Mallorca und Lateinamerika – es ist zunächst einmal die ungeheure Vielschichtigkeit dieses Themas, das uns in der Mallorca Zeitung bei dieser Zeitungsproduktion erstaunt hat. Einige Aspekte haben wir hier aufgezeigt. Es hätten noch wesentlich mehr sein können. Ist der Blick einmal geschärft, wirkt diese Insel fast ebenso lateinamerikanisch wie spanisch. Im Alltagsleben: Diejenigen, die zumal in der Inselhauptstadt im Einzelhandel und der Gastronomie Urlauber und Residenten umsorgen, sind zu einem beträchtlichen Teil latinos. Im Straßenbild: Die massive Einwanderung der vergangenen Jahre hat die Gesellschaft verändert, es sind viele andere, jüngere Menschen unterwegs. In der Wirtschaft: Spaniens auch auf der Insel allgegenwärtige Konzerne und Großbanken – Telefónica oder Santander – machen längst einen beträchtlichen Teil ihrer Gewinne mit ihren lateinamerikanischen Niederlassungen. In der Geschichte: Selbst der Ministerpräsident Francesc Antich ist in Caracas geboren, als Kind von zeitweise nach Venezuela ausgewanderten Mallorquinern.

Nun heißt all dies nicht, dass die Beziehungen stets harmonisch sind. Sie waren es nicht in der Vergangenheit – die lateinamerikanischen Kolonien haben sich die Unabhängigkeit vor 200 Jahren blutig erkaufen müssen und insbesondere die vom mallorquinischen General Weyler in Kuba vom Zaun gebrochene Repression lässt noch heute erschaudern –, und sie sind es nicht in der Gegenwart. Die Mallorquiner werfen nicht allen, aber doch einigen Lateinamerikanern mangelnde Integrationsbereitschaft vor, die Lateinamerikaner verspüren nicht bei allen, aber doch bei einigen Mallorquinern eine gewisse Fremdenfeindlichkeit. Dass im Zuge der Wirtschaftskrise die Arbeitsplätze knapper werden, lässt beide Seiten gereizter aufeinander reagieren. Da ist es gut, daran zu erinnern, wie nah man sich trotz allem steht und was für eine Bereicherung Lateinamerika und seine Menschen für Mallorca bedeutet haben. Und weiter bedeuten.