Ich gebe zu, die Überschrift klingt dramatisch, und vielleicht hätte ich mir mit der Formulierung etwas mehr Mühe geben sollen, einverstanden. Inhaltlich ist sie aber in jedem Fall richtig.

Natürlich haben Sie schon in der Presse gelesen, dass mit dem 17. August 2015 wichtige Änderungen im EU-Erbrecht in Kraft treten werden. Es handelt sich um die EU-Erbrechtsverordnung 650/2012, die bereits seit dem 16. August 2012 in Kraft ist, aber erst ab dem 17. August für alle danach eintretenden Erbfälle in der EU (mit Ausnahme Dänemark, Irland und Großbritannien) verbindlich werden wird.

Vielleicht wissen Sie sogar schon genau, um was es geht, aber das reicht nicht. Nun wird es wirklich höchste Zeit zum Handeln, denn es bleiben weniger als vier Monate.

Dabei will ich heute nur den entscheidenden und wesentlichen Aspekt herausheben, der ein dringendes Handeln erforderlich macht, gerade für Deutsche, die als Residenten in Spanien leben. Der nachfolgende Beitrag gilt für diese Personengruppe. Wer also keinen festen Wohnsitz in Spa­nien hat, muss nicht zwingend etwas ändern.

Wenn Sie gelegentlich meine Beiträge lesen, wissen Sie, dass ich sehr streng darauf bestehe, dass jeder Bürger neben dem Reisepass zwei weitere wichtige Dokumente besitzen muss: eine Patienten­verfügung und ein Testament.

Dieses Testaments haben Sie vielleicht sorgfältig von einem deutschen Rechtsanwalt oder Notar ausarbeiten lassen, vielleicht sogar gemeinsam mit Ihrer Ehefrau ein sogenanntes „Berliner Testament" errichtet, und es enthält diejenigen Regelungen, deren Umsetzung Sie nach ihrem Tod wünschen. Hier wird sich aber mit dem 17. August eine geradezu dramatische Änderung ergeben, dadurch nämlich, dass mit diesem Tag auf Ihr Testament nicht mehr wie bisher das deutsche Recht, sondern vielmehr das spanische Recht zur Anwendung kommen wird.

Anders als früher gilt nun von Gesetzes wegen, dass nicht mehr das deutsche Erbrecht für Sie als deutscher Staatsbürger gilt, sondern vielmehr das Erbrecht des Staates, in dem Sie als Erblasser Ihren letzten gewöhnlichen ­Aufenthalt hatten. Nun mag man heftig darüber diskutieren, was der „gewöhnliche Aufenthalt" ist. Eine gesetzliche Definition gibt es in der Verordnung nicht. Klar ist aber auch: In vielen Fällen werden alle Umstände auf Spanien hinweisen. Das bedeutet, dass mit dem 17. August spanisches Erbrecht gelten wird, egal ob ein Testament errichtet wurde oder nicht. In beiden Fällen sind die Folgen geradezu dramatisch:

Das spanische Recht kennt kein gemeinsames Testament, wie es beim „Berliner Testament" der Fall ist. Hinzu kommt, dass gerade das Erbrecht nicht allgemein gültig für das gesamte Staatsgebiet gilt, sondern es vielmehr sogenannte „Foralrechte" gibt. Die Erbrechte sind also völlig unterschiedlich in Andalusien und Barcelona, selbst auf Mallorca und Ibiza gibt es unterschiedliche Regelungen. Dadurch kann schon ein Umzug innerhalb Spaniens erhebliche Folgen haben. Es würde zu weit führen, diese hier im Einzelnen darzustellen, aber ganz allgemein kann man sagen, dass von Gesetzes wegen nur die Kinder die Erben sind, und der Ehefrau ein Nießbrauch am Nachlass zusteht. Dabei kann der Erblasser per Testament auch nur über einen Teil seines Nachlasses verfügen, für den wesentlicheren Anteil gelten die zwingenden gesetzlichen Regelungen, die auch nicht durch ein Testament ausgehebelt werden können.

Wer also möchte, dass die bisherigen Regelungen im Testament aufrechterhalten und auch durchsetzbar bleiben, muss die Hintertür nutzen, die die EU-Erbrechtsverordnung glücklicherweise offen gelassen hat, dadurch nämlich, dass es ausdrücklich zulässig ist, eine Rechtswahl zu treffen. Dabei kann natürlich nicht jedes beliebige Recht gewählt werden, sondern nur ein Recht, zu dem der Erblasser einen eindeutigen Bezug hat. Deshalb ist in den hier geschilderten Fällen die Möglichkeit gegeben, in dem Testament ausdrücklich die Anwendbarkeit des deutschen Rechtes festzulegen und vorzuschreiben. Geschieht dies, ist zwingend deutsches Recht auf den Erbfall anzuwenden und es bleibt bei den bisherigen Regelungen.

Was ist nun konkret zu tun? Ein Testament ist zwingend erforderlich, denn ohne Testament gilt spanisches Recht. Der oft gut gemeinte (aber in der Praxis selten zutreffende) Satz: „Die Kinder werden das schon unter sich regeln" ist keine Lösung mehr. In das Testament, egal ob neu oder schon vorhanden, ist der Satz aufzunehmen: „ Auf die voranstehende letztwillige Verfügung soll deutsches Recht angewandt werden".

Der Autor ist Rechtsanwalt und Abogado mit Kanzleien in Frankfurt und Palma, www.dr-reichmann.com