Eine Verfassung verändert man nicht alle Tage. Besonders nicht, wenn sie unter äußerst schwierigen Umständen zustande kam, gelungen ist und sich über 30 Jahre hinweg bewährt hat. Und doch wäre der jetzige Geburtstag von Spaniens Verfassung ein guter Zeitpunkt, die - wenn auch wenigen - Schwachpunkte des Textes anzugehen. Denn was mit dem jetzigen Text gut funktioniert, würde mit einer Version 2.0 noch besser laufen.

Eine der Schwachstellen beschäftigt sogar Spaniens Klatschblätter: So wohlerzogen, gebildet und hübsch die Tochter von Thronfolger Felipe und seiner Frau Letizia in Zukunft auch sein mag - falls Leonor ein Brüderchen bekommen sollte, müsste sie zugunsten von diesem auf den spanischen Thron verzichten. Der Macho-Artikel passt nicht mehr in ein Spanien, das sich im Eiltempo modernisiert hat.

Dann wären da noch einige schwammige Formulierungen in zentralen Fragen. Was damals Konflikte vermeiden half und vor 30 Jahren wahrscheinlich die einzige Möglichkeit war, ohne größere Katastrophen den Weg zur Demokratie zu bahnen, ist heute Anlass für Endlos-Debatten und Gerichtsstreitigkeiten. Auf einige Fragen müssen direkte Antworten her: Wie hält es der spanische Staat mit der Religion? Wie mit den Regionalsprachen? Auch die Nationalitäten-Frage ist ungeklärt.

Darauf findet sich zwar nicht von heute auf morgen eine Antwort, aber geholfen wäre den Regionen in jedem Fall mit einer echten Repräsentanz in Gesamtspanien. Die jetzige zweite Kammer, der Senat, taugt dafür nicht. Und wenn man schon einmal dabei ist, müsste auch gleich das Wahlgesetz reformiert werden - es benachteiligt unnötig kleine Parteien mit gesamtspanischer Repräsentanz. Eine Reform, so schwierig und aufwendig sie sein mag, wäre ein schönes Zeichen. Dafür, dass sich Spaniens Parteien zusammenraufen, wenn es darauf ankommt. Und dafür, dass Spanien gerade in schwierigen Zeiten unter Beweis stellt, wozu es fähig ist.