Wind, Wasser, blauer Himmel, blaues Meer. Jeden Tag in einem anderen Hafen anlegen. Schlemmen und entspannen an Bord. Das lieben Kreuzfahrt-Fans an den schwimmenden Hotels. Ein Ende des seit Jahren andauernden Kreuzfahrt-Booms ist nicht in Sicht. Immer mehr Schiffe laufen auch Palma an. Als zentraler Mittelmeer-Hafen profitiert die Balearen-Hauptstadt aus wirtschaftlicher Sicht enorm von den steigenden Besucherzahlen. Die Auswirkungen auf die Umwelt und Gesundheit von Palmas Bewohnern seien jedoch weitaus weniger positiv, so Umweltschützer.

Schiffe gehören aufgrund ihres Treibstoffs – auf hoher See wird meist Schweröl verwendet – zu den größten Emissionsquellen überhaupt. Dabei bleiben die Abgase keineswegs nur auf hoher See, viele Emissionen werden in unmittelbarer Küstennähe ausgestoßen und belasten so auch das Klima an Land und vor allem auch die Gesundheit der Bewohner. „Wenn Sie direkt am Hafen von Palma wohnen, mein herzliches Beileid. Dort haben Sie die Emissionsspitzen, weil dort die Motoren hochgefahren und Wendemanöver vollzogen werden", erklärt

Lucienne Damm vom Naturschutzbund Deutschland e.V. (Nabu).

Gemeinsam mit anderen Organisationen setzt sich der Nabu derzeit mit seiner Kampagne „Rußfrei fürs Klima" für eine Verringerung der Schiffsemissionen ein. Denn ähnlich wie der Flugverkehr ist der Schiffsverkehr stark im Wachstum begriffen. Die Internationale Maritime Organisation (IMO) prognostiziert für den Schifffahrtssektor eine Zunahme der Emissionen um bis zu 72 Prozent bis 2020. „Deswegen muss endlich etwas passieren, damit die Emissionen runtergehen", sagt Damm. Derzeit liegt der Anteil des Schiffsverkehrs am globalen CO2-Ausstoß bei 3 bis 3,5 Prozent, der Flugverkehr kommt auf 4,5 Prozent. Doch neben dem bekannten Treibhausgas sind auch andere Schadstoffe wie Schwefeloxide und Stickoxide, vor allem aber der hohe Rußausstoß der Schiffe ein Problem. „Ruß zählt zu den Ultrafeinpartikeln. Diese dringen in die Lunge ein und werden über die Blutgefäße in den ganzen Körper transportiert. So werden Atemwegs-, Herz- und Lungenerkrankungen oder Schlaganfälle ausgelöst", erklärt Damm.

Ein Luxusliner stößt laut Nabu täglich so viele Ruß- und Schwefelpartikel aus wie 12.000 Autos, bei einzelnen Schadstoffen sogar so viel wie 350.000 Autos. Studien würden zahlreiche vorzeitige Todesfälle in Hafengegenden durch Schiffsemissionen belegen. Sie entstehen beim Verbrennen von schwefelhaltigem Treibstoff, der von den Schiffen eingesetzt wird. Je höher der Schwefelanteil ist, desto mehr Feinstaub produzieren die Schiffe.

Weltweit ist derzeit ein Schwefelanteil von maximal 4,5 Prozent im Schweröl für Schiffe erlaubt, durchschnittlich wird Treibstoff mit einem Anteil von 2,7 Prozent benutzt. Mit diesem Gemisch fahren nach Unternehmensangaben beispielsweise auch die Kreuzfahrtschiffe von Aida und produzieren dabei 0,6 Kilo Feinstaub pro nautische Meile.

Die Anrainerstaaten von Nord- und Ostsee haben sich jedoch innerhalb der Internationalen Maritimen Organisation (IMO) bereits auf deutlich strengere Grenzwerte geeinigt und senken den erlaubten Schwefelanteil stufenweise ab. Seit Juli 2010 liegt der Maximalwert bei 1 Prozent, im Jahr 2015 soll er nur noch bei 0,5 Prozent liegen dürfen. Der Mittelmeerraum ist jedoch von solchen Einschränkungen noch weit entfernt. „Hier gibt es abgesehen vom globalen Grenzwert keine weiteren Regelungen. Dabei ist das Mittelmeer eine Hauptspielwiese der Kreuzfahrtunternehmen", sagt Damm. Es fehle der notwendige politische Wille, die Kreuzfahrt- und Reederlobby würde sich gegen entsprechende Vorgaben stemmen. „Dabei machen die boomenden Kreuzfahrtunternehmen zweistellige Millionengewinne. Da müsste doch auch Geld für den Umweltschutz da sein", kritisiert der Nabu-Experte. Immerhin gibt es seit Januar 2010 eine EU-Vorgabe für die europäischen Häfen: Dort müssen Schiffe während der Liegezeit auf einen teureren Treibstoff mit höchstens 0,1 Prozent Schwefel umstellen.

Um die Emissionen weiter zu senken, fordern Umweltverbände den Einsatz von Rußpartikelfiltern – wie bei Autos – auf Schiffen, sowie einen Wechsel der Energieversorgung im Hafen auf Strom vom Land (Landstromversorgung). Als Vorbild für die Rußverringerung im Hafen gelten ausgerechnet die USA. Mehrere Häfen an der Westküste bieten dort bereits eine Landstromversorgung an. „Als Folge einer Gesundheitsdebatte taten sich dort die Hafenbehörden zusammen und einigten sich auf die technische Umsetzung. In Europa aber streitet man sich darum, welchen Stecker man nimmt", sagt Damm.

Auch in Palma wurde im Zuge der Hafenerweiterung (s. Kasten) bereits die Ausstattung mit einer Landstromversorgung diskutiert. Zunächst wolle man aber eine einheitliche Vorgabe der EU für die sehr teure – vermutlich mehrere Millionen Euro teure – Einrichtung dieser Anschlüsse abwarten, erklärt Sprecher Raimond Jaume. Auch der Verband Deutscher Reeder argumentiert, dass es zu viele unterschiedliche Modelle gebe und die praktische Umsetzung zu viele Probleme aufwerfe.

Den Kreuzfahrtunternehmen ist durchaus bewusst, dass sie im Zuge der Klimadebatte immer mehr unter Druck geraten. Der deutsche Marktführer Aida, der in diesem Jahr 82 Mal in Palma anlegt, hat seine neueren Schiffe vorsorglich für eine Landstrom-Installation ausgelegt, sollte es diese einmal geben. „Wir sparen außerdem mit einem speziellen Unterwasseranstrich drei Prozent Treibstoff ein und setzen auf eine intelligente Routenführung", sagt Unternehmenssprecherin Kathrin Heitmann.

Hapag Lloyd bietet nun als erstes Kreuzfahrtunternehmen seinen Kunden für Reisen ab 2011 ähnlich wie schon viele Fluggesellschaften eine freiwillige Ausgleichszahlung für die CO2-Belastung an. Ein Viertel des freiwilligen Klimaschutzbeitrags, mit dem der Einsatz von energiesparenden Solarlampen in Indien gefördert wird, übernimmt Hapag-Lloyd für die Passagiere. Das Unternehmen arbeitet dabei mit dem gemeinnützigen Kompensationsanbieter atmosfair zusammen, der den ersten Klimarechner für Kreuzfahrten entwickelt hat.

Auf der Internetseite www.atmosfair.de kann so die CO2-Belastung einer Kreuzfahrt ermittelt und eine entsprechende Ausgleichszahlung geleistet werden. Beispiel: 14 Tage Kreuzfahrt mit 5 Seetagen in der Balkonkabine sollten 72,88 Euro Investition in ein Klimaschutzprojekt wert sein.

Mallorcas Kreuzfahrtboom:

Palma sämtliche Rekorde der Branche geschlagen werden. Angepeilt werden 1,3 Millionen Kreuzfahrt-Passagiere. Noch nie zuvor hatten so viele Schiffstouristen in einem Jahr in Palma haltgemacht. Im Jahr 2009 waren es 1,06 Millionen, im Jahr zuvor 1,13 Millionen. Am 5. August wurde mit 21.500 Schiffsurlaubern von sechs verschiedenen Schiffen auch ein neuer Tagesbesucher-Rekord aufgestellt. In diesem Jahr sollen außerdem so viele Kreuzfahrtschiffe wie noch nie zuvor in Palma anlegen. „Wir werden erstmals die Zahl von 500 Schiffen übertreffen", sagt Hafensprecher Raimond Jaume. Zum Vergleich: In Hamburg wird für 2010 mit insgesamt 140 Kreuzfahrtschiffen gerechnet und 326.000 Passagieren. Auch für die Zukunft gehen die Experten von steigenden Zahlen aus. Ab Anfang 2011 wird für 24 Millionen Euro der Hafen erweitert. Nach zwei Jahren Bauzeit sollen in Palma gleichzeitig fünf Kreuzfahrtschiffe mit jeweils mehr als 300 Meter Länge an der Poniente-Mole anlegen können. Insgesamt ist dann Platz für bis zu acht Kreuzfahrtschiffe.

Diese Artikel finden Sie auch hier.