Den Ruhestand auf Mallorca genießen, während der deutsche Staat allmonatlich die Rente überweist - das ist ein inzwischen tausendfach praktiziertes Lebensmodell auf den Balearen. Weit weniger beliebt ist hingegen die korrekte Versteuerung dieser Bezüge in Spanien. Wer dies bisher nicht getan hat, dem räumt der spanische Staat nun eine sechmonatige Gnadenfrist ein, während der die Abgaben nachbezahlt werden können - ganz ohne Bußgelder, Zuschläge oder Zinsen. In Kraft treten soll die Amnestie laut Finanzministerium im Januar 2015.

„Es gibt zahlreiche ausländische Residenten, die das bewusst unterlassen oder nicht gewusst haben", sagt der in Palma ansässige Anwalt und Steuerberater Alejandro del Campo. Daneben müssten auch Spanier, die eine Zeitlang in Deutschland gearbeitet haben, ihre deutsche Rente hier versteuern. „Dazu ist jeder verplichtet, der hier als steuerpflichtiger Resident registriert ist." Befreit seien nur Personen, deren Rente weniger als 11.200 Euro pro Jahr beträgt und die keine anderen Einkünfte haben, sowie ehemalige Beamte, deren Pensionen der deutsche Staat automatisch versteuert.

Dass man von der Einkommenssteuer befreit sei, wenn die Jahreseinkünfte unter 22.000 Euro liegen, sei bei Rentnern ein weit verbreiteter Irrglaube, erklärt Susanne Heibl vom Steuerberatungsunternehmen Susanne Cerdá. Dieser Freibetrag gelte nur, wenn davon bereits Steuern einbehalten wurden. Von einer Arbeitnehmerrente allerdings ziehe Deutschland keinen Cent ab, so dass man sie hier versteuern müsse.

Wer das bisher nicht getan hat, dem raten die Experten, die Amnestie zu nutzen - denn die Wahrscheinlichkeit, als Steuersünder enttarnt zu werden, werde immer größer. Zum einen wegen der neuen technischen Möglichkeiten: Die europäischen Finanzbehörden sind längst vernetzt, und dank des automatischen Datenaustauschs bekommen auch die Finanzbeamten in Palma mit, was die deutsche Rentenkasse an einen Mallorca-Residenten überweist. Und nicht nur das. „Wir hatten vor Kurzem mit dem Fall einer hier lebenden Kanadierin zu tun, der das Finanzamt auf den Cent genau mitteilen konnte, wie hoch ihre Rente aus Kanada ist", berichtet Alejandro del Campo.

Dass es allmählich eng wird, dürfte zahlreichen ausländischen Residenten zudem beim Durchlesen der Formulare für die Steuererklärung 2013 aufgefallen sein. Darin fand sich in diesem Jahr erstmals ein Vermerk, wenn die betroffene Person dem Datenabgleich zufolge Einkünfte aus dem Ausland ­bezogen, diese aber nicht deklariert hatte. „Wir erinnern Sie daher daran, dass sie diese, sofern sie sie weiterhin erhalten haben, in ihrer Steuererklärung angeben müssen", lauten die mahnenden Worte, die Alejandro del Campo zufolge so manchem seiner Klienten einen gehörigen Schrecken eingejagt haben.

Das Risiko, erwischt zu werden, steigt zum anderen aber auch schlicht und ergreifend wegen der höheren Anzahl an Kontrollen. „Wir haben in den vergangenen beiden Jahren mehr Steuerprüfungen begleitet als in den 25 Jahren davor", sagt Susanne Heibl. Und nach Ablauf der Amnestie für Rentner mit Steuerschulden werde das Finanzamt auf diese Bevölkerungsgruppe ein ganz besonderes Auge haben, prophezeit Heibl. „Wir müssen unsere Kunden immer anweisen, alles ordnungsgemäß anzugeben, aber wenn man vor hat, noch länger auf der Insel zu bleiben und keine Probleme haben möchte, sollte man auf jeden Fall von der Straffreiheit Gebrauch machen und seine Situation regeln."

Auch wenn es einen finanziell schmerzt. Renten bis 17.000 Euro werden Susanne Heibl zufolge mit 24,75 Prozent versteuert, wobei je nach Alter, Familienstand oder Behinderungsgrad Freibeträge abgezogen werden. Danach steigt der Steuersatz wie in Deutschland progressiv gestaffelt bis 52 Prozent an. „Das hat einen allerdings nur bei einer Jahresrente von 300.000 Euro zu interessieren." Doch auch bei 25.000 Euro por Jahr könnten schnell ein paar tausend Euro fällig werden, kalkuliert Anwalt Alejandro del Campo. Nachzahlen müsse man zudem für vier Jahre rückwirkend, falls man schon länger in Spanien lebt. Der Rest sei verjährt.

Doch all das sei um einiges günstiger als die saftigen Geldbußen, die drohen, wenn einem das Finanzamt von selbst auf die Schliche kommt. „Die Strafen liegen zum Teil bei 100 Prozent der Steuerschuld", sagt Heibl. Auch wer sich hier aus Angst vor dem Finanzamt gar nicht erst als Resident registrieren hat lassen, de facto aber seinen Lebensmittelpunkt auf Mallorca hat, sollte nun die Gelegenheit nutzen und die Karten offen auf den Tisch legen, rät Anwalt del Campo. Nach der Einführung des Modelo 720, mit dem seit 2012 das Auslandsvermögen deklariert werden muss, hätten sich viele sogar absichtlich wieder abgemeldet. „Wer in so einem Fall erwischt wird, muss tief in die Tasche greifen", warnt er.

Ab 2015 will der deutsche Staat zudem ein Stück vom Kuchen abhaben. Das deutsch-spanische Doppelbesteuerungsabkommen sieht vor, dass bei Neurentnern künftig fünf Prozent der Rente in Form einer Quellensteuer einbehalten und gegebenenfalls in Spanien angerechnet werden, falls man dort als Resident sein Welteinkommen versteuert.

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