Wer einmal in den RTL-Trashfilm „Hai-Alarm auf Mallorca" von 2003 geschaut hat, vergisst ihn nicht so schnell - nicht, weil er so gruslig, sondern in jeder Hinsicht misslungen ist. Auch der Blauhai, der sich Ende vergangener Woche an Mallorcas Küste verirrte, wurde ein Opfer des Films und seiner Klischees über die angebliche Gefährlichkeit der Tiere. Die Boulevardmedien übernahmen schlichtweg den Filmtitel von damals, die Rede war vom „Problem-Hai" oder gar „Horror-Hai", der „Urlauber in Schrecken versetzte", sogar die FAZ titelte mit „Alarm am Badestrand".

Ein ganz anderes Bild zeigte sich beim Blick in die Social Networks: Tierfreunde berichten von einem armen Hai, der gejagt, in die Enge getrieben und dem voreilig die Todesspritze versetzt wurde, um ihn nachträglich für krank zu erklären. Mehrfach findet sich die Spekulation, dass die Politik sich auf diese Weise ein Problem mit dem „Hai-Alarm" vom Halse schaffen wollte, der zu Beginn der Hochsaison die Urlauberzahlen einbrechen hätte lassen können - als ob dies eine Sorge der Landesregierung wäre. Kurioserweise scheint auch diese Verschwörungstheorie dem Plot des RTL-Films entliehen. Der Rest sind Beschimpfungen von Polizei, Behörden und sogar japanischen Restaurants.

Beide Perspektiven liefern unerträgliche Übertreibungen. Die letzte bekannte Hai-Attacke auf einen Menschen auf Mallorca liegt mehr als 70 Jahre zurück. Damals wurde ein Fischer angegriffen - heute sterben die Hochseetiere, die sich selten an die Küste verirren, oft in den Schleppnetzen der Fischkutter. Tödlich für die Badegäste sind Alkohol, Schiffsschrauben und immer wieder die Unachtsamkeit gesundheitlich angeschlagener Urlauber. Aber auch die emotionale Vermenschlichung des Raubtiers nervt - vor allem, weil vor lauter Gefühlen kaum noch einer fragt, was wirklich passiert ist. Ich verrate es ihnen: Der Hai wurde von einem Helikopter aus mittels einer Harpune mit integrierter Sprengkapsel getötet. Oder ging so der Film aus?