Nach Spaniens Titelgewinn bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika sind Autohupen und Tröten mittlerweile wieder verstummt. Doch es bleibt die Hoffnung, dass der Triumph außer einer langen Partynacht – wie in Palma, wo über 20.000 Menschen den Sieg der spanischen Mannschaft feierten – auch langfristig positive Folgen haben wird. Experten erhoffen sich nicht weniger, als dass der Titel zur wirtschaftlichen Erholung des krisengeschüttelten Landes beitragen wird. Spanien ist bekanntlich wie kaum ein anderes EU-Mitglied von der Wirtschaftskrise betroffen, die zu einer Arbeitslosenquote von 20 Prozent geführt hat. Nun könnte der WM-Erfolg dafür sorgen, dass die Spanier wieder mehr auf sich selbst vertrauen. „Die Leichtigkeit ist zurück", schrieb eine Kommentatorin von Spaniens größter Tageszeitung „El País". Tourismus- und Industrieminister ­Miguel Sebastián hatte bereits vor dem Finale orakelt, wenn Spanien das Finale gewinne, müssten die Schätzungen für das Bruttoinlandsprodukt korrigiert werden. Ökonomen der Amro-Bank halten ein zusätzliches Wachstum von bis zu 0,7 Prozent möglich. Sollte es sich tatsächlich einstellen, würde die spanische Wirtschaftskraft nicht mehr um 0,4 Prozent schrumpfen (so die Prognose des Internationalen Währungsfonds für 2010), sondern sogar ein wenig wachsen.

Vor allem in der Tourismuswirtschaft, die immerhin zehn Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts ausmacht, erwartet man sich Impulse für die bereits begonnene Hochsaison. „Der WM-Titel bedeutet viel mehr als der Gewinn eines Fußballspiels. Er kann die Marke Spanien stärken und sich auch noch kurzfristig auswirken", frohlockt José Luis Zoreda, der Präsident des Branchenverbandes Exceltur. Die Urlauber würden sich immer später entscheiden. Auch in dieser Saison hätten viele Menschen ihren Urlaub noch nicht gebucht. Die WM könnte jetzt die Wahl auf Spanien fallen lassen.

Genau darauf zielt eine Kampagne, die vom spanischen Fremdenverkehrsverband Turespaña betrieben wird. In den 25 wichtigsten Quellmärkten, darunter auch Deutschland, soll jetzt mit den Helden von Südafrika in großen Zeitungsanzeigen geworben werden. Einen entsprechenden Vertrag hatte Turespaña mit dem spanischen Fußballverband bereits im Mai dieses Jahres unterzeichnet. Das Motto der Kampagne: „Unsere Art zu spielen, ist wie unsere Art zu leben." Auch der letzte Weltmeister, Italien, hatte vor vier Jahren vom Sieg der squadra azurra in Deutschland profitiert. Nach dem Finalsieg über Frankreich war die Zahl der Italienurlauber sprunghaft um fast 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Spanien hatte im Vergleich dazu im selben Jahr nur ein Wachstum von 3,6 Prozent verzeichnet.

„Produkte mit dem Label ,Made in Spain´ lassen sich jetzt besser verkaufen", sagt Carles Torrecilla, Marketing-Professor an der renommierten Wirtschaftshochschule Esade in Barcelona. Das glaubt auch Aurelio Vázquez, Präsident des mallorquinischen Hotelkettenverbands. Jedoch bezweifelte er, dass die Branche kurzfristig einen bedeutsamen Aufschwung erleben werde.

Bereits jetzt ist die Freude bei den Gastronomen groß. Bei den Spielen der spanischen Mannschaft verzeichneten die Wirte auf Mallorca Umsatzsteigerungen von bis zu 40 Prozent. Die andernfalls eher düsteren Geschäftsbilanzen seien dadurch in den vergangenen Wochen erheblich aufgehellt worden, sagte die Präsidentin des Verbandes der Barbesitzer auf Mallorca, Pilar Carbonell, dem „Diario de Mallorca". Ebenso durften sich die Inhaber von Sport- und Bekleidungsgeschäften freuen, da das spanische Trikot so gut wie ausverkauft war. Auch beim Verkauf von Fernsehern wurde eine 20-prozentige Steigerung verzeichnet.