„Nein, das kann gar nicht sein, dass so viele schlechte Personen in der UM sind", sagen Sebastiana und Guillermo Ginard. Die Eltern des früheren UM-Bürgermeisters des Orts stehen in ihrem Blumenladen an der Hauptstraße von Campos und verteidigen ihre Uniò Mallorquina. Die Festnahmen bekannter Parteigrößen und das Bekanntwerden von immer mehr Korruptionsskandalen innerhalb der UM sind für sie Zeichen eines politischen Komplotts gegen die regionale Kleinpartei. „Da will ein großer Fisch den kleinen fressen", sagt die Mutter von Guillem Ginard. Die Ginards sind keine Aktivisten, aber sie wollen der UM auch bei den nächsten Wahlen die Treue halten. „Weil es eine gemäßigte und vernünftige Partei der Mitte ist", sagen sie. Die Vorwürfe, dass die UM keine programmatischen Inhalte habe, sondern lediglich clientelismo, also die Bedienung persönlicher Interessen mit öffentlichen Finanztöpfen verfolge, tun sie als Verleumdung ab.

Auch der Zeithistoriker Antoni Marimon nimmt die krisengeschüttelte Partei in Schutz. „Natürlich haben sie ihre Macht missbraucht. Aber die UM als reine Klüngel-Partei zu sehen, wäre übertrieben", meint der Wissenschaftler der Balearen-Universität (UIB), der ein Buch zu den Ursprüngen des Nationalismus auf Mallorca veröffentlicht hat. Im politischen Spektrum der Insel sei die UM das Sammelbecken für die konservativen Nationalisten, wobei mit Natio­nalismus die Bewahrung und Pflege der mallorquinischen Sprache und Kultur gemeint ist. Bei Vergleichen mit der deutschen Parteienlandschaft wird oft die CSU oder auch die FDP herangezogen. Denn in ihren Anfängen war die UM laut Marimon bei weitem weniger nationalistisch ausgerichtet als heute.

Ein Vorläufer der heutigen UM wurde in der Übergangszeit der spanischen Demokratie 1977 mit der Uniò Autonomista gegründet. Vorsitzender war Josep Melià, Vater des gleichnamigen heutigen UM-Parteivorsitzenden. Deren Wählerschaft ging aber bald darauf in der damaligen großen Mitte-Partei UCD auf. 1982 schließlich ging aus diesen Kreisen die Uniò Mallorquina hervor. Geführt wurde die Partei von Jeroni Alberti, dem Leiter des damaligen Consell General Interinsular, die Vorgänger-Institution der Balearen-Regierung. Bei den ersten Wahlen auf Ebene der Autonomen Regionen in Spanien schaffte die UM auf Anhieb mehr als 15 Prozent, ein Ergebnis, das sie nie wieder erreichen sollte. Immer blieb die Partei jedoch Zünglein an der Waage. Mit einem Stimmenanteil von unter sieben Prozent war sie jedoch bis vergangenen Freitag (5.2.) stets an der Balearen-Regierung beteiligt. 1983 und 1987 ging sie Koalitionen mit der AP, der Vorgängerpartei der PP, ein. 1988 stürzte die Partei nach dem Rücktritt von Alberti in eine Krise, viele Mitglieder verließen die Partei.

Es folgte der Aufstieg der heutigen Parlaments­präsidentin ­Maria Antònia Munar. Sie wagte es, sich von der PP abzuwenden, suchte erstmals Bündnisse mit Sozialisten und der linksregionalen Partei PSM. Insgesamt 15 Jahre, bis Ende 2007 war sie Parteivorsitzende. Gleichzeitig regierte sie ab 1995 als Präsidentin den Inselrat. Im Jahr 1999 verhalf die UM mit dem ersten Fortschrittspakt erstmals den Sozialisten zur Macht in der Balearen-Regierung. Vier Jahre später bildete sie wieder mit der PP die Regierung. „Da begannen die gro­ßen Fehler der UM, sie hielten sich für unbesiegbar, glaubten, sie würden ihre Macht nie verlieren", sagt Marimon. Mit ihrem damaligen Koalitionspartner, der PP, teile die UM den Mangel an Unrechtsbewusstsein. „Ihnen fehlt die Kultur, als Politiker dem Wohl des Volkes zu dienen." Marimon führt dies zumindest zum Teil auf das Erbe der fast vier Jahrzehnte langen Franco-Diktatur in Spanien zurück.

Am beliebtesten ist die UM auf Mallorca in Porreres und Ariany. In diesen Gemeinden erreichte die Partei bei den vergangenen Gemeinderatswahlen die absolute Mehrheit, hohe Anteile bekam sie auch in Banyalbufar, Campos, Alcúdia und Pollença. Beobachter prophezeien der Partei nach dem Hinauswurf aus Regierung und Inselrat den baldigen Zerfall. Denn: Wenn kein Geld mehr zu verteilen ist, wer braucht sie dann noch? Böse Stimmen behaupten, die Partei habe nur Anhänger, die persönliche Vorteile aus der Verbindung mit der UM schlagen oder ein Familienmitglied in der Partei haben. Andere wiederum halten den vor wenigen Wochen gewählten neuen Parteivorsitzenden Josep Melià für den richtigen Mann, um die UM nach der großen Krise zu einem glaubwürdigen Neuanfang zu verhelfen.

In der Printausgabe vom 11. Februar (Nummer 510) lesen Sie außerdem:

– Eine große Analyse der Regierungskrise auf den Balearen: Antich, Armengol und Calvo entziehen der UM die Macht

– Eine Übersicht über die umbesetzten Ministerien der neuen Minderheitsregierung

– Ein Porträt der neuen Tourismusministerin Joana Barceló

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