Sieg für die Nicht-Residenten auf Mallorca, Niederlage für die spanische Regierung: Der Europäische Gerichtshof hat die gesetzliche Regelung zur Erbschafts- und Schenkungssteuer in ihrer jetzigen Form für unrechtmäßig erklärt. Wie es in dem Urteil von Mittwoch (3.9.) heißt, verstoße das Gesetz durch die Benachteiligung der Nicht-Residenten gegen den Grundsatz des freien Kapitalverkehrs in der EU. Es sei kein objektiver Grund für die Ungleichbehandlung ersichtlich.

Die Entscheidung hat weitreichende finanzielle Folgen für alle Nicht-Residenten auf Mallorca. Bislang fallen bei Erbschaften zwischen direkten, auf den Balearen ansässigen Familienangehörigen maximal Steuern in Höhe von 1 Prozent an. Im Fall von Nicht-Residenten auf den Balearen wird hingegen ein progressiver Steuersatz fällig, der je nach Erbe zwischen 7,65 und 34 Prozent beträgt.

„Das ist auf der ganzen Linie ein Sieg für Nicht-Residenten", sagt Alejandro del Campo, Anwalt und Steuerberater bei DMS Consulting in Palma - zumal von dem Urteil nicht wenige Steuerzahler betroffen sind. Der nachteilige Steuersatz fällt nämlich nicht nur im Fall von Mallorca-Immobilien von ­Ausländern an, die nicht hier leben. Betroffen sind zum Beispiel auch Mallorca-Deutsche, die eine Immobilie in der Bundesrepublik erben, oder umgekehrt dort lebende Deutsche, die das Erbe oder eine Schenkung ihrer Eltern auf Mallorca antreten. Sie alle werden nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs bislang diskriminiert.

So eindeutig das Urteil ausfällt, so unklar ist noch die voraussichtliche Reaktion der spanischen Regierung. Zwar muss sie das Urteil nun umsetzen und die Erbschaftssteuer reformieren, um Sanktionen aus Brüssel zu verhindern. Doch noch ist der Zeitpunkt unklar, zumal die „Impuesto sobre sucesiones y donaciones" nicht in das gerade auf den Weg gebrachte Paket zur Steuerreform mit aufgenommen wurde.

Zum anderen muss Spanien die Abgabe zwar für Residenten und Nicht-Residenten angleichen, das Urteil lässt aber die künftige Höhe der Erbschafts- und Schenkungsteuer offen. Klar dürfte nur sein, dass sie nicht wie im Fall von Mallorca bei einem Prozent verbleiben dürfte, sondern womöglich kräftig angehoben wird.

Ein Wörtchen mitzureden hat ohnehin unter anderem die balearische Landesregierung. Denn die Zuständigkeit für die Besteuerung von Erbschaften hat Madrid an die Regionen abgetreten, die diese Kompetenzen bislang sehr unterschiedlich ausgereizt haben. So kam die Diskriminierung letztendlich dadurch zustande, dass die regionalen Steuerbehörden eine Herabsetzung des von Madrid vorgegebenen Steuersatzes nur im Fall der Residenten gewährten. Da Nicht-Residenten hier außen vorblieben, mussten sie eine „Wert­reduzierung" von Erbe oder Schenkung in Kauf nehmen, wie die EU-Richter in ihrem Urteil monieren.

Nun muss also zunächst die spanische Zentralregierung in einem Gesetz die Rahmen­bedingungen neu vorgeben. Voraussichtlich wird sie den Regionen dabei weiterhin Spielraum bei der Festlegung des konkreten Steuersatzes gewähren - sofern er keine Unterschiede mehr zwischen Residenten und Nicht-Residenten macht.

Doch auch ohne neues Gesetz könnten sich Nicht-Residenten schon jetzt gegenüber den Steuerbehörden auf das EU-Urteil berufen und im Zweifelsfall vor Gericht ziehen, betont Anwalt del Campo. Zudem sollten Betroffene auf eine Rückzahlung bestehen, sofern die Verjährungsfrist nicht überschritten ist. Diese Frist beträgt vier Jahre. Auch darüber hinaus gehende Forderungen könnten vor Gericht Erfolg haben, da Spanien schließlich trotz der wiederholten Rüffel aus Brüssel das umstrittene Gesetz so lange beibehalten habe.

Die EU-Kommission hatte Spanien bereits im Mai 2010 aufgefordert, die Diskriminierung von Nicht-Residenten bei der Besteuerung von Erbschaften sowie auch bei Schenkungen abzuschaffen. Weil Madrid nicht reagierte, folgte im März 2012 eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof. Auch der sogenannte Lagares-Bericht, den eine Kommission von Steuer-Experten im März dieses Jahres der spanischen Regierung vorlegte, empfahl eine Angleichung des Steuersatzes, um ausländische Residenten nicht aus Spanien zu vergraulen.

Um die Steuer zu umschiffen, setzte manch Ausländer auf die Gründung von Gesellschaften. Dieses Schlupfloch ist aber mittlerweile weitgehend geschlossen.