„Geschätzte Kunden. Hiermit informieren wir Sie, dass wir ab September die Preise an die neue Mehrwertsteuer anpassen." Info-Blätter dieser Art sind derzeit häufiger auf ­Mallorca zu sehen: in Geschäften, in Friseurläden, in Fitnesszentren - Branchen also, die von der ­Erhöhung der IVA (impuesto de valor añadido) zum 1. September besonders betroffen sein werden. Die Geschäftsleute stehen vor der Wahl, mit der Erhöhung der Preise ihre Kunden zu verschrecken oder geringere Margen sowie Verluste in Kauf zu nehmen.

Madrid hat die Steuererhöhung zur Haushaltssanierung aufgrund von Druck aus Brüssel beschlossen. Der generelle Mehrwertsteuersatz steigt von 18 auf 21 Prozent und der reduzierte von 8 auf 10 Prozent. Nur der Minimalsatz von 4 Prozent bleibt erhalten. Einige Waren und Dienstleistungen werden nun aber höheren Sätzen zugeordnet. In Härtefällen steigt so die IVA um 17 Punkte.

Freizeit-Aktivitäten: Nicht mehr alles ist Tourismus

Im Dunstkreis des Tourismus wurde bislang auf viele Dienstleistungen der reduzierte Steuersatz von 8 Prozent angewandt. Die jetzige Anhebung auf 10 Prozent fällt zwar vergleichsweise mäßig aus. Allerdings werden gleichzeitig mehrere Bereiche von der Vergünstigung ausgeschlossen. Neben dem Golftourismus trifft dies alle sogenannten gemischten ­Leistungen wie Schwimmbad, Spa, Sportanlagen, Discos oder Shows, sofern diese getrennt abgerechnet werden.

Die Freizeit-Industrie zählt sich somit zu den Hauptopfern. 13 Prozentpunkte mehr seien eine Hiobsbotschaft für die Branche, heißt es bei der Vereinigung der Disco- und Festsaalbetreiber auf den Balearen. Ohnehin bekomme man die derzeitige Konsumschwäche zu spüren. Nun müsste der Eintritt zur Disco von etwa 7,50 Euro auf 8,40 Euro steigen. Weder könnte die Erhöhung vollständig umgelegt, noch von den Betreibern geschultert werden, so der Vorsitzende Jesús Sánchez, der das Aus vieler Lokale befürchtet. Die Cursach-Gruppe (MegaPark, BCM, Tito´s) hat angekündigt, Discos von November bis April mit Ausnahme von Weihnachten zu schließen.

Voller Mehrwertsteuersatz: Sport, Friseure, Bestatter

21 statt bislang 8 Prozent Mehrwertsteuer müssen zudem sämtliche Sport-Anbieter verrechnen. Das betrifft neben den Fitnesszentren auch Segelschulen, Wander- und Trekkingführer, Tennisclubs oder Bowlingbahnen. Die Anhebung der Mitgliedsbeiträge sei daher unumgänglich, heißt es in der Branche. Gewarnt wird vor einer Austrittswelle, aber auch vor den Folgen einer zunehmenden Sportabstinenz für das Gesundheitssystem.

Gekappt wird der reduzierte Steuersatz zudem auch für Friseure. Viele Salons dürften die Mehr­belastung über einen Zeitraum von mehreren Jahren auf den Kunden umlegen, prognostiziert Branchensprecher Rafael Rubio. Ein konventioneller Herrenhaarschnitt verteuert sich somit langfristig von etwa 14,50 auf 16,25 Euro. Gerade selbständige Friseure ohne eigene Angestellte nehmen dagegen lieber Einbußen in Kauf. „Den Kunden geht es wirtschaftlich ohnehin schlecht, die Konkurrenz ist groß", gibt Toni Almagro zu bedenken, Friseur in Palmas Stadtviertel Molinar. „Ich werde den Gürtel enger schnallen."

Entrüstung herrscht zudem bei den Bestattungsunternehmern. Die Erhöhung treffe die Branche besonders hart, sagt Onofre García, Vorsitzender der Vereinigung der Bestatter auf den Balearen. Während ein Euro mehr beim ­Friseur nicht weiter ins Gewicht falle, bedeuteten die 13 Prozentpunkte bei Bestattungskosten von 1.500 bis 4.500 Euro einen hohen Betrag für die Angehörigen. Onofre geht davon aus, dass alle Bestatter die Steuer umlegen, gespart werde dann etwa bei Blumen und Extras.

Floristen würden so doppelt bestraft: Auch auf sie kommen 13 Punkte mehr zu - Samen, Knollen und Stecklinge ausgenommen.

Teurer Schulanfang

Noch höher fällt der prozentuale Anstieg beim Schulbedarf aus, für den bislang nur vier Prozent Mehrwertsteuer fällig waren. Der Satz wird zwar beibehalten, doch die Definition fällt strenger aus: Nur noch Lehrbücher, Alben, Partituren, Karten oder Zeichenhefte fallen darunter. Hefte, Stifte und sonstiger Schulbedarf dagegen wird mit 21 Prozent versteuert.

Die Fachgeschäfte beobachten nun einen Ansturm der Eltern, um sich noch vor Ende des Monats für das neue Schuljahr einzudecken. Gerechnet wird zudem damit, dass mehr Material wiederverwendet wird und Eltern lieber in chine­sischen Billigläden einkaufen.

Ende des Kultur-Rabatts

Besonders groß ist die Sorge bei den Kinobetreibern. Während die Kino-Mehrwertsteuer in Europa durchschnittlich bei rund 10 Prozent liegt, werden in Spanien ab September 21 statt wie bisher 8 Prozent fällig. Nach dem Siegeszug der Raubkopien im Internet rechnet die Branche nun mit einem weiteren Zuschauerschwund und der Schließung vor allem kleinerer Kinosäle. Um 13 Prozentpunkte verteuern sich auch Theater, Konzerte, Ausstellungen, Zoos, Freizeitparks oder Zirkusvorstellungen. Nur Stierkämpfe waren schon bislang mit 18 Prozent besteuert.

Grundnahrungsmittel bleiben verschont

Nicht angehoben wird der niedrigste Mehrwertsteuersatz von vier Prozent. Er gilt unter anderem für Grundnahrungsmittel wie Brot, Milch, Obst und Gemüse oder auch für Bücher und Zeitungen.