Im Allgemeinen wird eine in Spanien ansässige natürliche Person für die Gesamtsumme ihres weltweit erzielten Einkommens besteuert. Eine Person wird in Spanien steueransässig, wenn (i) sie sich im Kalenderjahr länger als 183 Tage im nationalen Hoheitsgebiet aufhält (Aufenthaltskriterium) oder (ii) wenn Spanien der Mittelpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit oder wirtschaftlichen Interessen ist. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass eine Person in Spanien steueransässig ist, wenn ihr nicht rechtlich getrennter Ehepartner und dessen unterhaltsberechtigte minderjährige Kinder in Spanien steueransässig sind.

Für die Berechnung der 183-Tage-Frist müssen sporadische Abwesenheiten einbezogen werden, außer wenn der steuerliche Sitz in einem anderen Land nachgewiesen werden kann: Die im Ausland verbrachten Tage werden für die Berechnung als in Spanien verbrachte Tage angesehen, es sei denn, die Person kann ihren steuerlichen Sitz in einem anderen Land nachweisen.

Das Aufenthaltskriterium wird nicht entkräftet, wenn der Steuerzahler Spanien vorübergehend verlässt: Die Einbeziehung von sporadischen Abwesenheiten in die 183-Tage-Regelung ermöglicht, dass sich die Personen frei bewegen können, ohne dass dies die Berechnung der Anwesenheitstage für die Beibehaltung der Steuer­ansässigkeit in Spanien beeinträchtigt.

Die spanische Steuerverwaltung ist der Auffassung, dass der Steuer­sitz im Ausland mit Vorlage der Steueransässigkeitsbescheinigung des anderen Staates akkreditiert wird. Die Generaldirektion für Steuern (DGT) hat bestätigt, dass der geeignetste Nachweis eine von den ausländischen Behörden ausgestellte Steueransässigkeitsbescheinigung ist. Ohne diese Bescheinigung wäre der Auslandsaufenthalt vor den spanischen Behörden nicht erwiesen und die natürliche Person könnte als in Spanien steueransässig betrachtet (und dort für ihr Welteinkommen besteuert) werden.

Nur in wenigen Fällen hat die Steuerverwaltung zugelassen, die Steueransässigkeit im Ausland durch andere Mittel zu akkreditieren: Mit Beschluss V3355-14 vom 22. Dezember hat die Generaldirektion für Steuern Dokumente akzeptiert, aus denen das Datum der Abreise aus dem spanischen Hoheitsgebiet, das Datum des Arbeitsbeginns im Ausland und andere objektive Daten hervorgehen, die beweisen, dass der

Aufenthalt im Ausland die 183-Tage-Frist überschreitet.

Auch die Rechtsprechung hat bekräftigt, dass administrative Aufenthaltsgenehmigungen und -bescheinigungen, abgestempelte Pässe,

Kontoauszüge und Telefonrechnungen verwendet werden können. Ungeachtet obiger Aussage hat der Oberste Gerichtshof klargestellt, wie der Begriff „sporadische Abwesenheiten" für die Berechnung des Aufenthaltes und die Bestimmung des steuerlichen Sitzes zu interpretieren ist. In Urteilen vom 28. November 2017 analysierte der Oberste Gerichtshof den steuerlichen Sitz von einigen ICEX-Stipendiaten, die eine Zeit lang im Ausland gearbeitet hatten (solche Stipendien erfordern einen Aufenthalt außerhalb Spaniens von mehr als 183 Tagen).

In diesen Fällen hat die Steuer­verwaltung anerkannt, dass der Aufenthalt dieser Personen die 183-Tage-Frist überschritten hatte. Da sie jedoch keine Steuersitzbescheinigung vorgelegt hatten, die ihren Aufenthalt im Ausland nachweisen konnte, war die Steuer­verwaltung der Auffassung, dass dieser als sporadische Abwesenheit zu betrachten sei (und hat sie als in Spanien steueransässig erklärt). Folglich mussten die im Ausland verbrachten Arbeitstage in die Berechnung der 183 Tage zur Festlegung ihrer Steueransässigkeit in Spanien einbezogen werden.

Der Oberste Gerichtshof bestätigt somit, dass ein verlängerter und andauernder Aufenthalt im Ausland, der 183 Tage überschreitet, nicht mit einer sporadischen Abwesenheit geleichgesetzt werden kann, und stellt klar, dass Aufenthalte im Ausland nicht Zeiträume umfassen können, die die gesetzliche Frist von 183 Tagen übersteigen. Wenn die Steuerverwaltung selbst akzeptiert hat, dass die Stipendiaten im Zielland mehr als 183 Tage verbracht haben, kann daher seiner Ansicht nach dieser Zeitraum nicht als „sporadische Abwesenheit" für die Festlegung des Aufenthaltskriteriums in Spanien verwendet werden.

Der Oberste Gerichtshof nimmt auch Stellung zu der eventuellen Annahme eines Willenselements, um die Abwesenheit als sporadisch anzusehen und den steuerlichen Sitz in Spanien festzulegen, und gelangt zu dem Schluss, dass der Wille der Personen nicht als

Bewertungskriterium angewandt werden kann, um die Abwesenheit als sporadisch zu betrachten. Ergo, um den sporadischen Charakter einer Abwesenheit festzulegen, müssen objektive Kriterien verwendet werden.

Der Oberste Gerichtshof fällt somit ein Urteil zugunsten der ICEX-Stipendiaten, indem er sie als nicht steueransässig in Spanien betrachtet, da ihr Aufenthalt im Zielland mehr als 183 Tage im Kalenderjahr beträgt. Und dies, ohne dass sie über eine Steueransässigkeits­bescheinigung verfügen.

Diese Rechtsprechung dürfte Personen willkommen sein, die ihren steuerlichen Sitz im Ausland ohne eine von den ausländischen Behörden ausgestellte Steueransässigkeitsbescheinigung nachweisen möchten. Für praktische Zwecke sind wir jedoch der Auffassung, dass die spanische Steuerverwaltung im Falle einer Steuerprüfung oder -kontrolle den steuerlichen Sitz im Ausland infrage stellen würde, wenn besagtes Dokument nicht vorgelegt wird. Da aber im Steuerbereich der Grundsatz der Beweisfreiheit gilt, muss der Steuerzahler, falls er eine solche Bescheinigung nicht haben sollte und diesen Umstand nachweisen möchte, in der Lage sein, alle zu diesem Zweck erforderlichen Unterlagen und Informationen, wie Kontoauszüge, Mietverträge für Wohnungen, Rechnungen oder Verbrauchsabrechnungen zur Verfügung zu stellen.

Petra Schmidt ist Direktorin von Bové Montero y Asociados in Palma. Carrer Sindicat, 67, 1º-3, Telefon: 971-77 51 24, E-Mail: pschmidt@bovemontero.com