Schwindler, Blender, Bauernfänger. Mallorca, und speziell das deutsche Milieu der Insel, hat nicht gerade einen Ruf für faire und ehrliche Geschäfte. Da werden die Leute über den Tisch gezogen, da treiben Betrüger ihr Unwesen. Oft wird dabei das fehlende Wissen und die

Unsicherheit von Neuankömmlingen ausgenutzt. Wie das funktioniert, zeigt die Geschichte um die Auswanderungsagentur New Life, die hier erzählt werden soll.

Monika Müller und ihr Mann Chris­tian (Namen geändert) hatten sich im Urlaub in Mallorca verliebt. Zu Hause in Schwaben lief es schlecht. Die selbstständige Grafikdesignerin (27) hatte wenig Aufträge, ihr Mann (43) wurde auf Kurzarbeit gesetzt. Die Müllers fingen an, mit der Vorstellung eines Neuanfangs auf der Insel zu spielen. Im Internet hatten sie die Seite www.mallorca-

auswandern.com entdeckt. Mit dem Hinweis auf ein „Orga-Büro" am Kurfürstendamm in Berlin und einer „Erfolgsrate von 98,5 Prozent" versucht sich die Firma New Life dort als besonders toller Auswanderungshelfer darzustellen.

Nicht ohne Erfolg. „Das sah so seriös aus", erinnert sich Monika Müller an ihren ersten Eindruck. Auch das als Informa­tion verkleidete Wortgeklingel über Mallorca als Schlaraffenland verfehlte seine Wirkung nicht. Die Müllers entschlossen sich, von einem New-Life-Coach bei ihrer Auswanderung unterstützen zu lassen. Das Paar, das bislang kaum Spanisch sprach, erhoffte sich davon einen leichteren Start und befolgte so einen Rat auf der New-Life-Internetseite: „Machen Sie keine Reise ins Ungewisse, handeln Sie verantwortungsbewusst. Mallorca ist ein Traum, der wahr werden kann, aber nur mit der richtigen und professionellen Planung."

Zur Erstberatung im heimischen Wohnzimmer rückte keiner der „239 qualifizierten und hoch motivierten Berater" an, sondern gleich der Chef persönlich. New-Life-­Inhaber Guido Cordes nahm sich drei Stunden Zeit für die Müllers. Der knapp 40-jährige, untersetzte Mann mit Glatze flößte Vertrauen ein. Heraus kam ein Coaching-Vertrag über 1.500 Euro. New Life versprach, den Müllers insgesamt zwei Jahre lang mit Rat und Tat zur Seite stehen. Cordes wollte den Müllers etwa ihre NIE-Nummer beantragen, sie bei der Auto- und Jobsuche sowie Ämtergängen unterstützen und einen Kredit für sie beantragen. Den vage gehaltenen Vertrag ergänzten mündliche Vereinbarungen.

„Eingehalten hat Herr Cordes überhaupt nichts", ärgert sich Monika Müller heute. Statt einer Lösung der Alltagsprobleme habe ihnen ihr „Auswanderungs-Coach" nur zusätzliche Schwierigkeiten bereitet. Als sie im Oktober nach Capdepera zogen, bekam Monika Müller ihr NIE-Dokument fehlerhaft mit ihrem Mädchennamen, die Autosuche der Müllers unterstützte Cordes lediglich mit dem Verweis auf Internetseiten. Die persönliche Vor-Ort-Unterstützung bei der Installation des Festnetz-Anschlusses habe er ausfallen lasssen. Das versprochene Darlehen kam nicht. „Wir haben ihm zu sehr vertraut und hatten dann statt Unterstützung nur Mehrkosten", klagt Müller. So bezahlten sie etwa wochenlang einen Mietwagen, weil aus dem ­Autokauf mit Cordes nichts wurde. Ihr Berater, der laut Angaben auf seiner Internetseite rund um die Uhr für sie da sein sollte, war plötzlich kaum mehr erreichbar. Die Müllers verlangten ihre Anzahlung von 600 Euro wegen nicht erbrachter Leistung zurück. Ohne Erfolg.

Ähnlich wie den Müllers erging es Sandra und Thomas Schulz (Namen geändert), die im Mai 2008 von Nordrhein-Westfalen nach Mallorca zogen. Auch sie hatten bei Cordes professionelle Unterstützung gebucht. „Wir waren damals etwas ängstlich, wir konnten nur etwas Ferienspanisch und wollten es uns möglichst einfach machen", erinnert sich Thomas Schulz (37). Doch ihre NIE-Nummern, für deren Besorgung sie pro Person 70 Euro gezahlt hatten, erhielten sie nie. Die Wohnungs- und Bewerbungsunterstützung für 445 Euro bestand lediglich darin, dass die Profile der beiden in fehlerhafter Form auf die New-Life-Internetseite gestellt wurden. „Das war absolut unzuverlässig. Wenn ich heute das Wort Auswanderungshelfer höre, wird mir übel", sagt Sandra Schulz (33), die sich trotz der Anfangsprobleme mit dem selbst ernannten Auswanderungsprofi mittlerweile eine Existenz auf Mallorca aufgebaut hat. Nach mehreren Aufforderungen hatte ihnen New Life die Rückzahlung des Geldes versprochen, doch tatsächlich überwiesen wurde nie etwas. Guido Cordes haben die beiden Residenten als jemanden in Erinnerung, „der viel redet, bei dem aber nichts herumkommt". Seine Warnungen vor der Bürokratie finden sie heute lächerlich. „Wir wurden auf jeder Behörde freundlich empfangen und bekamen überall, was wir wollten." Besonders bitter aber erscheint ihnen im Nachhinein folgender Rat von Cordes: „Seien Sie vorsichtig mit Geschäften mit Deutschen auf der Insel."

Enttäuscht und verärgert sind nicht nur Cordes´ Kunden, sondern auch Mitarbeiter und Partner. ­Bianca Barreck aus Sa Ràpita, die im Frühjahr 2008 als freie Mitarbeiterin bei Cordes angefangen hatte und für ihn Insel-­Neulinge betreute, erinnert sich an chaotische Zustände. „Wir haben uns nur einmal persönlich getroffen, dann war er nur noch per E-Mail erreichbar, und schließlich gar nicht mehr." Barreck wurde nie bezahlt, ihren Kunden half sie trotzdem weiter. Sie dolmetschte für eine Familie beim ersten Besuch im Kindergarten, besorgte in Eigenregie Informatio­nen. „Die Leute taten mir leid, sie konnten ja nichts dafür. Ich glaube, der sucht sich immer besonders gutmütige Menschen, um sie auszunutzen." Als Barreck von einer weiteren Mitarbeiterin erfuhr, die keinen Lohn erhalten hatte, gab sie den Nebenjob wieder auf.

Auch ein in Palma niedergelassener deutscher Anwalt bereute es, sich mit Cordes eingelassen zu haben. Klaus Steiner (Name geändert) half im Jahr 2007, Cordes´ New Life Mallorca S.L. zu gründen. Eigentlich wollte Steiners Büro auch die Buchhaltung für New Life übernehmen, doch sein Mandant, der laut seinen Dokumenten britischer Staatsbürger ist, meldete sich lange Zeit nicht mehr. Dann kam auf einmal Dieter ­Birth aus Magdeburg auf den Anwalt zu. ­Birth suchte nach Informationen zu Cordes´ Hintergrund. Der Magdeburger hatte den New-Life-Geschäftsführer 2007 unter dem Namen Dr. de Groth kennengelernt. Birth brauchte damals einen Nebenverdienst, de Groth bot ihm eine Tätigkeit als Vermittler von Krediten in Deutschland an. Cordes alias de Groth sprach von einer Gesellschaft WPG auf Mallorca, die im Auftrag der amerikanischen „Park Avenue Bank" Kredite bis zur Höhe von 900.000 Euro zu günstigen Konditionen vergab. Die insgesamt 24 Kunden inklusive seiner eigenen Ehefrau, die Birth dafür fand, überwiesen für ihre Darlehen insgesamt rund 34.000 Euro an „Bearbeitungsgebühren" und „Versicherungen" auf Konten von Cordes bei der Bank Sa Nostra. Danach bekam ­Birth Dr. de Groth, den er zuvor zwei Mal persönlich getroffen hatte, nicht mehr ans Telefon. Die versprochenen Darlehen kamen nie.

Birth fing an zu recherchieren. Dr. de Groth hatte ihm von seiner Auswanderungsagentur New Life erzählt. Auf der Internetseite fand er als Geschäftsführer einen Guido Cordes und unter der Geschäfts­adresse in Palmas Zentrum das Büro von Rechtsanwalt Steiner. Guido Cordes war Dr. de Groth. In Deutschland stellte Birth Straf­anzeige, doch die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren mit dem Hinweis darauf ein, dass das Geschäftsgebaren von de Groth von den Geschädigten als unseriös erkannt hätte werden müssen. Steiner stellte Cordes zur Rede. „Er wurde rot und stritt es nicht ab. Er versprach, die Sache in Ordnung zu bringen." Doch keiner der Betroffenen bekam wieder sein Geld zurück.

Cordes, der derzeit in Deutschland auch als Immobilienmakler unterwegs ist und für die Balearen und die Kanaren eine neue Internetseite gestartet hat (www.fairdeal24.es), war trotz wiederholter Anfragen für die Mallorca Zeitung unter keiner seiner Telefonnummern oder E-Mail-Adressen seines „Kontakt-Centers" erreichbar.

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

– Interview mit Konsul Wolfgang Wiesner: „Solche unseriösen Angebote kannte ich vorher nur aus Kenia"

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