben, die allein überleben können, aber andere müssen ihre Hotels vielleicht verkaufen, weil es einen Generationenwechsel gibt", sagt der Anwalt. Viele Hoteliers der ersten Stunde auf Mallorca sind inzwischen 70 oder gar an die 80 Jahre alt und müssen, sofern sie ihre Kinder nicht in das Geschäft eingeführt haben, nach Alternativen suchen. Der Verkauf ist oft die einzig realistische Variante. Und nicht immer muss der Einstieg eines Investmentfonds etwas Schlechtes sein.

Ein Projekt, das diesbezüglich auf Mallorca geglückt zu sein scheint, ist die Geschichte der Alua Hotels. Die Hotelkette wurde erst 2015 gegründet, mit Kapital aus dem britischen Fonds Alchemy. Inzwischen sind vier verschiedene Fonds an der Hotelkette beteiligt. Alua managt zurzeit 15 Häuser auf Mallorca und den Kanaren, nach Auskunft eines Sprechers sollen es bis Jahresende 22 sein. Dafür müsste Alua wohl eine ganze Hotelkette aufkaufen, was aber nichts Ungewöhnliches wäre. Alua hat bereits die Marina Hotels aufgekauft.

Derzeit durchkämmen die Verantwortlichen den Markt nach neuen Investitionsmöglichkeiten. Sobald sich etwas Interessantes auftue, so der Sprecher, setze man die Investoren in Kenntnis, die entscheiden, ob die Objekte für den Kauf infrage kämen. Werde das bejaht, würden die zu erwerbenden Hotels auf Herz und Nieren geprüft, bevor der Kauf tatsächlich über die Bühne gehe. Nach welchen Kriterien die internationalen Fonds bei der Entscheidung für eine Investition vorgehen, bleibt dabei unklar. Eine Anfrage der MZ bei Alchemy blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Das Geschäft, das die Hoteliers mit dem Verkauf ihrer Häuser machen können, ist nicht zu verachten. So werden üblicherweise niedrige sechsstellige Summen pro Zimmer geboten. Eines der eindrucksvollsten Beispiele im vergangenen Jahr auf Mallorca war das gerade mal 38 Zimmer zählende Gran Hotel nahe des Hauptplatzes in Sóller. Der Investor Semeta, der das Fünf-Sterne-Haus erwarb, zahlte insgesamt zehn Millionen Euro für das Luxushotel, was einem Zimmerpreis von 263.000 Euro gleichkommt.

110 Millionen Euro machte der Fonds KKR für vier Hotels der Intertur-Kette auf den Balearen locker. Für diesen dreistelligen Millionenbetrag gab es das Hotel Hawaii und das Palmanova Bay, beide in Calvià sowie die Hotels Hawaii Ibiza und Miami Ibiza und eine ­dazugehörige Apartmentanlage. Bei dieser Operation schlug das Zimmer mit rund 104.000 Euro zu Buche. Ein richtiges Schnäppchen war dagegen der Kauf des Fergus-Hotels Tobago in Calvià. Hier musste der Investor Hispania lediglich 76.000 Euro für ein Zimmer hinlegen. Auch das Hilton Hotel Sa Torre oder das Steigenberger Golf&Spa Resort in Camp de Mar wechselten in der jüngeren Vergangenheit ihre Besitzer. Letzteres Haus kaufte der Investor Ziba Leisure Ltd. Das Hilton Sa Torre konnte sich der Investor HI Partners einverleiben.

Trotz dieser Beispiele: Auf Mallorca steckt das Thema Übernahmen durch Investmentfonds noch in den Kinderschuhen. Ob es jemals aus ihnen herauswächst, wird abzuwarten sein. Denn schon jetzt warnen Experten vor der Gefahr einer Überhitzung dieses Marktes, weil die Preise für Hotels teilweise in eine surreale Richtung gingen. Preise, bei denen die Investmentfonds zurzeit aber häufig noch mitspielen. So lassen sich manche Investoren auf Geschäfte ein, bei denen erst nach 30 Jahren mit einem Gewinn zu rechnen ist.

Das könne auch nach hinten losgehen, wenn Spanien und die Balearen eines Tages nicht mehr ganz so gefragt sind wie heute, sagt Miguel Vázquez, der sich beim Immobilienberater Colliers International um die Hotelsparte kümmert. „Man muss schon damit rechnen, dass die Zukunft nicht mehr so rosig wird. Wir sehen zwar keinen Einbruch, aber wir werden wohl in eine Konsolidierungsphase eintreten."