Die Überschrift war nicht besonders originell, aber dennoch lief es manch einem Makler kalt den Rücken herunter. "Malle für alle", titelte Ende Juli das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" einen Bericht über die Krise auf dem spanischen und britischen Immobilienmarkt. "Verzweifelte Verkäufer" würden mittlerweile "routinemäßig" bis zu 30 Prozent Preisnachlass gewähren. Kurz zuvor hatte auch die Konkurrenz vom "Focus" Wohnungen auf Mallorca für deutsche Erstkäufer wieder für "erschwinglich" erklärt.

Ist es tatsächlich schon so weit? Purzeln jetzt die über Jahre hinweg rasant gestiegenen Preise für Ferien­wohnungen, Fincas und Villen? Eher nicht, zumindest nicht auf breiter Front. Von der MZ befragte Mitarbeiter, Geschäftsfüh­rer und Vorstände ausländischer Immobi­lienunternehmen auf der Insel gehen nach wie vor davon aus, dass sich der Markt für Zweitwohnsitze auf hohem Niveau stabilisieren wird.

Dabei sind bestimmte Immobilien in bestimmten Lagen heute durchaus günstiger als noch vor einem Jahr. Sowohl in Palma als auch östlich der Inselhauptstadt, im Großraum Llucmajor, lasse "sich sehr wohl über den Preis sprechen", wie es Lutz Minkner ausdrückt, der in Llucmajor zusammen mit seiner Frau wohl nicht zufällig Ende August ein neues Minkner & Partner-Büro eröffnen will. Auch die Konkurrenz von Kühn & Partner wirbt in dieser Region offensiv um preisbewusste Kundschaft, etwa mit Villen, die "30 bis 40 Prozent" billiger seien als im Südwesten, so Geschäftsführer Bernd Katzmarcik.

Abschläge kann es auch auf Ferien­wohnungen und Reihenhäuschen in anderen Gemeinden geben - zumindest auf jene, in denen weder Lage noch Zustand optimal sind. ?Die B-Lagen gehen nicht mehr so gut", stellt Andreas Heider fest, Geschäftsführer von Engel & Völkers für die Balearen. In einem von ihm verantworteten Halbjahresbericht ist von Preissenkungen von ?mindestens zehn Prozent" im unteren Marktsegment die Rede.

"Unteres Marktsegment": In der Welt der großen Immobilienunternehmer Mallorcas sind das Wohnungen und Häuser für unter oder etwas über eine Million Euro. Aus vier Gründen laufen hier die Geschäfte aus Verkäufer- und Maklersicht nicht mehr so gut wie früher: Weil es Überschneidungen mit dem krisengeschüttelten spanischen Erstwohnsitz-Markt gibt, weil ein sehr hohes Preisniveau erreicht ist, weil die Banken nicht mehr so großzügig finanzieren, und weil es kaum noch britische Käufer gibt.

Spanien schlittert zurzeit in eine aller Voraussicht nach lange und schwere Wirtschaftskrise: Die Immobilienblase ist geplatzt, die Baubranche fällt als Wachstumsmotor aus, die Arbeitslosigkeit und die Preise steigen, immer mehr Menschen können ihre Schulden nicht mehr zahlen und ihre Hypotheken nicht mehr tilgen. Besonders betroffen ist der sogenannte kleine Mann mit seinem zumeist zu variablen Zinssätzen erstandenen piso, seiner kleinen Eigentumswohnung. Umso mehr sich die Krise verschärft, umso mehr werden aber auch einkommensstärkere Schichten betroffen sein - und womöglich dazu gezwungen, Immobilien abzustoßen. ?Wenn es in einer Straße mit Häusern für eine Million Euro einen gibt, der für 800.000 verkaufen will oder muss, hat das natürlich Auswirkungen auf den Preis der anderen Immobilien", erklärt einer der befragten Makler.

Eigentlich eine gute Gelegenheit zum Kauf, doch auch dieses Geld muss erst einmal aufgebracht werden. ?Die Preise haben in den vergangenen Jahren ein Niveau erreicht, wo es nicht mehr so einfach ist, Käufer zu finden", gibt ein Unternehmer zu. Zumal die Banken nicht mehr mitspielen. Die Zeiten, in denen auch ausländische Käufer ihren Immobilienerwerb auf Mallorca großzügig finanzieren lassen konnten, sind vorbei. Wenn sie überhaupt noch einen Kredit bewilligen, korrigieren die Banken den Schätzwert der Immobilien mittlerweile drastisch nach unten. "Neulich rechnete jemand mit einem Verkaufserlös von drei Millionen Euro, der Schätzwert belief sich dann aber nur auf 1,5 Millionen Euro", erzählt eine Bankangestellte in Port d´Andratx. "Früher war es umgekehrt, früher wurde mit überzogenen Schätzwerten - Wie viel brauchen Sie denn? - hundert Prozent und mehr einer Immobilie finanziert", sagt ein Makler.

Und schließlich bleiben auch noch die Briten - traditionell nach den Deutschen die zweitwichtigste Residentengruppe auf Mallorca - dem Markt fern. Sie haben ihre eigene Immobilienkrise zu bewältigen und mit einem Wechselkurs zu kämpfen, der jeden Kauf in Spanien um über 20 Prozent verteuert.

Großes Angebot also bei geringer Nachfrage. Wer trotzdem zuschlagen kann und will, ist im Vorteil: ?Es ist ein Käufermarkt", sagt Heidi Stadler, Geschäftsführerin von First Mallorca, die sich ebenso wie ihre Kollegen über die psychologische Komponente, die ?gefühlte Krise", Gedanken macht. ?Es kann passieren, dass einzelne Eigentümer nun in Panik geraten. Sie wähnen sich in Pompeji und nebenan grummelt der Vesuv", drückt es einer der Gesprächspartner bildlich aus.

Und dennoch: Schnäppchen gibt es trotzdem nicht, darin sind sich alle einig: ?Wenn Sie von einem Schnäppchen hören, sagen Sie uns Bescheid, das schauen wir uns sofort an", sagt Andreas Heider von First Mallorca. In den begehrten Lagen des Südwestens oder Nordostens kann von Rabatten keine Rede sein. Dort ziehen die Preise wohl auch im Krisenjahr 2008 weiter an, dort hat weiter Gültigkeit, was seit Jahr und Tag den balearischen Immobilienmarkt anheizt: Das Angebot an Meerblick und weitläufigen Grundstücken ist begrenzt, die Nachfrage groß. Weil die Insel so gut zu erreichen ist, weil sie so schön ist und ?weil die anderen alle schon da sind", wie vor Jahren einmal das ?Manager Magazin" über zahlungskräftige Unternehmer auf der Insel bemerkte. Besonders im oberen Preissegment laufen die Verkäufe weiter gut - abzulesen beispielsweise an den vielen Einweihungspartys diesen Sommer. ?Oberes Preissegment": In der Welt der großen Immobilienunternehmer Mallorcas sind das Wohnungen und Häuser für über drei Million Euro. ?Dieser Markt ist kerngesund", stellt Heidi Stadler von First Mallorca fest.

Damit das auch so bleibt, wird tatkräftig nach neuen Käufern gesucht. Bis vor kurzem wurde viel auf reiche Russen gesetzt. Doch da ist Ernüchterung eingekehrt: ?Das ist eine gar nicht so einfache Nummer, bis die dann mal kaufen", ­seufzt der Moskau erfahrene Lutz Minkner. Also wird um andere geworben. Von Skandinaviern und Schweizern ist jetzt viel die Rede.

Kaum verhohlene Freude bereitet den großen Maklerfirmen indes die Aussicht auf eine Marktbereinigung unter den kleineren: ?Über 20 Agenturen in Port d´Andratx - damit ist nun bald Schluss", prophezeit Bernd Katz­marcik von Kühn & Partner.