Die von „El País" veröffentlichte mutmaßliche Schattenbuchführung der Volkspartei (PP) wirft mindestens ebenso viele Fragen auf, wie sie Einträge aufweist. Die Parteispitze aber verweigert schon fast systematisch Antworten, die über ein allgemeines „das ist nicht wahr" hinaus­gehen. Das könnte, muss aber kein indirektes Schuldeingeständnis sein. Es ist längst nicht ausgemacht, dass in diesem Skandal alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint - zumal alle Handlungsstränge bei einem Mann, ­Luis Bárcenas, zusammenlaufen, den man schwerlich als den vertrauenswürdigsten Bürger des spanischen Königreichs bezeichnen kann. Dennoch ist die Weigerung der PP, schnell und präzise Auskunft zu geben, nicht nur ein Affront gegenüber der Öffentlichkeit, sondern auch ein Teil des Problems. Denn letzten Endes wird Korruption erst durch Intransparenz ermöglicht. Das ist schon fast eine Binsenweisheit, und die PP muss auch gar nicht darauf hingewiesen werden. Vielmehr unterstreicht die Nummer zwei der Regierung, Soraya Sáenz de Santamaría, bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass Spanien bald über ein Transparenz-Gesetz verfügen wird, man also guten Willens sei. Nur hat dieses ley de transparencia einen Schönheitsfehler: Es verpflichtet zwar die öffentliche Verwaltung, über ihr (finanzielles) Tun und Lassen Auskunft zu geben, nicht aber die politischen Parteien. Weiterhin wird das Lippenbekenntnis zu mehr Transparenz im politischen Alltag fortlaufend konterkariert. Das beginnt mit Pressekonferenzen ohne Fragemöglichkeiten und endet beim Kurs der balearischen Konservativen. Hier werden derzeit die von der Vorgänger­regierung eingeführten Good Governance-Richtlinien kurzer­hand wieder einkassiert (das wäre zu aufwendig), hier weigert sich der Ministerpräsident bislang standhaft seine ­Einkommensverhältnisse offen­zulegen (das könnte ja Sozialneid schüren). Das Demokratie-Verständnis der PP ist scheinbar unterentwickelt. Die immer aufgebrachteren Bürger werden sich so nicht von ihrer Unschuld überzeugen lassen.