Traumhafte Abschläge mit Blick aufs Meer. Mit dem Buggy durch die grünen Hügel kurven, zwischendurch im urigen Halfway-Haus einkehren und zum Schluss auf der Terrasse des Restaurants Campino speisen. Dort trifft man dann vielleicht noch Boris Becker oder einen anderen Prominenten. So könnte ein schöner Tag auf dem 60-Hektar-Platz in Camp de Mar aussehen. Viele deutsche Wirtschaftslenker, Sportler-Größen und andere bekannte Gesichter erholen sich hier gern. Aber von heiler Welt in Mallorcas Glamour-Club „Golf de Andratx S. A." konnte in letzter Zeit keine Rede sein, hinter den Kulissen flogen die Fetzen.

Parallel zu den immer größer werdenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten lud sich die feindliche Stimmung zwischen einer Gruppe von Aktionären und der Clubleitung um Geschäftsführer Stefan Blöcher und dem Vorsitzenden des Boards, Herbert Ebertz, immer mehr auf. Im Eifer des Gefechts verloren manche Golfer, allesamt gestandene Geschäftsleute, ihre guten Umgangsformen. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung am 24. Februar zur Klärung der Finanzprobleme ging es besonders hitzig zu. „Wie da zum Teil miteinander umgegangen wurde, das entspricht nicht einer kultivierten Gesellschaft", findet Aktionär Joachim Eckerle.

Doch die Lage war ernst. Der Club stand vor der schwierigen Aufgabe, bis zum Jahresende 1,5 Millionen Euro als Sondertilgung aufzutreiben. Beim Kreditgeber, der spanischen Sparkasse CAM, waren unbezahlte Tilgungsraten bis in Höhe von 500.000 Euro aufgelaufen. „Das ist peinlich hoch zehn. Immer haben sie als der Jetset-Club unter dem Motto ´Wir sind die Größten´ die große Welle gemacht, und jetzt das", findet ein Kenner der Golfszene der Insel. Zu den Ehrenmitgliedern zählen immerhin Claudia Schiffer, Boris Becker, Franz Beckenbauer, ­Howard Carpendale, Michael Douglas und Otto Waalkes.

Die Bank drohte mit der Insolvenz: Entweder es wird bis Ende März bezahlt, oder der Golfclub strukturiert seine komplette Finanzierung um. Nach intensiven Bemühungen kam am Mittwoch (4.4.) schließlich die frohe Nachricht. „Alles ist gut. Es gibt einen privaten Investor, den ich gefunden habe und der mir das Vertrauen geschenkt hat. Er hat alle unsere Verbindlichkeiten bei der CAM abgelöst, und wir sind von der Bank befreit. Golf de Andratx hat, hatte und wird auch in Zukunft keine finanziellen Schwierigkeiten haben", sagte Geschäftsführer Stefan Blöcher nach dem Notartermin. Der Vorsitzende des Boards, Herbert Ebertz, hebt die „deutlich günstigeren Belastungen" hervor. „Ein sehr wichtiger Schritt für Golf de Andratx." Details zu dem Rettungsengel bleiben noch geheim, am Montag sollen die Ak­tionäre eingeweiht werden. Blöcher (52, Handicap 4,3) erinnert auch daran, dass sein Club trotz sinkender Umsätze immer ein positives Betriebsergebnis erwirtschaftet habe.

Die erreichte positive Wendung muss eine Genugtuung für den Mann sein, der in den vergangenen Monaten neben Ebertz massiv kritisiert worden war. „Der eine ist der Kurfürst, der andere der König, und so wird der Club auch geführt", sagte Aktionär Holger Dieckmann. Der Resident (70, Handicap 15,8) spielt dreimal die Woche Golf in Camp de Mar. Nach Jahren macht es ihm noch immer Spaß. „Der Platz ist so herausfordernd und abwechslungsreich." Doch die Führung der Anlage ist ihm schon länger ein Dorn im Auge. Dieckmann und seine rund 30 Mitspieler in der sogenannten „Ryder Cup"-Montagsrunde finden Blöchers Auftreten arrogant und bemängeln seinen Umgang mit Aktionären und Green-Fee-Spielern als wenig zuvorkommend und deswegen nicht umsatzfördernd. Beispielsweise gebe es nicht wie auf anderen Insel-Plätzen einen Ersatz-Gutschein für Gäste, die wegen Regen nicht mehr weiterspielen. Blöcher kümmere sich zu stark ums Marketing und die Außendarstellung, statt um die Pflege des Clubs, heißt es. „Der macht einen unaufgeräumten Eindruck. Mir kommt er immer vor

wie eine schöne Frau, bei der der Eyeliner verlaufen ist", sagt Dieckmann. Und ein Kenner der Insel-Golfszene analysiert: „Es fehlt das Fingerspitzengefühl für den sensiblen Golfer. Das wird dann in Deutschland weitererzählt."

Blöcher wiederum bezeichnet die Stammgolfer um Dieckmann als „Krebsgeschwür" und „ewige Nörgler", die an allem ein Haar in der Suppe finden. „Ich weiß, dass ich arrogant rüberkomme. Ich glaube aber, ich bin sehr sensibel und gerechtigkeitsfanatisch", sagt der frühere Profi-Hockeyspieler.

Die Kritik gehe dabei nicht spurlos an ihm vorbei. Er räumt ein, dass er tatsächlich oft nicht vor Ort sei. „Das ist eine berechtigte Kritik. Gegenüber den Aktionären war ich vielleicht zu unnahbar." Doch Blöcher sieht den Golfclub als „Lifestyle-Produkt", für den er auf Veranstaltungen wirbt und Sponsoren und interessante Gäste an Land zieht. Aber auch seine privaten Reisen würden oft dem Club dienen. „Das Turnier der Privatbank Hauck & Aufhäuser am 29. September habe ich zum Beispiel beim Skifahren mit dem Vorstandsvorsitzenden Michael Schramm in Kitzbühel klargemacht." Mangelnde Kulanz bei Regen weist Blöcher von sich, sagt aber auch: „Beim Skifahren verlangt man doch auch nicht seine Liftkarte zurück, wenn das Wetter schlecht wird."

Tatsächlich ging der Umsatz in den vergangenen drei Jahren bei Golf de Andratx um rund 30 Prozent zurück. Das war aber allerdings nicht der einzige Grund für die Finanzklemme. Die Tilgungsraten von 8 Prozent für die beiden Kredite des Clubs in Höhe von

8 Millionen Franken waren einfach zu hoch angesetzt. Nach dem Ende der fetten Jahre konnten sie nicht mehr bezahlt werden. Zudem scheiterte eine bereits mündlich getroffene Vereinbarung zur Senkung der Tilgungsrate an der Beinahe-Insolvenz der inzwischen von der Banco Sabadell aufgekauften CAM. Auch eine versuchte freiwillige Kapitalerhöhung für Aktionäre mit dem „Diamonds Club" floppte.

Die sinkenden Einnahmen des Clubs haben indes auch etwas mit der wachsenden Konkurrenz zu tun. „Als wir anfingen, gab es 15 Plätze auf der Insel, jetzt sind es 24. Alcanada, Son Gual und Son Muntaner haben uns Prominente abgenommen", sagt Blöcher, der für seine guten Kontakte bekannt ist.

Auch andere Aktionäre ergreifen Partei für den polarisierenden Manager. „Mir gegenüber war er immer nett und herzlich", sagt etwa Birgit Büngeler, die Leiterin des deutschen Facharztzentrums. Und die Schelte über die Platzpflege lassen viele nicht gelten. „Der ist in bestem Zustand. Es ist traumhaft", sagt etwa Georg Silbermann (57, Handicap 20), CEO beim Müllverbrennungsanlagenhersteller Hitachi Zosen Inova in Zürich. In diesem Punkt allerdings scheiden sich die Geister. Am 9. März schrieb Golfer „Bjp" auf www.1golf.eu: „Rausgeschmissenes Geld. Die Platzpflege lässt schwer zu wünschen übrig."

Fest steht, dass auch nach der Rettung des Clubs das Ausgaben-Einnahmen-Verhältnis verbessert werden muss. Darum kümmert sich Silbermann zusammen mit Aktionär Joachim Eckerle (47). Als bei dem Mittelständler im Zuge der Krise plötzlich der Umsatz einbrach, schaffte er es in kurzer Zeit, seinen Betrieb zu sanieren. „Da werden wir doch einen Golfclub hinkriegen, wo die Einnahmen einigermaßen in Ordnung sind."

Zur Klärung der Lage bestellten Silbermann und Eckerle einen Wirtschaftsprüfer nach Mallorca. Dieser sah dort vergangene Woche in die Bücher des Clubs. „Er bestätigte uns bereits, dass die Buchhaltung in Ordnung ist. Auf der Grundlage seines ausführlichen Berichts wollen wir dann ein Nachhaltigkeitskonzept für den Golfclub erstellen", berichtet Silbermann, der über Ostern mit seiner Frau Christine in Golf de Andratx spielt.

Dieckmann und seine Mitstreiter sehen schon lange zusätzliches Einnahmepotenzial. „Laut der Satzung muss für jede Aktie ein jährlicher Beitrag entrichtet werden", sagt er. Doch die Mehrheitsaktionäre Herbert Ebertz und der georgische Prinz Zourab Tchkotoua, die zusammen 470 der insgesamt 1.007 Aktien halten, würden gar keine Beiträge zahlen. Ihre Begründungen: Mit diesen Aktien seien keine Spielberechtigungen verbunden. Bei den übrigen Aktionären wird zwischen „aktiven" und „passiven" unterschieden. Die „aktiven" zahlen für ein Jahr unbegrenztes Golf spielen 2.000 Euro, die „passiven" zahlen 500 Euro.

Das Thema ist im Club bekannt. Doch dagegen wird stets gehalten, dass Ebertz und Tchkotoua einst mit einem zinsfreien Darlehen in Millionenhöhe einsprangen, als die kalkulierten Baukosten des Platzes kräftig überschritten wurden waren. Außer Ebertz und Tchkotoua halten etwa 40 weitere Mitglieder mehrere Aktien, zahlen laut Dieckmann aber nur einen Beitrag.

„Das Problem ist, der Club wird wie ein Sportverein geführt. Es ist aber eine Aktiengesellschaft", sagt Dieckmann. Ihm geht es ums Prinzip und deswegen hat er jetzt – unterstützt von rund 30 weiteren Aktionären, wie er sagt – eine Klage angestrengt (siehe Printausgabe und E-Paper). „Auch ich bin dafür, dass das juristisch geklärt wird", sagt Ebertz. Der Vorsitzende des Boards ist geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Ebertz & Partner oHG, einem der größten Anbieter von geschlossenen Immobilien-Fonds in Deutschland und hat auch das an Golf de Andratx angrenzende Dorint-Hotel über einen Fonds finanziert und gebaut.

Um ihre „sozialen und sportlichen Interessen" von der Aktiengesellschaft loszulösen, wollten Dieckmann und seine Mitstreiter vor einigen Monaten einen Verein gründen. „Da entdeckten wir, dass auf dem Papier schon 2000 ein Sportclub gegründet worden ist, aber nie mit Leben erfüllt worden ist." Präsident des Clubs ist Ebertz. Doch dieser ließ die eingegangenen 55 Aufnahmeanträge bislang abblitzen. Er will die Aktionäre auf der nächsten Hauptversammlung am 6. Juni darüber entscheiden lassen. „Das findet er demokratisch. Aber das eine hat nichts mit dem anderen zu tun", betont Dieckmann. Viele andere Ak­tionäre fürchten aber, dass der Verein gegen die Leitung des Golfclubs schießen würde.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 5. April (Nummer 621) lesen Sie außerdem:

- Die Klage: Handelt der Club korrekt als AG?

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