Ende Juli ist in Spanien ein neues Gesetz zur Freiwilligen Gerichtsbarkeit in Kraft getreten (Ley 15/2015). Es eröffnet erstmals die Möglichkeit, auch vor einem Notar zu heiraten - was nun nicht wirklich spektakulär ist. Viel interessanter ist aber, dass nun auch die Scheidung vor einem Notar ausgesprochen werden kann. Letzteres lag bislang in der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte.

Bei der Eheschließung geht es zwar auch nach dem neuen Recht nicht ganz ohne Standesamt: Hier ist nach wie vor dessen Mitwirkung gefordert. Aber im Gegensatz dazu reicht es zur Scheidung aus, wenn das Ehepaar in Begleitung eines Anwalts (Art. 80 Código Civil) vor dem Notar einen Scheidungs­vertrag (Convenio regulador) protokolliert. Allerdings müssen hierzu verschiedenen Vorbedingungen erfüllt sein:

l Es muss sich um eine einvernehmliche Scheidung handeln.

l Es müssen mindestens drei Monate seit der Heirat vergangen sein.

l Es darf keine minderjährigen Kinder aus der Ehe geben (Art. 81 Código Civil). Gleiches gilt, wenn die Ehefrau bei der Scheidung schwanger ist. Der Gesetzestext lässt allerdings offen, was passiert, wenn nur einer der beiden Ehe­partner minderjährige Kinder hat.

Schon bisher war es in der Praxis oft so, dass scheidungswillige Ehepaare in Deutschland wie in Spanien vor dem Gang zum Gericht vor einem Notar eine Scheidungsfolgenvereinbarung protokolliert haben, in der sämtliche Rechtsfolgen der Scheidung geregelt wurden. Das spanische Recht räumt nun den Ehepartnern die Möglichkeit ein, diese auch in Spanien übliche Urkunde mit einer entscheidend wichtigen weiteren Klausel zu versehen, in der nämlich beide Parteien den Willen zur Scheidung bekräftigen.

Neben dieser eindeutigen Willenserklärung ist erforderlich, dass in die Urkunde Vereinbarungen zu den nachstehenden Aspekten aufgenommen werden:

l Regelung des Ehegattenunterhalts, soweit vereinbart. Die Regelung muss auch die Kriterien zur regelmäßigen Anpassung des

Unterhalts, dessen Dauer und Beendigung sowie die eventuell vereinbarten Sicherheiten enthalten.

l Eigentumsverhältnisse und zukünftige Nutzung von Hauptwohnsitz und Hausrat.

l Zukünftige Regelung von Lasten und Verbindlichkeiten aus der Ehe.

l Beendigung des bisherigen Güterstandes.

Der Notar wird die Vereinbarungen, inhaltlich, wie von den Parteien gewünscht, in den Vertrag aufnehmen - es sei denn, er vertritt die Auffassung, dass seiner Meinung nach ein gravierender Nachteil für eine der Parteien oder die erwachsenen Kinder entsteht.

Beide Ehegatten müssen persönlich vor dem Notar erscheinen und den Vertrag unterschreiben, sodass eine Vertretung durch Vollmacht oder spätere Ratifizierung nicht möglich ist. Im Fall volljähriger Kinder, die noch zu Hause wohnen und über kein eigenes Einkommen verfügen, müssen diese dem Vertrag zustimmen. Die Scheidung wird mit der Unterzeichnung der notariellen Urkunde rechtskräftig.

Der Notar ist verpflichtet, die Urkunde dem zuständigen Standesamt auf elektronischem Wege zuzustellen. Diese Zustellungsform ist allerdings noch nicht in die Praxis umgesetzt, sodass die Zustellung nach wie vor per Post erfolgt. Es kann also zu gewissen Verzögerungen kommen. Eine Drittwirkung der Scheidung tritt erst mit der Eintragung im Standesamt ein.

Angesichts dieser Vereinfachung des Scheidungsverfahrens und damit zweifellos auch Reduzierung von Dauer und Kosten kann man sich durchaus vorstellen, dass Spanien plötzlich nicht nur aus touristischen Gründen an Attraktivität gewinnt. Es lohnt sich daher durchaus, sich mit der Frage auseinander zusetzen, ob eine solche in Spanien ausgesprochene Scheidung auch Wirksamkeit für den deutschen Rechtsraum hat und von einem deutschen Standesamt akzeptiert werden würde.

Hier gilt die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung. Mit dieser Verordnung wird die Anerkennung aller Entscheidungen in Hinsicht auf Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und die Ungültigerklärung einer Ehe sichergestellt, ohne dass es hierfür eines Zwischenverfahrens bedarf.

Das klingt erst einmal gut, allerdings sind nach deutschem Recht in Familiensachen ausschließlich die Gerichte am Wohnsitz der Parteien zuständig, sodass es zu einem „Scheidungstourismus" als neue Einnahmequelle der Balearen wohl eher nicht kommen wird.

Dr. Armin Reichmann ist Rechtsanwalt und Abogado mit Kanzleien in Frankfurt und Palma. Bastian Pohle ist Abogado in der Kanzlei Dr. Reichmann, www.dr-reichmann.com