Die Katalanen wählten Carles Puigdemont zum Ministerpräsidenten, damit er ein Unabhängigkeitsreferendum organisiert. Als er es tat, setzte ihn der spanische Zentralstaat ab und beschuldigte ihn des gewaltsamen Aufstands, der Rebellion. Puigdemont floh nach Belgien, wo ihn Flamen und Wallonen gewähren ließen. Die Katalanen gaben ihrem Ex-Premier bei den Neuwahlen erneut die Stimme, doch Madrid verhinderte die Amtseinführung. Viele Katalanen sehen in Puigdemont deswegen nach wie vor ihren Ministerpräsidenten.

Nun steckten ihn die Norddeutschen in eine acht Quadratmeter große Zelle in Neumünster, um in Ruhe über die Auslieferung nachzudenken. Eine Nichteinmischung in innerspanische Angelegenheiten ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.

Beim Katalonien-Konflikt handelt es sich um eine politische Auseinandersetzung. Doch dieser will die wegen Korruptionsverdacht stark geschwächte Minderheitsregierung in Madrid lieber ausweichen, indem sie dem politischen Problem mit Strafverfolgung begegnet. Spätestens als die von Madrid entsandte Polizei friedliche Wähler niederknüppelte, wurde der Rechtsstaat zum Staat der Rechten.

Es sieht fast danach aus, als ob die Regierung Rajoy das Thema aus zwei Gründen eskalieren lässt. Erstens bringt ihr die demonstrative Härte gegen Separatisten Zustimmung bei konservativen Wählern im Rest des Landes. Zweitens hält sich Rajoys PP wohl nur deshalb noch an der Macht, weil In- und Ausland während des eskalierenden Katalonien-Konflikts ein Machtvakuum in Madrid scheuen. Da andererseits auch das separatistische Lager in Katalonien stimmenmäßig von der Polarisierung profitiert, stehen die Weichen auf Konfrontation.

Die deutsche Justiz muss nun rechtlich einwandfrei handeln. Mögliche Spielräume sollte sie dennoch nutzen, Spanien dahin gehend zu beeinflussen, das Politikum politisch zu lösen: von frei gewählten Volksvertretern am Verhandlungstisch, nicht hinter Gittern und nicht vor Gericht.