Für einen Kater nach der Sieges-nacht war keine Zeit. Am Montagmorgen um 9 Uhr stand bereits die erste Strategiebesprechung auf dem Programm – der designierte balearische Ministerpräsident José Ramón Bauzá will keine Zeit verlieren. Der erste Schritt: ein Kassensturz. Sollte weniger Geld da sein als angenommen – die PP deutet das an – könnte das eine willkommene Erklärung abgeben, wenn es bei der Umsetzung des Wahlprogramms unter der noch zu konstituierenden konservativen Landesregierung haken sollte. Dank der absoluten Mehrheit muss die Volkspartei aber zumindest keine Zugeständnisse an einen Bündnispartner machen. In jedem Fall wird sich der Kurswechsel nach vier Jahren Mitte-Links in vielen Bereichen auf den Inseln deutlich bemerkbar machen.

Einer der zentralen Punkte im Wahlprogramm ist die Gleichberechtigung der beiden offiziellen Landessprachen Katalanisch und Spanisch. Wo bislang alle offiziellen Mitteilungen der Regierung in der Inselsprache gehalten sind, soll wieder die Zweisprachigkeit Einzug halten. Großzügige Subventionen an Vereinigungen wie die OCB, die sich der Katalanisch-Förderung verschrieben haben, sollen reduziert werden. Die neue Sprachpolitik wird sich besonders im Erziehungswesen bemerkbar machen. Hier will Bauzá nicht nur die freie Schulwahl, sondern auch das Recht auf die Wahl der Unterrichtssprache bei der Einschulung durchsetzen. Auch eine Förderung des Fremdsprachenunterrichts ist versprochen. Ziel: Schulabgänger sollen zumindest in einer ausländischen Sprache fit sein.

Messen lassen will sich Bauzá insbesondere an der Arbeitsmarktpolitik. Die PP will Unternehmensgründer fördern, Bürokratie abbauen und stärker gegen unlauteren Wettbewerb vorgehen. Die Frage wird sein, ob das ausreicht, um eine Arbeitslosenquote von knapp 20 Prozent zu senken – im Tourismus herrschen Saisonjobs vor, und der Bausektor ist als Wirtschaftsmotor ausgefallen. In Sachen

Bebauungspolitik hat sich Bauzá ohnehin bislang bedeckt gehalten – statt über konkrete Siedlungsprojekte spricht er lieber von Rechtssicherheit und Transparenz, wofür unter anderem ein neues Rahmengesetz sorgen soll.

Der Tourismus auf den Balearen lag zwar der Mitte-Links-Regierung ebenfalls am Herzen. Unter der neuen Regierung ist jedoch eine unternehmerfreundlichere Politik zu erwarten. Bauzá will sich zum Beispiel für einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für alle Firmen der Branche einsetzen. Was den Golf- und Wassersporttourismus betrifft, ist zudem der Bau neuer Anlagen nicht ausgeschlossen. Während dies unter Mitte-Links tabu war, schließt die PP neue Golfplätze oder Yachthäfen nicht aus, „wenn dies mit der Erhaltung und dem Schutz der Umwelt vereinbar ist", wie es etwas schwammig heißt.

Ein Kurswechsel ist zudem in der Verkehrspolitik zu erwarten. Bauzá betont zwar, dass ihm die Bildungspolitik sehr viel wichtiger sei als der Bau von Autobahnen. Beschlossene Sache ist aber bereits die Verlängerung der Flughafen-Autobahn von Llucmajor bis Campos. Auch beim Bau von Palmas zweitem Ring dürfte es nun zügiger vorwärts gehen – das Mitte-Links-Bündnis hatte das Projekt nach Anwohner-Protesten und wegen internen Streits auf Eis gelegt.

Bei der Förderung der öffentlichen Verkehrsmittel setzt die PP andere Schwerpunkte als Mitte-Links. Statt der Straßenbahn, deren Planung weit fortgeschritten war, verspricht die neue Regierung den Ausbau der U-Bahn sowie den Einsatz von Elektro- und Gas-Bussen. Die große Frage wird sein, wie Bauzá mit den bereits angeschobenen Projekten umgehen wird. Hier hat sich die PP bislang nicht festlegt. Fest steht nur, dass Straßenbahn wie Fahrradweg aus den Avenidas in Palma verbannt werden sollen.

Eine deutliche Ansage hat Bauzá in Sachen Korruptionsbekämpfung und Transparenz gemacht: Eine Selbstverpflichtung soll Amtsträgern verbieten, Geschenke anzunehmen, Verwandten zu Stellen in der öffentlichen Verwaltung zu verhelfen oder Essen von mehr als 35 Euro pro Person in Rechnung zu stellen. Business-Flüge sind – von Ausnahmen abgesehen – genauso verpönt wie Fünf-Sterne-Hotels oder Kreditkarten. Damit geht Bauzá auf Distanz zur Matas-Regierung (2003-2007), deren Legislaturperiode noch immer vor Gericht aufgearbeitet wird.

Bei den Ausländern steht Bauzá besonders in der Pflicht. Spekuliert wird mit einem neuen Posten in der Landesregierung für die bisherige Ausländerbeauftragte von Calvià, Kate Mentink. Die PP will sich zudem für die Abschaffung der umstrittenen Yachtsteuer in Spanien einsetzen sowie auch für die Wiedereinführung der Ausländerkarte tarjeta de residencia. Das letzte Wort hat hier zwar die sozialistische Zentralregierung, doch nicht nur die Konservativen rechnen 2012 mit einem Regierungswechsel auch in Madrid.

In der Printausgabe vom 26. Mai (Nummer 577) lesen Sie außerdem:

- Die neuen Gesichter an den Hebeln der Macht

- Freudentränen und Fahnenmeer: Die große Nacht der PP

- Die Empörten und die friedliche Revolution im Namen Islands

- Die Insel färbt sich blau: Wahlergebnisse in den Gemeinden

- Konservative kurz vor Madrid

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