Es vergeht kaum ein Tag, ohne dass die Corona-Tests auf Mallorca für Ärger sorgen. Nun soll ein deutscher Arzt auf der Insel die für die Rückreise notwendigen Negativbefunde zertifiziert haben, ohne zuvor die Patienten zu testen. Als Erstes hatte der Fernsehsenders "RTL" darüber berichtet. Auch der MZ liegt die Aussage eines Patienten vor, die den Arzt schwer belastet. Am Sonntagnachmittag (4.4.) hat die Polizei Ermittlungen aufgenommen. Auch die balearische Ärztekammer hat eine Untersuchung angekündigt, die in einem Berufsverbot münden könnte. Andere deutsche Mediziner auf der Insel versichern, dass es sich um einen Einzelfall handelt.

Das Geschäft mit den Corona-Tests boomt. Auf Mallorca stehen die deutschen Touristen stundenlang Schlange, um das Stäbchen in die Nase geschoben zu bekommen. "Je länger die Pandemie andauert, desto eher greifen die Leute auf den Schwarzmarkt zurück, um an negative Testergebnisse zu kommen mit denen sie reisen können", schreibt die spanische Zeitung "El Mundo" am Sonntag (4.4.). Die internationale Polizeibehörde Europol hätte schon Alarm geschlagen, dass immer mehr gefälschte Zertifikate auf den Flughäfen auftauchen.

Nun hat diese Schattenseite wohl auch Mallorca erreicht. In der RTL-Reportage bekommt der Reporter das Zertifikat, ohne auf irgendeine Art und Weise untersucht zu werden. Erwähnenswert ist jedoch, dass er dafür mehrfach auf die Tränendrüse drücken und den protestierenden Arzt überzeugen musste. RTL hat sich auch eine deutsche Inselresidentin gesucht, die mit ihrem 17-jährigen Sohn ebenfalls in der Praxis vorstellig wurde. Beide kamen mit einem negativen Testergebnis wieder raus, obwohl sich nur einer testen ließ.

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Die MZ konnte am Sonntag mit einem Patienten der in die Schlagzeilen geratenen Praxis sprechen. Der Patient, es handelt sich um einen EU-Residenten auf Mallorca, der einen PCR-Test für eine Reise am Ostersonntag brauchte, möchte anonym bleiben. Unter anderem, weil er das Testergebnis nutzen wird, um tatsächlich in den Flieger zu steigen. "Ich muss reisen, weil ich einen dringenden Termin habe und ich kann jetzt auf die Schnelle keinen zweiten Test machen lassen", so die Erklärung.

Ein Freund habe ihm erzählt, dass es im Süden der Insel PCR-Tests für 90 Euro gebe. Der Preis habe ihn überzeugt. Am Karfreitag habe er deshalb gleich morgens die Klinik aufgesucht. Beim Reingehen hätten schon etwa acht Personen gewartet. Er selbt musste eine Stunde Schlange stehen. "Beim Rausgehen standen draußen bestimmt 40 Personen", erklärt er der MZ am Telefon.

Der Patient berichtet der Mallorca Zeitung, dass man bei ihm einen Nasenabstrich gemacht habe. Das Stäbchen sei aber nicht tief eingeführt worden - "nur etwa zwei Zentimeter". Das Ergebnis habe man ihm unmittelbar vor Ort mitgeteilt. "Es kann sich also nur um einen Schnelltest gehandelt haben", versichert der Kunde, der ausdrücklich um einen PCR-Test gebeten und diesen auch bezahlt hatte.

"Der Arzt bot mir außerdem an, als Testdatum Samstag anzugeben", fügt er hinzu. Die Klinik verließ der Mann also am Freitag (2.4.) mit mit einem Zertifikat, das besagt, dass er am Samstag (3.4.) einen negativen PCR-Test absolviert hat, obgleich in den wenigen Minuten allenfalls ein Schnelltest möglich war. "Jetzt frage ich mich natürlich, ob er überhaupt einen Antigentest durchgeführt hat", zweifelt der Mann. Er hat der MZ auch den Bescheid zur Verfügung gestellt:

Die Guardia Civil und die Nationalpolizei haben gemeinsam Ermittlungen aufgenommen, wie aus einer Mitteilung von Montag (5.4.) hervorgeht. "Wir haben von dem Fall über die Medien erfahren, und es ist unsere Verpflichtung, dem nachzugehen", hatte ein Sprecher der Nationalpolizei am Sonntag gegenüber der MZ gesagt. Man wolle dabei auch mit Interpol und den deutschen Behörden zusammenarbeiten und Kontakt zu RTL aufnehmen, um an die Aufnahmen zu kommen.

Der Arzt selbst wollte sich in der RTL-Reportage nicht äußern. Bei einem Anruf der MZ war er gerade im Stress vor lauter Patienten, die sich auf Corona testen lassen wollen. "Wenn Sie sich auch testen lassen wollen, müssen Sie einen Termin ausmachen", sagte er und legte auf, ohne auf die Vorwürfe einzugehen.

Es dürfte sich dabei um einen Einzelfall handeln. "Selbstverständlich werden bei uns ausnahmslos alle Tests durchgeführt. Das ist ist bei allen Kollegen, die ich kenne, genauso. Angesichts des großen Andrangs unterstützen wir uns ohnehin gegenseitig. Wir arbeiten alle an der Kapazitätsgrenze, aber eben sauber. Außerdem liegt es ohnehin im Interesse von uns Ärzten, dass die Infektionsgefahr nicht unkontrolliert weitergegeben wird", sagt Andreas Leonhard, Leiter des Deutschen Facharzt-Zentrums in Peguera und Santa Ponça der MZ.

Am Montag (5.4.) schaltete sich auch die balearische Ärztekammer ein. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, werde man eine interne Untersuchung einleiten, hieß es gegenüber dem Sender IB3. Dieses Verfahren könne bis zu einem Berufsverbot führen, das nicht nur national, sondern auch international gültig sei. /rp/tg/ck

Aktualisiert am 5.4., 16 Uhr