Wenn die ersten Urlauber auf Mallorca eintreffen, gehen auch viele Saisonarbeiter auf der Insel zunächst in Urlaub - gezwungenermaßen. Denn die Zurückhaltung bei den Reservierungen und der zögerliche Start in die Sommersaison lässt in diesem Jahr viele Hoteliers bei der Personalplanung zögern, wie der Vorsitzende der Hoteliersvereinigung auf Mallora (FEHM), Antoni Horrach, bestätigt. Ein beträchtlicher Teil der Saison-Angestellten muss deswegen den Urlaubsanspruch schon zu Vertragsbeginn einlösen - und so den lauen Saisonstart überbrücken.

Obwohl Ostern auf einen vergleichsweise späten Termin fiel, blieben viele Hotels geschlossen - oder öffneten nur für die Feiertage. Inselweit hatten nach Angaben der Hoteliersvereinigung nur 72 Prozent geöffnet. Im vergangenen Jahr hatten zu den Feiertagen bereits 78 Prozent der Häuser den Betrieb aufgenommen. Und obwohl den Touristen weniger Hotelzimmer zur Verfügung standen, waren diese geringer ausgelastet als zu Ostern 2008. Gebucht wurden 65 Prozent der verfügbaren Zimmer - vor einem Jahr waren es 70 Prozent.

Die Ungewissheit bekommen derzeit besonders die Saisonarbeiter zu spüren. Das Problem betrifft vor allem die fijos-discontinuos - fest angestellte, aber nicht ständige Mitarbeiter. Ginés Díez von der Gewerkschaft Comisiones Obreras (CCOO) schätzt ihre Zahl auf den Balearen auf rund 40.000. Damit die fijos-discontinuos im Winter für vier Monate Arbeitslosengeld in voller Höhe beziehen können, müssen sie in zwei Jahren mindestens zwölf Monate angestellt sein.

Pro Jahr muss also sechs Monate gearbeitet werden - und damit könnte es in diesem Jahr knapp werden. Denn richtig los mit der Sommersaison gehe es dieses Jahr in vielen Hotels erst im Mai. Und die staatlichen Initiativen, die Nebensaison mit Programmen für Seniorenreisen zu beleben, hätten im vergangenen Winter noch keinen sichtbaren Erfolg gehabt. ?Wenn die Mindestzeiten nicht eingehalten werden sollten, wird es auf der isla de la calma einen heißen Herbst geben", prophezeit Díez. Er befürchtet eine Flut von Anzeigen vor den Arbeitsgerichten, falls Mallorcas wichtigster Jobmotor ins Stottern kommen sollte.

Am stärksten betroffen vom Rückgang der Urlauber waren in der Osterwoche Hotels in den britischen Urlauberhochburgen Palmanova und Magaluf: Es öffneten nur 31 der insgesamt 91 Hotels, zwölf weniger als im Vorjahr. Und trotzdem ging die Auslastung leicht zurück. Während es an der Playa de Palma dank der deutschen Touristen ähnlich gut läuft wie im vergangenen Jahr, ist auch die Situation im Zentrum Palmas gravierend: Dort sind zwar praktisch alle Hotels geöffnet, aber im Gegensatz zum vergangenen Jahr nur zu knapp 40 statt zu 60 Prozent ausgelastet.

Die Hoteliers müssen deswegen bei der Personalplanung Kreativität zeigen - zum Beispiel beim Urlaubsanspruch. ?Den Saisonkräften im Hotel wird der Urlaub normalerweise ausgezahlt", sagt Joan Espina, Sprecher der Hoteliersvereinigung Palmanova-Magaluf. ?Wenn es aber nicht genug Arbeit gibt, bestehen die Hoteliers darauf, dass der Urlaub auch genommen wird." Bei sechs Monaten Arbeit sind das bei einem Jahresurlaub von 35 Tagen immerhin 17,5 Tage Manövriermasse, die nun in einigen Hotels ausgeschöpft werden müssten, bis es voraussichtlich in der zweiten Maiwoche richtig losgehe, so Espina. Betroffen seien alle Angestellten im Hotel mit Ausnahme vielleicht der Rezeption, die unabhängig von der Auslastung beständig im Dreischicht-Betrieb besetzt sein müsse. Von dem unfreiwilligen Urlaub dürfte nach Einschätzung von Díez von der Gewerkschaft CCOO rund ein Drittel der Saison-Jobber in Mallorcas Urlaubsbranche betroffen sein.

Die wahren Opfer der derzeitigen Unwägbarkeiten seien jedoch die Aushilfskräfte, die kurzfristig eingestellt würden, sagt José García von der Gewerkschaft UGT. Schließlich könnten die trabajadores temporales im Gegensatz zu den fijos-discontinuos keine gesetzlichen Ansprüche auf Mindestzeiten geltend machen. Der Gewerkschaftler geht davon aus, dass auf jeden festen Angestellten zwei Aushilfskräfte kommen: ?Sie müssen von einem Hotel zum nächsten wechseln, obwohl sie im Grunde die gleiche Arbeit wie die Festangestellten verrichten."

Und es gibt nachweislich weniger Jobs. ?Um diese Jahreszeit hatten wir im vergangenen Jahr schon die ersten Angebote von Arbeitgebern vorliegen", sagt Marga Ramis von der Job-Agentur Flexiplan. ?2009 hingegen kam noch nichts herein." Betroffen seien Kellner und Köche genauso wie Zimmermädchen oder andere Jobs in den Hotels. Kaum retten könne man sich dagegen von Jobanwärtern, die ihren Lebenslauf abgeben, sagt Ramis. Es zeige sich, dass nun auch Arbeitslose anderer Branchen ihr Glück im Tourismus suchten.

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