Eigentlich, so möchte man meinen, ist auf Mallorca die von der Slow- Food-Bewegung propagierte hohe Wertschätzung der Nahrungsmittel und ihres genussvollen Verzehrs ohnehin weitverbreitet. Deutsche reden über das ­Wetter, Spanier über das Essen. Lenken Sie das Gespräch mit dem Nachbarn mal auf das Thema des von ihm bevorzugten Schinkens – Sie werden aus dem Staunen über so viel Detailwissen und Leidenschaft nicht mehr herauskommen. Hier besteht noch jedes Mittagessen aus Vorspeise, Hauptgang, Dessert und einem Tässchen Kaffee; hier wird, zu Hause oder im Restaurant, der halbe Sonntag mit einem ausufernden Familienessen bestritten; hier gibt es gute Weine, köstliches Olivenöl und frischen Fisch.

Möchte man meinen. Bei genauerem Hinsehen sind die Essgewohnheiten vieler Mallorquiner nicht mehr so erquicklich. Da werden Kinder systematisch mit Chips­tüten ruhiggestellt, da trieft es beim menú del día von Fett, da werden Unmengen an aus fernen Weltmeeren stammendem Fisch und an industriell produzierten Nahrungsmittel konsumiert. Die in deutschen Großstädten schon fast an jeder zweiten Straßenecke zu findenden Bioläden hingegen muss man hier lange suchen. Stattdessen sieht man auffallend viele übergewichtige Menschen.

Auch auf Mallorca ist also in Sachen guter Ernährung sowohl unter den Alteingesessenen als auch unter den Zugewanderten noch einiges zu tun. Die örtliche Slow-Food-Gruppe leistet hier hervorragende Arbeit. Sie bringt Bioproduzenten mit den Verbrauchern in Verbindung, hegt und pflegt alte Obstbaum- und Traubensorten und hält kulinarische Traditionen wie die der roten Paprika aufrecht. Es ist beileibe noch keine Massenbewegung, aber sie setzt an der richtigen Stelle an. Es ist ist mitunter mühsamer, auch teurer, wann immer es geht, lokalen Produkten den Vorzug zu geben. Aber wir tun uns und der Umwelt damit einen Gefallen. Und besser schmecken tun sie sowieso.