Der Hausherr ist gerade abgereist, für José Luis Rodrigo beginnt wieder die Arbeit. Im Wohnzimmer der Finca an der Küste bei Porto Cristo werden die Polster aufgeschüttelt. Außerdem steht Betten abziehen, Staub wischen und Durchwischen auf dem Programm. Im Badezimmer muss ein Spiegel angebracht werden – mit einer Lampe, deren Kabel natürlich nicht zu sehen sein darf. „Wenn dann der Besitzer kommt, muss er nur noch den Koffer auspacken und kann sich ins Bett legen", sagt Rodrigo.

So ist das bei der Arbeit eines Finca-Verwalters. Einerseits ist die Job-Beschreibung eindeutig: „Service rund um die Mallorca-Immobilie". Andererseits ist die Liste der Tätigkeiten lang, variiert von Grundstück zu Grundstück und auch von Finca-Verwalter zu Finca-Verwalter. Einige kümmern sich nur nebenbei um Wartungs- und Reparaturarbeiten. Andere übernehmen auch Bauarbeiten, haben mit Mega-Fincas alle Hände voll zu tun und fungieren als Statthalter der meist ausländischen Besitzer auf Mallorca. Und schließlich gibt es auch eine Berufsvereinigung, deren Anwälte oder Betriebswirte ganze Wohnanlagen managen.

Den meisten Vertretern der Branche ist gemein, dass sie eher zufällig zu dem Job kamen. „Nach und nach kamen Nachbarn und fragten, ob ich dies und das machen könnte", sagt Rodrigo über seine frühere Festanstellung bei einem Finca-Besitzer, für den er Bauarbeiten ausführte. Nachdem seine Eltern in den 60er Jahren nach Deutschland ausgewandert waren, kam der 46-Jährige vor fünf Jahren nach Mallorca zurück. Heute arbeitet er selbstständig und verwaltet mit zwei Vollzeit-Mitarbeitern mehrere Fincas. Sein Vorteil: Als Auswanderer-Sohn kennt er nicht nur Sprache, sondern auch Mentalität seiner deutschen Kunden. Andererseits verhandelt er mit mallorquinischen Handwerkern und schickt die Kostenvoranschläge dann an den Chef in Deutschland, in Österreich oder in der Schweiz.

Wer in der Branche direkt einsteigen will, hat schlechte Karten. Finca-Verwaltung ist Vertrauens­sache, ohne Mundpropaganda laufe fast gar nichts, berichten Elke und Arnfried Esche. „Die deutschen Residenten tauschen sich auf dem Golfplatz oder beim Essen aus." Die beiden Chemnitzer arbeiten vor allem auf Fincas rund um Artà, wo im Gegensatz zur Südwestküste noch mehr Wert auf Diskretion gelegt wird. Ein guter Verwalter ist deswegen schon daran zu erkennen, dass er über seine oftmals vermögenden und zum Teil prominenten Auftraggeber kein Wort verliert.

„Ich weiß alles vom Kunden, vom Schlüpfer bis zum Kontoauszug", sagt Finca-Verwalterin Katharina Heiden. Für ihre Auftraggeber bezahle sie anfallende Steuern, fülle den Kühlschrank mit Kaviar und Champagner oder vereinbare auch Golftermine. Auf einer Finca bei Llucmajor versorgt sie derzeit sogar zwei frei laufende Hängebauchschweine. Finca-Verwaltung sei eben ein absoluter Vertrauensjob für Allrounder, so Heiden. „Ich wurde einfach immer von Kunde zu Kunde weitergereicht."

Aber auch die Vermittlung über Kleinanzeigen, etwa in der MZ, funktioniere gut, sagt Knut Haker. Der gelernte Schlossermeister betreut ein halbes Dutzend Fincas, ein paar chalets sowie eine Wohnanlage im Südwesten Mallorcas und ist damit mehr als ausgelastet, wie er sagt: Pool pflegen, Bewässerung kontrollieren, Bäume schneiden, Unkraut entfernen, Sturmschäden melden und reparieren lassen und vor allem immer wieder nach dem Rechten sehen, damit der Hausherr nicht von einer kaputten Toilettenspülung überrascht wird. „Ich stelle im Sommer auch rechtzeitig die Klimaanlage an, damit der Besitzer nicht gleich bei Ankunft umfällt", so Haker. „Da redet man gar nicht drüber, das ist selbstverständlich."

Oftmals fallen aber auch unvorhergesehene Arbeiten an. So fiel eines Abends wegen eines blockierten Ventils das Duschwasser auf einer Finca aus, als der Hausherr gerade großen Besuch hatte, erzählt ­Rodrigo. Adrian Wijas berichtet, wie er einmal nach einem Sturmschaden in Windeseile eine Finca wieder herrichten musste, bevor die Gäste einflogen. Und die Esches rückten auch schon mit Fallen und Käse aus, als eine Maus die Finca-Besitzer erschreckt hatte oder fuhren eine Harley Davidson aus, „damit sie nicht einrostet". Das Schöne an der Arbeit sei, dass man eigenständig arbeiten und sich die anfallenden Jobs selbst einteilen könne.

Während der 68-jährige Knut Haker in einigen Anlagen nach Stunden abrechnet, hat er für regelmäßige ­Kontrollbesuche auf Fincas Pauschalen ausgehandelt. Wie viel man als Finca-Verwalter verdienen kann, darüber wird, wie in anderen Branchen auch, nicht so gerne geredet. José Luis Rodrigo gibt einen üblichen Stundensatz mit 19 bis 23 Euro plus MwSt. an. Mehr als bei Hotelangestellten oder Kellnern sei auf jeden Fall drin, sagt Arnfried Esche: „Man wird nicht reich, aber man lebt nicht schlecht." Ohnehin sei die Bezahlung Verhandlungs­sache. Neueinsteiger nehmen häufig eine geringere Entlohnung in Kauf, Finca-Verwalter, die sich einen Namen gemacht haben, nicht.

Der Arbeitsplatz ist in der Regel idyllisch. Doch das scheinen die meisten Verwalter gar nicht mehr wahrzunehmen. Wenn Rodrigo von der Arbeit aufschaut, erstreckt sich vor ihm ein Pool sowie der Blick aufs Meer. „Man sieht das, aber man nimmt das nicht wahr." Letztendlich könnte er genauso gut in einer Werkstatt arbeiten. Ähnlich nüchtern geht Finca-Verwalterin Heiden an die Sache heran. „Ich schaue nicht auf den Luxus, sondern darauf, ob die Fenster pflegeleicht und die Kunden sympathisch sind." Da sei es dann egal, wie viele Nullen auf den Kontoauszügen stünden, die durch ihre Hände gingen.

Mitunter verführt der Luxus, und schwarze Schafe unter den Finca-Verwaltern haben leichtes Spiel. Deutsche Besitzer seien auf Mallorca viel leichtsinniger als zu Hause und ließen fremde Leute auf die Finca, von denen sie nur eine Handy-Nummer hätten, so Heiden. Da verschwänden dann schon mal ein paar Flaschen Wein, es werde ohne Wissen des Besitzers untervermietet, oder aber der unseriöse Kollege tauche nach der Vorauszahlung unter. Auch Haker erinnert sich an einen Fall, wo kurzerhand das Haus leer geräumt wurde.

„Allerdings überleben die schwarzen Schafe keine Probezeit", sagt Arnfried Esche. Unse­riöse Praktiken sprächen sich schnell auf der Insel herum. Und manch Finca-Besitzer testet zunächst die Vertrauenswürdigkeit des potenziellen Statthalters. „Da liegt dann schon mal eine Euro-Münze unter dem Bett", erzählt Elke Esche. Wer sie nicht einsteckt, sondern auf den Nachttisch legt, hat den kleinen Test bestanden.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 20. Oktober (Nummer 598) lesen Sie außerdem:

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