Die Zahlen sind dramatisch: Wie die gesamte Inselwirtschaft leidet auch der Verkauf von Waren ins Ausland unter der Krise. Im ersten Halbjahr 2011 brach der Export laut Konjunkturbericht der Balearen-Regierung im Vergleich zum Vorjahr um fast 36 Prozent ein. Das Gesamtvolumen, für das mehrheitlich mallorquinische Firmen verantwortlich zeichnen, schrumpfte auf 287 Millionen Euro.

Doch die Zahlen zeigen nicht das vollständige Bild: Immer mehr Unternehmen versuchen, mit zum Teil neuartigen Produkten in ausländischen Märkten Fuß zu fassen. Mit 1.562 Unternehmen exportierten laut spanischem Institut für Außenhandel (ICEX) bis Oktober 2011 so viele balearische Firmen wie nie zuvor ihre Waren nach Frankreich und Deutschland, aber auch bis nach Australien und Hongkong.

Zwar schlägt sich die steigende Exportlust noch nicht entscheidend in der Gesamtstatistik nieder, doch Optimisten sehen darin den Keim einer zukunftsträchtigen Unternehmenskultur. Zumal im vergangenen Jahr 12 Prozent mehr neue Firmen geschaffen wurden als 2010.

Zu den im Ausland gefragten Inselwaren zählen nicht nur Schuhe und Kartoffeln, sondern auch Parfüm, Leder, Schmuck und Möbel. Maria Coll, Präsidentin des balearischen Schuhverbandes, bringt es auf den Punkt: „Wir exportieren tatsächlich mehr und haben auch gar keine andere Wahl. Bei der momentanen Marktlage in Spanien würden wir sogar versuchen, unsere Schuhe auf dem Mond zu verkaufen." Die Schuhe der Marke Georgie´s, die ihr in Inca angesiedeltes Unternehmen herstellt, haben es immerhin bis ans andere Ende der Welt geschafft: Sie werden mittlerweile sogar in Australien verkauft.

Der Schuhsektor ist einer der wenigen balearischen Wirtschaftszweige, die der Krise trotzen: Im ersten Halbjahr 2011 stieg der Export-anteil laut Konjunkturbericht um 18 Prozent, insgesamt lieferten die Inseln Schuhe im Wert von fast 65 Millionen in die ganze Welt, vor allem nach Deutschland, Frankreich und Italien. Aber auch in China, Japan, Singapur und Russland ist Schuhwerk der Balearen gefragt.

Als Paradebeispiel für eine relativ kleine, aber pfiffige Inselfirma, die auf dem Weltmarkt Furore macht, gilt Camper: Die Modeschuhe des ebenfalls in Inca ansässigen Unternehmens werden in über 70 Ländern verkauft.

Auf dem absteigenden Ast befindet sich hingegen das traditionelle Exportprodukt Leder. Doch die Hersteller nehmen die Konjunkturlage nicht kampflos hin und bemühen sich um neue, zum Teil weit entfernte Märkte. So konnten sie ihre Verkäufe nach Thailand um 187 Prozent auf über zwei Millionen Euro steigern.

Die Bedingungen für exportwillige Unternehmer auf der Insel sind eigentlich gut, wie Jaime Moranta von der gleichnamigen Zollagentur erklärt: „Da viele Lkw voller Waren hier ankommen, die dann leer wieder einschiffen, sind die Transportkosten von der Insel weg relativ günstig."

Die Inselregierung bemüht sich deshalb, noch mehr Unternehmen zu einem Sprung über die Inselgrenzen hinaus zu ermutigen. Der Generaldirektor für Handel, César Pacheco, sieht ein großes Potenzial, für mehr als 10.000 Unternehmen möchte er neue Perspektiven eröffnen: „Wir wollen nicht nur die typischen neuen Märkte wie Indien und China erschließen, sondern unsere Fühler auch nach Südamerika und Afrika ausstrecken." Unter anderem wird fachkundige Beratung von Kennern der jeweiligen Märkte angeboten.

In Nordafrika haben schon jetzt Teile des Bausektors einen ersten Ausweg aus der Krise gefunden: Maschinen und Material, die auf Mallorca zurzeit keine Verwendung finden, sind im aufstrebenden Marokko sehr gefragt. Auch nach Osteuropa, wo die Bauwirtschaft nach wie vor brummt, exportiert die Insel Materialien und Know-how.

Biel Huguet, Unternehmer aus Campos, verkauft seine Zementfliesen bereits in Kroatien, Italien und sogar bis nach Japan, Australien und in die USA. Gefragt sind diese Inselprodukte wegen des großen Angebots unterschiedlichster Designs, das durch eine innovative Herstellungsweise ermöglicht wird. Den Großteil seiner Produktion verkauft Huguet heute außerhalb der Insel.

Der Nautiksektor steht auf Platz drei der vom ICEX veröffentlichten Exportliste, die zum Teil von derjenigen der Inselregierung abweicht. Auch die ICEX-Zahlen beziehen sich auf alle Inseln, obwohl Mallorca für den Hauptteil der Wirtschaftsleistung verantwortlich ist. Demzufolge verkauften Nautikfirmen für über 70 Millionen Euro Güter ins Ausland. Diese Zahl ergibt sich aber nicht hauptsächlich durch den Verkauf neuer Yachten, sondern vor allem durch die Reparatur und den Verkauf von Ersatzteilen für Boote.

Den vierten Platz in der ICEX-Exportstatistik nehmen Pkw ein. Auch hier führen die Zahlen in die Irre. Es handelt sich bei den ausgeführten Autos natürlich nicht um Neuwagen, die auf den Inseln hergestellt werden, sondern um die ausgemusterten Fahrzeuge der Mietwagenflotten. Trotzdem werden auch hier erhebliche Exportgewinne erzielt.

Eine Überraschung wartet auf dem fünften Platz der Exportstatistik: Parfüms haben sich 2011 als Verkaufsschlager erwiesen. Die Duftstoffe wurden nicht nur nach Deutschland, sondern sogar bis nach Hongkong verkauft.

Zu den bekanntesten Marken Mallorcas gehört sicherlich Flor d´Ametler. Der Familienbetrieb Rover stellt dieses Duftwasser mit der Mandelblüte im Flakon in begrenzter Auflage her und beweist so, dass sich nicht nur Masse verkauft, sondern auch Qualität. Das Unternehmen will seine Produkte in Zukunft auch in Japan und in den USA lancieren.

In der Landwirtschaft gilt die Kartoffel nach wie vor als Exportschlager der Insel. Die in Sa Pobla angebauten Knollenfrüchte werden in englischen, deutschen und skandinavischen Supermärkten feilgeboten. Trotz sinkender Lebensmittelpreise konnten Landwirte aus dem Inselosten die Exportgewinne um 5 Prozent steigern.

Weine und Liköre sind im Ausland ebenfalls beliebt, besonders bei deutschen Konsumenten, die nach wie vor die Hauptabnehmer von Inselweinen sind. Ein großes Absatzplus erzielten die feinen Tropfen in den USA, hier konnte der Verkauf um 88 Prozent gesteigert werden. Vor wenigen Wochen verschiffte die mallorquinische Bodega José L. Ferrer gar eine erste Ladung von 8.000 Flaschen Qualitätswein für den Transport nach China.

Ebenfalls ein Renner in der Lebensmittelsparte sind die Kekse von Quely. Aufgrund seiner guten Lagerfähigkeit lässt sich das Salzgebäck ohne Qualitätsverlust selbst nach Russland, China und Japan verschicken.

Schmuck und Perlen verkauften sich 2011 vor allem in die Türkei, aber auch nach Frankreich. Im Aufwind steht zudem die Möbelbranche. Dank mallorquinischer Hotelketten wurden Schränke, Betten und Stühle nach Mexiko, in die Dominikanische Republik und auf die Kapverden verkauft. Auch Badezimmerarmaturen fanden so ihren Weg nach Übersee.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 12. Januar (Nummer 610) lesen Sie außerdem:

- Insel-Exporte in Zahlen

- Bio-Stabilisator aus Johannisbrot

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