Für Giesbert Okrafka aus Köln bedeuten ein paar Tage Segelurlaub mit seinen Freunden rund um Mallorca optimale Entspannung. Vergangene Woche war er wieder hier, mietete sich mit drei Kumpels in Palma eine 43-Fuß-Yacht und ließ sich dann von der Sonne seinen Ankerplatz diktieren. „Wir waren je nach Wetterlage unterwegs und sind fast jeden Tag schön essen gegangen. Wir setzen uns keine hohen sportlichen Ziele, sondern machen das urlaubsmäßig", sagt der 46-jährige selbstständige Fliesenleger. In den balearischen Gewässern die Seele baumeln lassen, sei zudem momentan in der Nebensaison noch bedeutend günstiger als im Hochsommer. Der Flug kostete 150 Euro, die Bootsmiete 1.700 Euro und ihre Urlaubskasse für Essen an Bord, Restaurants und Bars füllten die Freunde mit insgesamt 1.000 Euro auf.

Okrafka will auf jeden Fall wiederkommen.

So wie er finden immer mehr Urlauber Spaß am Segeltörn im Mittelmeer zwischen Mallorca, Menorca, Ibiza und Formentera. Während die Tourismusbranche im Allgemeinen unter der Wirtschaftskrise leidet, stehen die Zeichen der Yachtvercharterer auf den Balearen auf Expansionskurs. Allein in den vergangenen vier Jahren hat sich die Zahl der Unternehmen in dem Bereich um ein Drittel erhöht. Mit insgesamt 99 Yachtcharter-Firmen und einer Flotte von rund 1.440 Booten liegen die Balearen auch innerhalb Spaniens vorne. Die Firmen auf den Balearen machen nun 43 Prozent der Yachtcharter-Unternehmen im ganzen Land aus. Auch die Deutschen mischen dabei kräftig mit. Mehrere Unternehmen mit jeweils rund 20 Charteryachten sind auf Mallorca in deutscher Hand wie etwa Nautikonrad, Sun Charter, Yates Alemanes oder K.P. Winter.

"Die Branche ist stark in Bewegung", sagt Margalida Payeras. Die Wissenschaftlerin der Balearen-Universität ging der Entwicklung des Yachtcharter-Tourismus auf den Inseln mit einer Studie auf den Grund. Nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2003 mit Datensätzen aus dem Jahr 2001 ist es erst die zweite Studie überhaupt zu dem wachsenden Tourismuszweig auf den Balearen. Payeras und ihre Kollegen zogen ihre Schlüsse aus Datensätzen des spanischen Yachtcharter-Verbandes und Informationen von Charter-Unternehmen auf den Inseln. Außerdem befragten sie im vergangenen Jahr in der Zeit zwischen Juli und Oktober 162 Besatzungen von Charter-Booten auf den Balearen.

Dabei ergaben sich viele positive Ergebnisse: So hat sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Yachtcharter-Gäste seit der letzten Datenerhebung im Jahr 2001 um einen halben Tag auf insgesamt knapp zwölf Tage verlängert. Der typische Strand-Tourist bleibt dagegen durchschnittlich nur zehn Tage. Bei ihren Ausgaben liegen die Charter-Urlauber sogar noch vor den Golf-Touristen (siehe Kasten). Im vergangenen Jahr gaben die Yacht-Touristen insgesamt knapp 210 Millionen Euro auf den Inseln aus und trugen damit zum Erhalt der rund 870 offiziellen Arbeitsplätze in der Branche bei. Insgesamt, so Kenner der Szene, finden im Yachttourismus jedoch noch viel mehr Menschen Beschäftigung.

An den Mittelmeerinseln schätzen die Touristen vor allem die Schönheit der Küsten, das Klima, die gute Erreichbarkeit des Basishafens und die Infrastruktur im Hafengebiet. Die Deutschen machen unter den Yachtcharter-Gästen den Löwenanteil aus. Von insgesamt 104.546 Yachtcharter-Touristen im Jahr 2008 waren fast 35 Prozent Deutsche, gefolgt von Spaniern mit gut 24 Prozent und Briten mit fast 17 Prozent. Zunehmend Geschmack am Segeln finden aber auch Dänen, Österreicher, Schweizer und in Spanien lebende Argentinier.

Den Unternehmen der Branche wird durchweg ein gutes Zeugnis ausgestellt. Laut den befragten Charter-Touristen ist der Service der Mitarbeiter, die Sauberkeit und der Zustand der Boote positiv. Großer Kritikpunkt ist allerdings der Mangel an Liegeplätzen. Damit sind sich die Urlauber mit den Charter-Unternehmern einig. „Die knappen Liegeplätze auf den Balearen sind ein Problem. Noch größere Schwierigkeiten machen uns allerdings die steuerlichen Nachteile, die wir in Spanien im Vergleich zu Mitbewerbern in Frankreich und Italien haben. Was die Gesetzeslage angeht, stehen wir in Europa am schlechtesten da", sagt Cristina Sastre, die Vorsitzende des spanischen Verbands für Charter-Unternehmen. Sastre betreibt auf Mallorca die Charter-Firma Cruesa. Sie setzt sich vehement für eine Senkung der Mehrwertsteuer in dem Bereich ein. „Das ist nichts Exklusives, sondern eine Sport- und Freizeitaktivität."

Außerdem verlangt sie eine Abschaffung der Zulassungssteuer für Yachten, die länger als 15 Meter sind. Diese liegt in Spanien bei zwölf Prozent des Preises. Wegen der höheren Ausgaben seien auch die Preise der Anbieter auf den Balearen oft höher als in anderen Segelrevieren. Die Unternehmen klagen allerdings auch über die hohen Preise, die für die Liegeplätze verlangt werden. Die Vorgaben dazu macht die Hafenbehörde. „Ein ganzjähriger Liegplatz für eine 15-Meter-Yacht kann hier im Jahr 14.000 Euro und mehr kosten. Das wird für Charter-Firmen schnell unwirtschaftlich. Auf dem Festland ist es halb so teuer", sagt Ulf Möbius von Nautikonrad. Auch seine Kunden bekommen die saftigen Gebühren zu spüren, wenn sie mit ihrer Charteryacht in balearischen Häfen anlegen. „Da kann je nach Saison eine Nacht 250 bis 300 Euro kosten."