Boris Beckers unendliche Leidensgeschichte mit seiner Finca auf Mallorca hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Nach mehreren Geldstrafen wegen Bauverstößen und offensichtlichen Schwierigkeiten beim geplanten Verkauf hat die Justiz nun das Luxus-Anwesen „Son Coll" auf 265.000 Quadratmetern Grund im Nordosten der Insel gepfändet. Bereits am 3. Mai wurde der entsprechende Beschluss erlassen. Damit folgt die Justiz dem Antrag des Anwalts Carlos de la Mata (Bufete Buades), der die Firma Jardines Alfabia S.L. vertritt. Das mallorquinische Gartenbauunternehmen hatte die Finca des früheren Tennis-Profis (43), die bereits seit 2007 erfolglos zum Verkauf angeboten wird, jahrelang gepflegt, aber kein Geld für seine Dienste erhalten.

Als sich die Schulden schließlich auf mehr als 300.000 Euro (inkl. MwSt.) beliefen, klagte die Firma. Bereits im März erreichte sie vor einem Gericht in Palma ein für sie positives Urteil gegen Goatbridge S.L., der Betreibergesellschaft von Son Coll, die dem Ex-Tennisprofi gehört. Goatbridge wurde darin in einer Frist von 20 Tagen zur Zahlung von 276.162,48 Euro an Jardines Alfabia verdonnert. Die Summe entspricht den nicht bezahlten Rechnungen ohne Mehrwertsteuer, die inzwischen verjährt war. Nachdem Goatbridge dagegen Einspruch eingelegt hatte, beantragte de la Mata als Sicherheit für die Zahlung die vorläufige Vollstreckung des Urteils. Die Finca von Becker ist somit gewissermaßen von seinem Gärtner beschlagnahmt worden. Wenn der Ex-Profi nicht freiwillig zahlt, wird die Zwangsversteigerung eingeleitet.

Angesichts der Summe, um die es bei dem Rechtsstreit geht, wirkt dies freilich überdimensioniert. Becker verlangte ursprünglich rund 15 Millionen Euro für den abseits gelegenen und von außen nicht einsehbaren Landsitz in der Nähe von Artà. Mallorcas bekannter Immobilien-Unternehmer Matthias Kühn versucht, das in marokkanischem Stil gehaltene Anwesen mit 2.900 Quadratmeter Wohnfläche seit 2007 zu verkaufen. Bisher war allerdings niemand bereit, auch nur annähernd so viel für die Edel-Immobilie mit Gästehaus, 30-Meter-Pool, Tennis- und Basketballplatz zu bezahlen. Wie viel sie aktuell wirklich wert ist, wird sich alsbald zeigen. In dem laufenden Pfändungsverfahren wird demnächst ein Sachverständiger die Finca bewerten.

Die Gartenfirma ist nicht der einzige Gläubiger Beckers. Auch eine Baufirma, die auf seiner Finca umfangreiche Instandhaltungsarbeiten durchgeführt hatte und deren Rechnungen nicht bezahlt wurden, verklagt Goatbridge. Das Unternehmen, das ebenfalls von de la Mata vertreten wird, verlangt 490.384,38 Euro. Ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest. Zuvor musste bereits der Architekt, der für Becker die Legalisierung der auf der Finca begangenen Bauverstöße geregelt hatte, lange auf sein Geld warten. Im Oktober 2010 setzte er schließlich in einer außergerichtlichen Einigung die Zahlung seines Honorars in Höhe von insgesamt 41.200 Euro durch.

Dass Becker die Firmen nicht bezahlt, hat bereits zu Mut-maßungen über mangelnde Liquidität des früheren Spitzensportlers geführt. Becker selbst argumentiert freilich anders, wie aus der Darstellung seines Anwalts vor Gericht hervorgeht. Demnach sei vereinbart worden, die Zahlung der Rechnungen von dem Verkauf der Finca abhängig zu machen. Mit Matthias Kühn sei eine Abmachung getroffen worden, nach der sich der Immobilienunternehmer um die Arbeiten auf der Finca kümmern und die Kosten dafür zunächst übernehmen würde. Diese sollten dann vom Verkaufserlös für Becker abgezogen werden.

In seiner Zeugenaussage vor Gericht betätigte Matthias Kühn, sich um die Koordination der Arbeiten gekümmert zu haben, bestritt aber, sich bereit erklärt zu haben, auch die Kosten dafür zu tragen. Das Gericht kam diesbezüglich nicht zu einem eindeutigen Schluss, hält aber in dem der MZ vorliegenden Urteil fest, dass laut dem spanischen Gesetz die Finanzschuld ohnehin bei dem Auftraggeber beziehungsweise der Betreibergesellschaft verbleibt. Als Zeuge wurde auch der in der Schweiz lebende Unternehmer Hans-Dieter Cleven, mit dem Becker 2004 eine Stiftung gegründet hat, befragt.

Beckers Firma Goatbridge hält sich der Presse gegenüber bedeckt: „Wir können Sie informieren, dass Vereinbarungen bestehen, welche den Einbehalt von Forderungen rechtfertigen. Beide Lieferanten haben sich nicht an die Vereinbarungen gehalten und von ihrem Recht Gebrauch gemacht, ihre Forderung gerichtlich zu reklamieren", schreibt der Verwalter der Finca, Waldemar Kliesing, in einer E-Mail an die Mallorca Zeitung, die eigentlich um ein telefonisches Gespräch zu dem Thema gebeten hatte.

Mit einem zeitnahen Verkauf der Immobilie wäre Becker der jetzige Rechtsstreit wohl erspart geblieben. Dass sich die Veräußerung als so schwierig gestalten würde, hatte er vermutlich nicht geahnt. Engagiert hat er sich für die Vermarktung durchaus. Bei Kühn & Partner ließ er seine Mallorca-Finca als „märchenhaft und repräsentativ" anpreisen. Am 12. August 2007 zierte er mit seinem mallorquinischem Wohnzimmer im Hintergrund das Cover der „The Sunday Times Home". In der Top-Story der Ausgabe mit dem Titel „Hasta la vista" mit prachtvollen Fotos des Anwesens hieß es, Becker wolle dort noch einen letzten Sommer verbringen. Mit der Aktion wollte er wohl britische Kunden ansprechen. Anwohner berichten, dass zunächst immerhin regelmäßig der Hubschrauber von Kühn & Partner, mit dem das Unternehmen Top-Kaufinteressenten befördert, auf der Finca landete. „Das wurde aber auch immer weniger."

Schließlich stellte sich Becker sogar selbst vor die Kamera, um sein Insel-Zuhause zu präsentieren. In dem im September 2010 auf dem Online-Portal der „Bild"-Zeitung eingestellten Video „Zu Gast bei Boris" führt Becker im Freizeit-Look durch die zentrale Wohnhalle, zeigt sein Fernsehzimmer, die Orangenbäume, den riesigen Garten mit Pool, Poolhaus und „Kolosseum". Er schwärmt von den „vier bis fünf Golfplätzen in wenigen Minuten vom Haus", von den Orangen, die man vom Baum pflücken kann, und seinen Schwimmerlebnissen, die ihn fühlen lassen „wie Franziska van Almsick". Dass er das Anwesen, mittlerweile eine Art Ladenhüter unter Mallorcas Luxus-Immobilien, seit Jahren loswerden will, erwähnte er nicht.

In der Printausgabe vom 23. Juni (Nummer 581) lesen Sie außerdem:

- Boris Beckers jahrelanger Ärger mit seiner Finca

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