Die Tage des gleichermaßen gefürchteten wie umstrittenen Steuerformulars Modelo 720 dürften gezählt sein: Die Europäische Kommission hat Spanien aufgefordert, die Regelungen zur Offenlegung des Auslandsvermögens zu ändern und mit einem Gang vor den EU-Gerichtshof gedroht, falls man nicht innerhalb von zwei Monaten eine zufriedenstellende Antwort aus Madrid erhalte. Der blaue Brief wurde am Mittwoch (15.2.) versandt, wie es in einer Pressemitteilung vom selben Tag heißt.

„Jetzt können zahlreiche Betroffene aufatmen, über denen bislang das Damoklesschwert schwebte", sagt der in Palma ansässige Anwalt Alejandro del Campo, der 2013 die zugrunde liegende Klage eingereicht hatte. Brüssel teilt in der „Stellungnahme" weitgehend die Bedenken des Juristen von der Kanzlei DMS Consulting, wonach die horrenden Strafen, die Steuerinländern drohen, wenn sie fehlerhaft oder zu spät über ihr Auslandsvermögen Auskunft geben, nicht mit EU-Recht vereinbar seien. „Sie können großen Steuersündern zum Verhängnis werden, aber auch schlecht informierten Kleinsparern sowie zahlreichen Ausländern, die ihren Wohnsitz hier haben und Vermögen im Ausland besitzen", so Alejandro del Campo.

Die von der EU beanstandete Regelung besagt: Wer seinen Steuerwohnsitz in Spanien hat und im Ausland über Vermögen auf Bankkonten, in Immobilienbesitz sowie in Geldanlagen von jeweils über 50.000 Euro verfügt, ist seit 2012 dazu verpflichtet, einem steuerlichen Offenbarungseid zu leisten. Erstmals mussten alle Betroffenen bis Ende April 2013 dieses Modelo 720 beim Finanzamt einreichen. Die Offensive hatte die konservative Zentralregierung 2012 fast zeitgleich mit dem Ende einer Steueramnestie nach dem Motto „Zuckerbrot und Peitsche" gestartet.

Brüssel hatte der Klage von del Campo im November vergangenen Jahres stattgegeben und ein Verfahren gegen Spanien eingeleitet. Die jetzige Aufforderung an die Regierung in Madrid begründet die Kommission im Einzelnen damit, dass Spanien zwar prinzipiell Auskunft über das Vermögen der Residenten im Ausland fordern könne, die drohenden Strafen im Vergleich zu „rein innerstaatlichen Vorgängen" jedoch unverhältnismäßig seien. Dies könne „Unternehmen und Privatpersonen davon abhalten, grenzüberschreitend im Binnenmarkt zu investieren oder mobil zu sein", heißt es. „Daher sind die Vorschriften diskriminierend und nicht im Einklang mit den Grundfreiheiten der EU."

Was die Europäische Union knapp und diplomatisch ausdrückt, ist in den Augen von del Campo ein klarer Verstoß gegen gleich mehrere grundlegende Prinzipien wie Freizügigkeit, Niederlassungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit oder den freien Kapitalverkehr. Auch bei fehlerhaften oder unvollständigen Angaben drohen horrende Strafen, und es gibt keine Verjährung. Da nimmt es nicht wunder, dass mancher Mallorca-Resident seither seinen Haupt- und damit Steuerwohnsitz wieder zurück nach Deutschland verlegte, zumindest für den Fiskus.

Die Gefahr drakonischer Strafen ist nun deutlich geringer, aber die Regelung ist mit dem EU-Bescheid noch nicht vom Tisch. Die nächste Abgabefrist für die Erklärung am 31. März ist weiterhin gültig. Wenn Madrid auf Durchzug stellen sollte, könnte es noch zwei, drei Jahre dauern, bis der Europäische Gerichtshof ein Urteil fällt. Del Campo geht aber davon aus, dass die spanische Regierung die Aufforderung ernst nimmt, zumal sie sich der entstandenen Probleme selbst bewusst sei. „Das ist ein willkommener Anlass, auch gegenüber der Opposition Änderungen zu rechtfertigen." Die Konservativen verfügen im Parlament nicht über eine eigene Mehrheit.

Kommentar: Wenn der Fiskus übers Ziel hinausschießt

Zugleich glaubt der Anwalt, dass die beanstandeten Bestimmungen nur hinsichtlich der Vermögenswerte innerhalb Europas gelockert werden - und nicht beispielsweise für Konten in Panama.