Die Wahlkampfauftritte füllen seinen Terminkalender. José Ramón Bauzá wirkt gehetzt. Der Balearen-Vorsitzende der Volkspartei (PP) ist schon seit Monaten dabei, für sich und seine Politik zu trommeln, um so am 22. Mai den Machtwechsel zu ermöglichen. Nach den Skandalen der Matas-Regierung (2003-2007) profiliert sich der 40-jährige studierte Apotheker aus Marratxí als Erneuerer der Partei und setzt auf die Themen Wirtschaft, Tourismus und Bildung. Die Umfragen prognostizieren Bauzá eine absolute Mehrheit.

Auf Ihrer Website läuft ein Countdown für den 22. Mai. Fühlen Sie sich schon ein wenig als Premier?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin weiter Kandidat, und bis zum Wahlabend müssen wir auf das Ergebnis warten.

Vor vier Jahren sagten die Umfragen ebenfalls einen Sieg der PP voraus – und dann fehlte ein Mandat zur absoluten Mehrheit …

Eben. Ich betone stets, dass die Umfragen nur ein momentanes Stimmungsbild erlauben. Sie sagen einem nur, ob man auf dem richtigen Weg ist. Die beste Umfrage ist und bleibt das Ergebnis am Wahltag.

Die Skandale der früheren PP-Regierung haben diese Legislaturperiode überschattet. Was assoziieren Sie mit dem Namen von Ex-Premier Jaume Matas?

Eine Etappe der Vergangenheit.

Und wie bewerten Sie sie?

Ich schaue lieber in die Zukunft. Denn darauf kommt es an, sich mit der Zukunft und dem Wohlergehen der Bürger zu beschäftigen.

Projekte wie die überteuerte Radsportanlage Palma Arena sind für alle sichtbar. Gefällt sie Ihnen?

Es sind durchaus bemerkenswerte Projekte verwirklicht worden. Man darf nicht die gesamte Regierungszeit an konkreten Vorkommnissen messen, sondern muss auch auf die Investitionen in Gesundheit, Bildung oder Straßenbau schauen. Sie sind allen Bürgern zugute gekommen, darauf kommt es an. Vor allem, wenn man die Investitionen mit dem vergleicht, was in dieser Legislaturperiode alles nicht passiert ist. Und die Schulden stiegen um 2,5 Milliarden Euro.

Würden Sie trotzdem sagen, dass Matas der PP auf den Balearen Schaden zugefügt hat?

Ich werde nichts weiter über den Herrn Matas sagen. Mein Thema ist die Zukunft.

Das in der Minderheit regierende Mitte-Links-Bündnis hat vor Kurzem ein ´Gesetz für gutes Regieren´ eingebracht, das für mehr Transparenz sorgen soll. Die PP enthielt sich. Warum?

Nur weil ein Gesetz einen guten Namen hat, muss es kein gutes Gesetz sein. Das wichtigste Gesetz einer guten Regierung ist der Haushalt. Und der wurde nicht verabschiedet, weil er nicht mit den anderen Parteien abgesprochen war. Zudem wusste man schon im September, dass 240 Millionen Euro der Zentralregierung, die eingeplant waren, niemals überwiesen würden – weil die Sparvorgaben nicht eingehalten wurden.

Auf Mallorca hört man oft den Satz: ´Die politische Rechte ist korrupt, die Linke unfähig.´ Wie viel davon ist wahr?

Der erste Teil ist unwahr. Ich sorge in meiner Partei dafür, dass es nicht so ist. Das Thema Korruption ist keine Frage der Parteizugehörigkeit. Im Übrigen hat keine andere Partei entschieden, beschuldigte Personen von den Wahllisten zu streichen. Politiker sollten weniger kritisieren, sondern Vorbild sein. Der zweite Teil des zitierten Satzes ist völlig richtig – die politische Linke ist unfähig.

In Ihrem Wahlprogramm kündigen Sie an, die Autobahn nach Llucmajor bis nach Campos zu verlängern und weitere Umgehungsstraßen zu bauen. Müssen wir uns im Falle eines Machtwechsels wieder auf eine massive Bebauung einstellen?

Die Verlängerung der Autobahn ist absolut notwendig. Das verlangen alle dortigen Anwohner. Jede Woche kommt es zu Unfällen, viele davon mit Todesopfern. Hier ist mehr Sicherheit gefragt, und zwar nach den Vorgaben der Sachverständigen.

Ist die Autobahn Sinnbild einer neuen Baupolitik?

Nein. Es wurden in den vergangenen Jahren genügend neue Straßen gebaut. Jetzt müssen wir beim Thema Bildung Gas geben. Darauf wollen wir einen Schwerpunkt legen.

Welche Lösung favorisieren Sie für Palmas zweiten Ring?

Eine seriöse, problemorientierte Lösung, nach den Vorgaben der Sachverständigen. Wir dürfen den Anwohnern da nichts vormachen. Seit vier Jahren ist jetzt nichts passiert, die Sozialisten können sich nicht mal mit ihrem Koalitionspartner einigen.

Aber welche Dimension sollte die Umgehungsstraße haben?

Die notwendigen Dimensionen. Der Ring muss an den tatsächlichen Bedürfnissen ausgerichtet werden, nicht mehr und nicht weniger.

Die Baubranche war bis vor kurzem ein zweites Standbein der Balearen-Wirtschaft. Welche Bedeutung kann sie nach dem Ende der Wirtschaftskrise haben?

Mallorca kann nicht so weiterwachsen wie früher. Wir leben auf einer Insel. Ich habe deswegen einen Pakt mit allen Parteien vorgeschlagen, damit diese Frage nicht von der jeweiligen Regierung abhängt. Die Zukunft der Baubranche liegt in der Renovierung und Restaurierung.

Mitte-Links stoppte eine Reihe von Siedlungsprojekten. Werden Sie diese wieder genehmigen?

Das Wichtigste ist Rechtssicherheit. Wenn Projekte, die schon genehmigt waren, wieder gestoppt werden, haben die Bauträger Anrecht auf Entschädigung. Das wird teuer für die öffentliche Hand, und letztendlich zahlen wir alle die Rechnung.

Und was heißt das konkret für die gestoppten Urbanisationen?

Wenn sie bereits gestoppt wurden …

Ist im Falle Ihres Wahlsieges die geplante Straßenbahn in Palma vom Tisch?

Das nicht, aber wir können keine unnützen Projekte gebrauchen. Eine Straßenbahn-Trasse in den Avenidas ist Quatsch, sie würde für zusätzliche Probleme sorgen statt sie zu lösen.

Also das Projekt modifizieren statt einstampfen?

Eine Straßenbahn würde in den Avenidas für einen Verkehrskollaps sorgen, in einer der wichtigsten Verkehrsadern der Stadt. Das restliche Projekt muss auf den Prüfstand.

Alle Parteien reden von einer Verschlankung der öffentlichen Verwaltung. Wie viel Schuld hat die PP an dem Wasserkopf?

Wir alle tragen Verantwortung, das gestehe ich offen ein. Wir waren uns nicht im Klaren über die Dimensionen der öffentlichen Verwaltung. Durch Zugeständnisse an Bündnispartner ist der Inselrat gewuchert. Heute können wir uns diesen Luxus nicht mehr erlauben und müssen doppelte Zuständigkeiten abbauen.

Sie haben sich vor kurzem mit dem CDU-Staatssekretär Peter Hintze getroffen. Was haben Sie über den Aufschwung erfahren, was Sie nicht schon vorher wussten?

Wir sind uns einig über die auf den Balearen notwendigen Schritte, etwa Hilfen für kleine und mittelständische Unternehmer, die Förderung von neuen Technologien oder auch der Bildung. Das hat Deutschland gemacht, im Gegensatz zu uns.

In letzter Zeit hat man von Ihnen weniger Kritik an der Katalanisch-Politik gehört. Kommt das Thema nicht gut an?

Das ist eine Frage der Berichterstattung. Wir sind uns treu geblieben.

Werden Sie die Subventionen für die Katalanisch-Lobby wie die Obra Cultural Balear kappen?

Wir wollen, dass sich die Menschen frei ausdrücken können. Die Sprache ist ein Werkzeug, keine Waffe. Eine einseitige Förderung darf nicht sein.

Was bedeutet dies für die Subventionen?

Wir brauchen ein Gleichgewicht, keine Sprache darf über der anderen stehen. Wenn wir eine einseitig fördern, benachteiligen wir die andere.

Ist an der hohen Zahl von Schul­abbrechern auch die Sprachpolitik schuld?

Die Schulpolitik darf nicht auf das Thema Sprache reduziert werden. Es gibt viele Faktoren, den Leistungswillen, die Lehrer-Ausbildung, die Infrastruktur, das Lehrmaterial oder die Zahl der Unterrichtsstunden, die wir im Übrigen erhöhen wollen.

Welche Vorschläge haben Sie für den Tourismus, abgesehen von Steuersenkungen für Hoteliers?

Nicht nur für Hoteliers, wir wollen für die gesamte Branche einen reduzierten Mehrwertsteuersatz von vier Prozent – wie in anderen Konkurrenzdestinationen. Auch die Yachtsteuer muss gesenkt werden. Wir wollen vor allem den kleinen Unternehmen beistehen, die den Großteil der Wirtschaftsleistung erbringen.

Wird Ihnen der PP-Dissident Jaume Font mit seiner Lliga Regionalista wichtige Stimmen rauben?

Daran verschwende ich keinen Gedanken. Für mich zählt unser Projekt.

Steht die Insel nach der Auflösung der korruptionsgeplagten Unió Mallorquina (UM) besser da?

Am besten geht es der Insel mit der PP.

Das war keine Antwort.

Die UM beschäftigt mich nicht. Die Frage muss der Wähler beantworten.