Zum Glück ist die „Red Chili Pepper“ von der Hafenpromenade aus nicht zu sehen. Auffahrunfälle wären sonst an Palmas Paseo Marítimo vorprogrammiert - das Schiff ist ein echter Hingucker. Eingebettet zwischen den millio­nenteuren Luxusyachten im Edelhafen Club de Mar wirkt es dabei fast klein. Ist es aber nicht: Es ist 15,30 Meter lang, 4,70 Meter breit. Fender sucht man vergeblich. Eine rundum verlaufende dicke Gummiwulst federt mögliche Aufpraller der Nachbaryachten ab. Die „Red Chili Pepper“ ist ein Schlauchboot, genauer gesagt, ein RIB (Rigid Inflatable Boat). Ein Schlauchboot mit festem Rumpf.

Bereits auf der Bootsmesse in Palma zog die „Red Chili Pepper“ die neugierigen Blicke der Besucher an. Aber dort hat sie Siegfried Stamm (69) gar nicht gekauft. Der Geschäftsmann aus dem Rheinland hatte sie nur für Promotionszwecke eines Vertriebspartners der Werft zur Verfügung gestellt. Gekauft hat er sie direkt in Italien.

„Meine Frau und ich haben uns im vergangenen Jahr auf der Bootsmesse in Genua nach einem Schlauchboot umgesehen und standen vor einem 20-Meter-Teil, das uns aber nicht zusagte. Da wurden wir plötzlich von einem Mann angesprochen, der sich als Repräsentant von Albatro vorstellte“, erzählt Stamm. Der Mann habe sie quasi gekidnappt und direkt von der Messe zur Werft gefahren.

Und sie hatten auch schnell die Ideen im Kopf, wie ihr künftiges Boot einmal aussehen sollte. „Zuerst dachten die ja, wir seien ein wenig verrückt. Aber als die Ingenieure sich dann an den Computer setzten, waren sie begeistert und haben das Boot exakt so ausgebaut, wie wir das haben wollten.

Und so ist das Design der Albatro Tender 50 schnittig. Die Farbgebung stimmt. Die silbernen Schläuche harmonieren bestens mit den ferrari­roten Polstern, deren Farbe auch in den Armaturenrahmen Akzente setzt. Der Teakboden besteht nicht aus Parkettstreifen, sondern aus enormen Platten. Alles an Bord ist zweckmäßig und wohldurchdacht. Die Gangway fährt ferngesteuert aus und auch die beiden in den Boden eingelassenen Tische erheben sich auf Knopfdruck wie von Geisterhand. Wahlweise laden sie zum Essen oder - mit Polstern versehen - zum Sonnenbaden ein.

Das Boot bietet 14 Personen Platz, vier von ihnen können in den beiden Kabinen übernachten. Den Führerstand schließt nach hinten eine ausklappbare Außenküche ab - ein Freiluftpendant der Einbauküche unter Deck. Der Wassertank fasst 200 Liter und kann über die Meerwasserentsalzungsanlage beliebig oft nachgefüllt werden.

Von außen wirkt das Schiff elegant, aber spartanisch. Dennoch braucht sich die reinrassige Italienerin in Sachen Luxus nicht vor ihren wesentlich teureren Nachbarn zu verstecken. Sie protzt nicht, sie hat Understatement pur - für 600.000 Euro.

Angetrieben wird der flotte Flitzer von zwei jeweils 530 PS starken Yanmar-Dieseln, die das zwölf Tonnen schwere Schiff auf um die 80 Stundenkilometer beschleunigen. Nach dem Volltanken bleibt die Zapfsäulenanzeige bei 1.200 Litern stehen.

„Wir hatten früher eine von den Yachten, neben denen wir jetzt liegen“, erklärt Siegfried Stamm die Entscheidung für ein Schlauchboot. „Da musst du dich immer kümmern, putzen und polieren. Wir wollen das Boot genießen und nicht permanent daran arbeiten.“

Ein Schlauchboot sei sehr pflegeleicht. Außerdem gleite es auf dem Wasser dahin und hüpfe nicht auf und ab wie ein Jo-Jo. „Und dank des geringen Tiefgangs von 85 Zentimentern kann man auch in flache Buchten fahren.“