Die ewige Rivalität zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona ist nun auch auf die steuerliche Ebene übergeschwappt. Nachdem gegen Leo Messi und seinen Vater 2013 ein Verfahren wegen Steuerbetrugs eröffnet wurde, das 2016 mit einer Verurteilung zu 21 Monaten Gefängnis und einer Millionenstrafe endete, steht nun Cristiano Ronaldo wegen mutmaßlicher „fiskalischer Tricks" im Rampenlicht. Doch scheint die „Agencia Tributaria" den portugiesischen Superstar weniger scharf anzugehen als den Argentinier. Manche Barça-Anhänger wittern dahinter die ewige Verschwörung der spanischen Zentralbehörden gegen alles Katalanische. In Wahrheit liegt der Unterschied in einem Steuergesetz begründet, das nicht zufällig den Spitznamen eines Fußballers trägt: die sogenannte „Lex Beckham".

Dieser Unterschied ist entscheidend. Leo Messi kam nach Spanien im Jahr 2000, doch erst 2005 wurde das genannte Gesetz eingeführt, das frisch zugewanderten Großverdienern enorme steuerliche Privilegien einräumte. Kurz und vereinfacht gesagt ermöglicht das Gesetz einem Ausländer, in Spanien zu leben, aber dennoch wie ein Nicht­-Resident besteuert zu werden. Und das bedeutet, dass jegliches Einkommen und Vermögen außerhalb Spaniens vom Fiskus unangetastet bleibt. Normalsterbliche spanische Steuerbürger hingegen müssen ihr Welteinkommen und seit 2011 auch ihr Weltvermögen der Besteuerung unterwerfen, und zwar in der Einkommensteuer nach einem progressiven Steuersatz von teilweise über 50 Prozent.

Einer der Ersten, die von diesem „Sonderregime für zeitweise in Spanien tätige Ausländer" Gebrauch machten, war der Brite David Beckham - daher der Begriff „Lex Beckham". Dass Messi keine Chance hatte, davon zu profitieren, hat nicht damit zu tun, dass er für ein Team in Katalonien spielt, sondern mit einer Grundbedingung des Gesetzes: Das Steuer­regime kann nur von Personen in Anspruch genommen werden, die bislang nicht in Spanien ansässig waren und erst aufgrund eines Arbeitsvertrags in dieses Land umsiedeln. Als das Gesetz in Kraft trat, war Messi bereits in Spanien ansässig. Typischer Fall von Abseits.

Ganz anders Cristiano Ronaldo: Er wurde von Real Madrid im Jahr 2009 verpflichtet und konnte nun sechs Jahre lang das Sonderregime genießen. Die Folgen: Er bezahlte auf sein Millionengehalt einen fixen Steuersatz von etwa 20 Prozent und nicht einen progressiven, der für Großverdiener bis über 50 Prozent geht. Und er versteuerte völlig gesetzeskonform ausschließlich sein spanisches Einkommen. Wenn er zum Beispiel Geld im Ausland anlegte, musste er die Rendite in Spanien nicht deklarieren.

Nun wird auch verständlich, warum die Gehaltsverhandlungen zwischen Ronaldo und seinem Club gegen Ende der sechsjährigen „Beckham-Zeit" von Spannungen gekennzeichnet waren. Die Vereine schließen mit Cracks wie dem Portugiesen Nettoverträge ab. Bei Real Madrid wusste man, dass Ronaldo ab 2015 wie ein normaler Spanier würde versteuern müssen. Das hieß, der Club würde selbst ohne Gehaltserhöhung wesentlich tiefer ins Portemonnaie greifen müssen, um dem Star dasselbe Nettogehalt zu bieten. Vor diesem Hintergrund ist nachzuvollziehen, dass die Vereinsleitung jedes Mal, wenn Ronaldo mit seinem Abgang drohte, große Hemmungen zeigte, den Deal substanziell nachzubessern. Den Buchhaltern wurde wohl schwindlig, als sie ausrechneten, wie jeder Ronaldo-Euro ab 2015 auf das Budget durchschlagen würde.

Ohne nun konkret auf Messi und Ronaldo Bezug zu nehmen, sei hier einer der gängigsten Steuer­tricks beschrieben, mit denen hoch bezahlte Profisportler dem Finanzamt ein Schnippchen schlagen - oder sich ein Eigentor schießen. Ein erheblicher Teil des Einkommens von medienträchtigen Stars stammt heutzutage aus der Verwertung des Image. Zu den Standardmethoden der Branche gehört es, dass ein Sportler die Werberechte an seiner Person an eine ihm selbst gehörende Firma verkauft. Wenn dann Coca-Cola oder Nike für einen Werbespot die Gage überweist, gehen die nicht an die Person in Spanien, sondern an die Firma im Ausland. Und wenn diese Firma die Gewinne bunkert und nicht ausschüttet, hat der Sportler auf dem Papier keinen Euro verdient, obwohl fünf- oder sechsstellige Summen indirekt in sein Eigentum übergegangen sind.

Bei einer solchen Konstellation macht es einen erheblichen Unterschied, ob der Betroffene unter dem Beckham-Gesetz versteuert oder als Normalspanier. Messi musste derartige Einnahmen in Spanien versteuern, egal woher sie kamen. Ronaldo hingegen musste bis einschließlich 2014 nur seine spanischen Einnahmen versteuern.

Der Gesetzgeber hat mittlerweile viele Schlupflöcher geschlossen. So wurde schon 2010 für die „Lex Beckham" eine Gehaltsobergrenze von 600.000 Euro im Jahr verfügt. Ironischerweise sind heute Profisportler von der Regelung komplett ausgeschlossen. Sonnyboy Ronaldo tat das nicht weh, weil eine Übergangs­regelung für alle, die das Sonderregime vor 2010 angemeldet hatten, eine Ausnahme macht, womit der Mann aus Madeira das Steuer­privileg bis 2014 nach der alten Regelung voll auskosten konnte.

Auch was die Kreativität von Gestaltungen mit Werberechten betrifft, hat das Finanzamt ein Machtwort gesprochen. Die Artikel 15 und 16 des allgemeinen Steuergesetzes lassen Inspektoren die Hintertür für eine Verfolgung wegen Steuerhinterziehung auch dann offen, wenn der Betroffene eigentlich alles richtig gemacht hat. Vor allem Artikel 16 hat es in sich: Als „Simulation" wird jede Gestaltung gebrandmarkt, deren einziger Zweck es ist, Steuern zu sparen, und die anderweitig keinen wirtschaftlichen Sinn ergibt. (In Deutschland gibt es eine inhaltlich gleichlaufende Vorschrift, den „Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO").

Daher dürfen es die Betroffenen und die Berater mit dem Aufbau fantasievoller Firmenstrukturen, in denen die Millionen ihrer Schützlinge hin- und hergeschickt werden, nicht übertreiben. Wenn das Gebilde zu kompliziert wird, kann sogar der Tatbestand einer Verschleierung entstehen, der bei Steuerdelikten als erschwerend gilt.

Doch bevor ein Messi oder Ronaldo wegen eines Steuer­delikts ins Gefängnis geht - so ist wenigstens unsere Meinung -, wird eher Spanien umbenannt. Somit sind weiterhin schlimmstenfalls Haftstrafen von maximal 24 Monaten zu erwarten - bis zu diesem Ausmaß kann es zu einer Bewährungsstrafe kommen, unter der man aber weiterhin Fußball spielen kann. Das ist schön für die Fans, aber Gleichheit vor dem Gesetz sieht anders aus.

Asesor Fiscal - SteuerberaterDipl. Kfm. Willi Plattes und Thomas Fitzner arbeiten im internationalen Steuerbüro European@ccounting in Palma.