In den monatelangen Ermittlungen gegen Matas auf Mallorca hat sich ein gewaltiger Fragenkatalog angesammelt, der nun in diesen Tagen abgearbeitet werden muss. Dabei geht es um die Herkunft von Matas´ Vermögen und den Kauf seiner Luxuswohnung genauso wie um das Megaprojekt Palma Arena. Die Kosten für den Prestige-Bau, in dem 2007 die Bahnrad-Weltmeisterschaften ausgetragen wurden, waren auf über 100 Millionen Euro gestiegen – mehr als das Doppelte als geplant. Die MZ stellt die wichtigsten Fragen zusammen.

Haben Sie bei der Ausschreibung zum Bau der Palma Arena getrickst?

Hintergrund: Darauf deuten die Unterlagen der beteiligten Unternehmen Melchor Mascaró und FCC hin. Dort wusste man offenbar schon vor offizieller Auftragsvergabe darüber Bescheid, was zu tun sein würde. Der Generaldirektor für Sport, José Luis Ballester, wurde von Vertretern der Firmen schon im Vorfeld über nötige Budgetaufstockungen informiert. Dass dies mit Wissen und im Auftrag von Matas ablief, lässt sich aus den Aussagen von leitenden Angestellten in der Landesregierung ableiten.

Die Vorwürfe gehen noch weiter. So soll ein Millionen-Betrag einer beteiligten Baufirma von Matas´ Schwager Fernando Areal in einem Investment-Fonds (Sicav) angelegt worden sein. Die Ermittler wollen wissen, ob letztendlich Matas davon profitierte.

Warum haben Sie die Architekten für die Palma Arena nicht per öffentlicher Ausschreibung ausgewählt?

Die Stiftung Illesport schloss einen Vertrag mit dem deutschen Architekten Ralph Schürmann über ein Honorar von mehr als sechs Millionen Euro. Ein solcher Auftrag darf aber laut Gesetz nur in Ausnahmefällen ohne Ausschreibung vergeben werden. Schürmann erklärte schließlich, dass die Bauzeit zu knapp bemessen sei – die Palma Arena sollte zur WM im Frühjahr 2007 fertig werden. Daraufhin entließ Matas den deutschen Architekten und stellte die Brüder Luis und Jaime García-Ruiz ein – erneut ohne Ausschreibung. Die beiden hatten zuvor den Parteisitz der PP in Palma renoviert.

Warum bestanden Sie nicht auf einer Dokumentation der ausgeführten Arbeiten?

Aus den Rechnungen der neuen Architekten über mehr als acht Millionen Euro lassen sich die ausgeführten Arbeiten nur unzureichend rekonstruieren. Matas und Ballester fällten offenbar einsame Entscheidungen: Dokumentierte Sitzungen der verantwortlichen Gremien fanden gar nicht statt. Und die damalige Stellvertreterin von Matas, Rosa Estarás, sagte aus, dass ihre Unterschrift gefälscht wurde. Laut Aussage Schürmanns sind die Kosten in keiner Weise zu rechtfertigen – zumal im Nachhinein erhebliche Baumängel festgestellt wurden. Der internationale Radsportverband stufte die Anlage als nicht wettkampftauglich ein.

Woher stammte das Geld, mit dem die PP im Jahr 2007 den Wahlkampf bezahlte?

Während im Projekt Palma Arena immer höhere Beträge verschwanden, floss im Wahlkampf der PP offenbar Schwarzgeld. Das zumindest hat Miguel Romero, der Besitzer der beauftragten PR-Agentur Nimbus, gestanden. Er habe 71.000 Euro schwarz von Fernando Areal erhalten, dem PP-Schatzmeister und Schwager von Matas. Während Nimbus Aufträge für die PP-Wahlwerbung kostenlos oder zum Selbstkostenpreis ausführte, erhielt die Agentur im Gegenzug großzügige Aufträge der balearischen Landesregierung, etwa die Werbekampagne für die Bahnrad-WM. Die Aufträge wurden gestückelt in Beträge von 12.000 Euro, um eine öffentliche Ausschreibung zu umgehen.

Warum haben Sie eine Luxuswohnung in Palmas Altstadt zum Schnäppchenpreis erhalten?

Die im Volksmund bereits palacete (wörtlich: Palästchen) getaufte luxuriöse Altstadtwohnung mit mehr als 500 Quadratmetern ist laut Steuerbehörde 2,5 Millionen Euro wert. Matas und seine Frau kauften sie jedoch im April 2004 für 900.000 Euro. Diesen Betrag kann Matas mit dem Erlös aus dem Verkauf eines Hauses in Cas Catalá belegen. Bei den Ermittlungen beschlagnahmte Dokumente deuten jedoch auf Unterverbriefung hin: Ein Teil des in Wirklichkeit höheren Kaufbetrags wurde offenbar schwarz gezahlt.

Der Verdacht geht noch weiter. So wird nicht ausgeschlossen, dass Matas hinter einer Scheinfirma steht, die das gesamte Gebäude kaufte und renovierte. So sei es möglich gewesen, einen Kaufpreis festzulegen, den der Ex-Premier mit seinen offiziellen Einnahmen rechtfertigen konnte. Ein Indiz für diesen Trick ist auch, dass die offensichtliche Scheinfirma mit der Transaktion keinerlei Gewinn machte.

Wie kamen Sie an Ihr Bargeld?

Wie aus den Kontoauszügen von Matas aus den Jahren 2006 bis 2008 hervorgeht, hob der Balearen-Präsident in diesem Zeitraum insgesamt nur 450 Euro ab.

Woher hatten Sie also das Geld, das in die Renovierung und Ausstattung des „palacete" floss?

Die Handwerker haben inzwischen gestanden, mit Schwarzgeld bezahlt worden zu sein: 35.000 Euro für den Küchen-Installateur, ein ähnlicher Betrag für Dampfbad und Whirlpool, 46.000 für Elektroinstallationen, 25.000 für den Tischler, 15.000 für die Klimaanlage. Auch die Hightech-Fernsehgeräte wurden mit 500-Euro-Scheinen bezahlt. Geklärt werden muss zudem, wie Matas 30 zum Teil wertvolle Gemälde in der Wohnung oder die Sammlung teurer Weine bezahlte.

Woher hatte Ihre Frau Maite ­Areal das viele Geld für ihre Shopping-Touren?

Eine Cartier-Uhr für 12.894 Euro, ein Goldring für 5.000 Euro, eine brillantenbesetzte Rolex für 23.000 Euro – Maite Areal hat einen teuren Geschmack und bezahlte stets in großen Scheinen, wie die Boutiquenbesitzer in Palma der Polizei berichteten. Die Summen – dokumentiert sind mehr als 90.000 Euro – übersteigen das Gehalt, das Matas´ Frau als PR-Beraterin eines Hotels bezog. Es steht zudem der Verdacht im Raum, dass dieser PR-Job eine Gegenleistung für Vergünstigungen von Matas war.

Sind Sie der eigentliche Besitzer eines Apartments in Madrid und eines weiteren in Colònia de Sant Jordi?

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Matas und seine Frau die eigentlichen Besitzer eines im Jahr 2003 erworbenen Apartments in Madrid sind. Die 186 Quadratmeter große Wohnung ist offiziell auf den Namen von Bartomeu Reus eingetragen, einem Ex-Minister aus Matas´ Kabinett. Ausgewählt hatte das Apartment allerdings laut Zeugenaussagen Matas´ Frau. Die Renovierungsarbeiten übernahm die gleiche Firma, die auch für den palacete engagiert worden war. Die Ex-Frau von Reus wiederum sagte aus, von dem Wohnungskauf ihres damaligen Mannes erst später aus der Presse erfahren zu haben. Derzeitige Bewohner sind die Söhne von Matas und Areal – offiziell als Mieter zu einem Preis von 1.500 Euro pro Monat. Auch diese Wohnung ist luxuriös ausgestattet.

Ein im Jahr 2002 erworbenes Apartment in Colònia de Sant Jordi im Süden Mallorcas soll Matas ebenfalls gehören. Als Besitzerin eingetragen ist seine Mutter. Sie ist bereits über 80 Jahre alt und erhielt eine Hypothek der Bank mit einer Monatsrate über 1.245 Euro – das ist doppelt so viel wie die Rente der Seniorin. Die Beträge werden ihr jedoch laut den Bankauszügen monatlich von Matas überwiesen. Und die Auswahl der Wohnung traf laut Zeugen ebenfalls Maite Areal.

Haben Sie von einem TV-Produzenten Schmiergelder kassiert?

Das zumindest behauptet ein ehemaliger leitender Mitarbeiter des öffentlichen Balearen-Senders. Er hat ausgesagt, dass Matas aus den Händen des Fernsehproduzenten José Luis Moreno einen Umschlag mit 250.000 Euro erhielt – auf der Eröffnungsgala des Senders im Casino de Mallorca. Weitere Zeugen bestätigten, dass Moreno Aufträge zugeschasst bekam.

Wofür haben Sie dem Journalisten Antonio Alemany regelmäßig hohe Beträge bezahlt?

Der Redenschreiber, der Lobeshymnen über Matas in der Presse veröffentlichte, soll mehrere hunderttausend Euro erhalten haben. Da dies über den Umweg der Agentur Nimbus geschah, die offiziell für Kampagnen der Landesregierung Geld erhielt, wird wegen Veruntreuung und Dokumentenfälschung ermittelt.

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

Reportage: Abrechnung mit einem Ex-Premier

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