Uwe Daude hat einen neuen Arbeitgeber. Der bisherige Leiter der ­Seniorenresidenz Es Castellot in Santa Ponça arbeitet seit dieser Woche nicht mehr für die Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie, die bislang Träger der Einrichtung war. Es Castellot gehört jetzt der ­mallorquinischen Behinderten-Stiftung Amadip-Esment, die Kaufverträge sind seit Freitag vergangener Woche (8.4.) unterschrieben. Auch wenn sich auf den ersten Blick nichts verändert hat, tun sich doch ganz neue Perspektiven für die Wohn- und Pflegeanlage mit dem Blick über die Bucht von Santa Ponça auf.

Obwohl Mallorca als deutsche Rentner-Insel gilt, kämpft die Senioren­residenz seit Jahren mit zu niedrigen Belegungszahlen. Derzeit sei die Anlage mit 60 vermieteten Zimmern nur zu zwei Drittel ausgelastet, sagt Daude, der von „chronischen Belegungsproblemen" spricht. Da verschiedene Konzepte nicht aufgegangen seien und sich keine Möglichkeit abgezeichnet habe, die Residenz kostendeckend zu führen, habe die Diakonie seit 2008 nach „Lösungen" gesucht.

Der Kontakt zu Amadip-Esment bestand bereits – schon Mitte der 90er Jahre pflegten Behinderte in Es Castellot die Grünanlagen. Und auch die Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie und die Behinderten-Stiftung hatten durch das EU-Ausbildungsprogramm Leonardo bereits institutionelle Bande geknüpft. „Die Beziehungen sind sehr solide und vertrauensvoll", so der 67-Jährige.

An dieser Stelle kommt Juan Carlos Llorente ins Spiel. Dem Geschäftsführer für den Bereich Wohnen bei Amadip-Esment gefällt das Konzept der individuellen Betreuung in Es Castellot – auch die Stiftung lege Wert auf größtmögliche Eigenständigkeit. Statt der Unterbringung in Heimen fördere man betreutes Wohnen, sagt Llorente. „Wer isst schon gerne mit zehn oder zwölf anderen Personen zusammen am Tisch?"

Ob und wann Behinderte zum Wohnen in Es Castellot einziehen, sei aber noch völlig offen. Fest stehe bislang nur, dass Arbeitsstellen für geistig Behinderte geschaffen werden. Die Rede ist von zunächst 12 bis 20 Personen, die Garten- und Reinigungsarbeiten übernehmen, größtenteils aber eigenständig weiter zu Hause wohnen sollen. „Wir wollen auf keinen Fall viele Menschen mit stärkerer geistiger Behinderung auf einem Fleck", so Llorente, „das ist am Ende nicht förderlich für die Integration."

Man werde ohnehin äußerst behutsam vorgehen und die Bedürfnisse und Möglichkeiten in Es Castellot zunächst genau sondieren, so Llorente: „Wir haben bislang keine Erfahrung mit älteren Menschen." Ein integrativer Ansatz biete aber in Zukunft viele Möglichkeiten – etwa den Einzug in Es Castellot von älteren Menschen mit ihrem behinderten Kind, so dass dann beide Generationen gleichzeitig versorgt werden könnten. Die Stiftung hat zudem auch Erfahrung gemacht mit dem Freiwilligen-Engagement von Behinderten, die zum Beispiel Menschen im Rollstuhl ausfahren.

Über den Kaufpreis wird Stillschweigen bewahrt. Dieser habe angesichts eines ohnehin schwierigen Immobilienmarkts nicht im Vordergrund gestanden, so Daude. „Es wurde eine für alle Beteiligten günstige Lösung gesucht." Daude, der selbst nicht an den Verhandlungen beteiligt war, verweist auf eine ganze Reihe von Interessenten für Es Castellot – viele seien aber zum Wohle des Hauses von vornherein ausgeschlossen worden.

Nach anfänglicher Beunruhigung sähen die Bewohner dem Wechsel nun gelassen entgegen, sagt Gerhard Ruhtz, Sprecher des Senioren-Beirats. Jetzt sei allen bewusst, dass sich an ihrer Situation nichts ändere: Die Belegschaft bleibe identisch – ebenso wie Service und Programm bis hin zur wöchentlichen Kaffeestunde der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde. Es sei zwar schade, sich von Gärtner oder Putzfrau verabschieden zu müssen, aber viele Bewohner würden den Einsatz von Amadip-Esment-Angestellten ohnehin noch von früher kennen. „Wir nehmen ungern Abschied von der Diakonie, sind aber nicht beunruhigt und werden sicherlich gut miteinander auskommen."

Uwe Daude bleibt als Bereichsleiter Seniorenwohnen für zwei weitere Jahre in Es Castellot, um den Übergang zu erleichtern. Denn das Profil der Senioren könnte sich durchaus wandeln. „Es Castellot wird vielleicht ein bisschen internationaler." Von wenigen Belgiern und Schweizern abgesehen, sind die deutschen Bewohner bislang unter sich. Der Besitzerwechsel könnte nun den Einzug von spanischen oder britischen Senioren erleichtern.

Daude verweist darauf, dass die Veränderungen schon lange in der Luft gelegen hätten und die meisten Bewohner froh seien, dass nun eine Lösung gefunden sei. Viele hätten die mallorquinische Stiftung zudem schon kennengelernt, etwa beim Residentenausflug mit Gunter Stalter. Nach der Unterschrift beim Notar vergangene Woche sei dann auch mit allen Bewohnern bei Kaffee und Kuchen angestoßen worden. Zudem sei der Senioren-Beirat im Amadip-Esment-Lokal „Botiga" in Palmanova eingekehrt. Dort wird das Nebeneinander von behinderten und nichtbehinderten Angestellten tagtäglich unter Beweis gestellt.

Ob die Stiftung sich in Zukunft auch direkt um das Essen in Es Castellot kümmern wird, ist noch offen – Daude verweist darauf, dass viele Bewohner deutsche Kost gewohnt seien und ihnen deswegen nicht von einem Tag auf den anderen mediterrane Speisen vorgesetzt würden. Wichtig seien vor allem die Bedürfnisse der Bewohner, betont auch Llorente. „Für mich zählt in erster Linie, dass den Bewohnern das Essen schmeckt."