Das eigentlich Beunruhigende an der Krise (man mag das Wort nicht mehr hören) ist weniger, dass nun Pessimismus, Jammern, Trübsal und böse Zukunftsahnungen angesagt sind. Weit stärker beunruhigt, wie gering die Zahl der Menschen erscheint, die sich aus dem kollektiven Gewinsel verabschieden und den Stier bei den Hörnern packen. Mit Ideen, mit Mut, mit Energie. Jahrelang hat man uns eingeredet, dass wir lauter tolle Individualisten, Nonkonformisten und Ich-bin-anders-Hübschis sind.

Schon beim ersten Test erweist sich diese Power-Show als Schaumschlägerei, die ja auch wieder typisch für unsere Schein- und Spektakelkultur ist. Wir sind anders, aber bitte nur, wenn´s nicht anstrengt und wenn alle anderen auch anders sind.

Die Krisenhysterie erinnert mich ein wenig an eine Episode, die ich bei einer späten Ankunft am Flughafen Palma erlebte. Auf dem Weg zur Gepäckausgabe zottelte jeder müde dem anderen hinterher, bis sich herausstellte, dass der Erste sich verlaufen hatte, und eine ganze Flugzeugladung Passagiere mit ihm. Hirnloses Hinterherzotteln hat auch den Boomwahn und danach den ebenso radikalen wie irrationalen Stimmungsumschwung ermöglicht, der heute die eigentliche Krise darstellt.

Vor nur zwei Jahren fand man es normal, wenn junge Berufseinsteiger 40-Jahres-Hypotheken aufnahmen. Es war schon damals idiotisch, Verzeihung. Nun ist also Lähmung ?in". Offenbar müssen wir jetzt alle bibbernd an einem windgeschützten Ort warten, bis der Staat es gerichtet, der Sturm sich gelegt und an der Börse der Index sich wieder erholt hat. Wer sich rauswagt, ist verrückt, genauso verrückt wie jene, die schon damals dem Boom skeptisch gegenüberstanden und für ein nachhaltiges Wirtschaften plädierten.

Wieder ist es an ?Verrückten", aus der Herde auszuscheren. Es ist an ihnen, uns vorzuleben, wie man eine Krise anpackt. In unserer neuen Serie "Krise? Ohne uns!" werden wir Ihnen solche Menschen vorstellen. Auch Zuversicht soll ja ansteckend sein.