Von Holger Weber Spanien ist in einem europaweiten Vergleich weit von seinen Verpflichtungen entfernt, den Ausstoß von Treibhausgasen zu bremsen. Nur Zypern weise eine noch schlechtere Bilanz auf, heißt es in einem der MZ vorliegenden Arbeitspapier für das bilaterale Treffen in Palma. Im Rahmen des Kyoto-Abkommens war Spanien zugestanden worden, seine CO2-Emissionen im Zeitraum zwischen 1990 und 2005 um 15 Prozent zu steigern. Wie Berlin jetzt bemängelt, ist der Ausstoß im besagten Zeitraum jedoch um 53,3 Prozent gestiegen. Um die Auflagen des Kyoto-Protokolls zu erfüllen, müsste das Land bis 2012 die Emissionen um 37 Prozent reduzieren. Der Optimismus der spanischen Umweltministerin Cristina Narbona, die die Vorgaben Mitte dieses Monats bei einer Konferenz in Madrid als „ehrgeiziges, aber durchaus machbares Ziel" bezeichnete, wird auf deutscher Seite nicht geteilt.

Die Bundesregierung will jetzt den Druck auf die Spanier erhöhen. Merkel wird das Thema Klimaschutz im Gespräch mit ihrem Amtskollegen José Luis Rodríguez Zapatero offenbar selbst ansprechen, auf jeden Fall aber kommt die Klimapolitik in den ministerialen Gesprächsrunden auf den Tisch. Für Deutschland sitzt in Abwesenheit von Umweltminister Siegmar Gabriel Staatssekretär Michael Müller seiner spanischen Amtskollegin Cristina Narbona gegenüber. „Die Spanier müssen sich unheimlich anstrengen", so Müller vorab beim Besuch in der Redaktion der MZ.

Klima ist Weltinnenpolitik

In Sachen Klimaschutz wird die vornehme diplomatische Zurückhaltung mehr und mehr abgelegt. „Es geht hier nicht mehr um die Einmischung in die Politik anderer Länder, hier geht es um Weltinnenpolitik", sagt Müller. Europa habe die Chance, sich in diesem Bereich an die Spitze der Bewegung zu setzen und müsse mit einer Sprache sprechen, so der Staatssekretär. Deutschland hatte den Klimaschutz zu einem wichtigen Thema seiner EU-Ratspräsidentschaft im vergangenen Jahr gemacht.

Der Druck auf Spanien wächst nicht nur auf staatlicher Ebene. Auch Naturschutzverbände drängen die Bundesregierung dazu, auf Spanien einzuwirken. Der Deutsche Naturschutzring (DNR) forderte Angela Merkel auf, Spanien bei den Regierungskonsultationen in Palma zu einer Wende in der Klimapolitik zu bewegen. „Spanien gehört zu den größten Klimaverschmutzern Europas", so der DNR-Präsident Hubert Weinzierl in einer Pressemitteilung.

Deutliche Fortschritte attestierte der DNR Spanien jedoch im Hinblick auf die erneuerbaren Energien, deren Anteil derzeit nach Informationen der spanischen Regierung bei acht Prozent liegt, bis zum Jahr 2020 aber auf 20 Prozent ausgebaut werden soll. Bei der Stromgewinnung liegt der Anteil bereits bei 23 Prozent und soll bis 2020 nach Angaben von Industrieminister Joan Clos auf über 40 Prozent wachsen. Bei der Gewinnung von erneuerbaren Energien, die vor allem seit dem Amtsantritt von Regierungschef Zapatero ausgebaut wird, werden die Spanier sogar Deutschland übertreffen, das bis 2020 einen Anteil von 18 Prozent anstrebt. Dabei müsse man allerdings berücksichtigen, so Michael Müller, dass in Spanien aufgrund klimatischer Bedingungen andere Voraussetzungen herrschten als in Deutschland.

Müller, Mitglied der deutschen Delegation bei der Klimakonferenz in Bali, war bereits einige Tage vor den eigentlichen Regierungskonsultationen nach Mallorca gereist. Am Mittwoch kam er auch mit Wissenschaftlern der Balearen-Universität zusammen, um mit ihnen über die Folgen der Klimaveränderungen zu sprechen, die sich seiner Ansicht nach bereits jetzt auf den Inseln abzeichnen.