Bikinis statt Stützstrümpfe, Sangria-Eimer statt Kännchen Kaffee – an der Playa de Palma auf Mallorca verdrängen zum Saisonbeginn partyfreudige Arenal-Fans die deutschen Rentner, die den Kult-Ferienort in den vergangenen Monaten ganz für sich hatten. Die großen Discotheken lassen zum Saisonauftakt alles aufmarschieren, was am Ballermann Rang und Namen hat. Und auch Souvenirläden, Touristeninforma­tionen und die Polizei rüsten sich für den Ansturm der Urlauber.

Der letzte Schliff

Es wird geschrubbt, gewienert und gemalt – da öffentliche Investitionen ausbleiben, legen Händler, Restaurantbesitzer und Gärtner selbst Hand an, um die Playa de Palma auf Vordermann zu bringen. Wie man auch mit wenig Einsatz Wirkung erzielen kann, hat die Betreiberfirma der balnearios vorgemacht: Die Dächer der Strandbars erstrahlen jetzt in Rot, Grün, Blau oder Orange. Bis Anfang Mai sollen auch der berühmt-berüchtigte „Ballermann 6" und die Lokale 12, 13 und 14 gestrichen werden.

Stadtgärtner Fermin Moya verschönert mit zwei Kollegen den Kreisverkehr auf dem Camí las Maravillas, der Hauptverkehrsstraße nach Arenal. „Wir bringen die Pflanzen auf Hochglanz, damit die Touristen sich hier wohlfühlen", sagt Moya. Und ergänzt, dass er und seine Kollegen in diesem Jahr besonders motiviert bei der Sache seien, um ihre Arbeitsplätze zu erhalten.

Auch Souvenirläden und Modeboutiquen rüsten sich für den ersten Urlauberansturm. Raquel von „Moda San Francisco" verbreitet nach einem „schrecklichen" Winter Zweckoptimismus. „Dieses Jahr wird das beste von allen", sagt sie in einer Art Selbstbeschwörung: Die deutschen Touristen sollen die krisengeplagten mallorquinischen Kleinunternehmer retten.

Hoch die Tassen

Vorbei ist es mit der beschaulichen Ruhe: Die großen Amüsiertempel Arenals öffnen wieder ihre Pforten. Den Anfang machen schon an diesem Wochenende das ­Oberbayern und der Bierkönig. In Zusammenarbeit mit zwei Reiseveranstaltern haben sie ein Vier-Tages-Komplett-Paket auf den Markt geworfen: Flug, Hotel, Freibier und Rund-um-die Uhr-Party für knapp 400 Euro. Die schon traditionelle Ballermann-Polonaise startet am Sonntag zwischen 13 und 14 Uhr am Deutschen Eck, anschließend geht´s zur großen Openingparty im Oberbayern. Mit dabei sind die Ballermann-Stars Peter Wackel und Ikke Hüftgold (siehe Interview) sowie RTL-Sternchen wie Schäfer Heinrich, Kim Gloss und Rocco Stark. Mitbewerber MegaPark lädt eine Woche später (6.5.) zur offiziellen Eröffnungsparty und fliegt aus diesem Anlass unter anderen Jürgen Drews, DJ Ötzi und die Atzen ein. Auch die „schrecklich glamourösen" Geissens, Comedian Matze Knop und TV-Sternchen Gina-Lisa werden dann erwartet.

Es geht um die Wurst

Die an der Playa de Palma etablierte Wurstbuden-Kette Grillmeister bekommt dieses Jahr Konkurrenz vom neu gegründeten „Wurstkönig". Angebot und Design der Imbissstände ähneln sich verblüffend. Der neue „Wurstkönig" kommt ähnlich feuerrot daher wie Platzhirsch Grillmeister und bietet auch noch den Grillmeister-Verkaufsschlager „Halber Meter Bratwurst" ebenfalls zum Preis von 3,50 Euro an.

Bahnt sich da ein Wurstkrieg am Ballermann an? Die beiden Firmen halten sich bedeckt. „Es war die Entscheidung unserer Unternehmensgruppe, eine eigene Marke zu kreieren", sagt Wurstkönig-Geschäftsführer Gerald Kendlbacher. Der Österreicher übernahm den Job zusätzlich zu seiner Aufgabe als Gastro-Manager im MegaPark, der wie die neue Wurstbuden-Kette zur Gruppe Cursach gehört.

Die erste der in Österreich mit hydraulischen Dächern produzierten Wurstkönig-Buden wurde Anfang April am MegaPark-Eingang platziert, genau dort wo früher der Grillmeister seine Würstl verkaufte. „Das war wohl ihr stärkster Standort", meint auch Kendlbacher. Aber der Vertrag mit Grillmeister sei ausgelaufen. Auf die Frage nach der Reaktion des früheren Vertragspartners meint er: „Ich weiß nicht, ob sie sauer sind. Das kann wohl sein." Der neue Wurstkönig will sein Herrschaftsgebiet an der Playa bis zum Saisonstart noch auf vier weitere Standorte ausdehnen. Eine zweite Bude am MegaPark ist bereits an den Wochenenden in Betrieb. Drei weitere sollen vor den Discotheken Riu Palace und Paradies sowie in der Bierstraße aufgebaut werden. Die Bratwurst kommt beim „Wurstkönig" von der Firma Remagen aus Köln. „Die Würste werden mit Kühlwagen nach Mallorca transportiert. Sie sind nicht tiefgefroren", betont Kendlbacher.

Konkurrent Grillmeister ist bereits seit rund zehn Jahren auf dem Markt auf Mallorca. Aktuell betreibe man insgesamt zehn Wurstbuden auf Mallorca, davon sechs in Arenal, berichtet Personalchef Marco Wächter. Auch der Grillmeister ist stolz auf seine deutschen Bratwürste. Zum Wurstkönig meint er: „Was soll ich sagen. Das ist Konkurrenz."

Ab in den Untergrund

Kunst, Konzerte und Chill-out im „Untergrund": Am 18. Mai feiert in Arenal das CavaArt seine Eröffnung. Der Clou des Clubs: Er liegt in den Höhlen des ehemaligen Steinbruchs von Es Pil·lari (Camí Palmer s/n, Autobahnausfahrt 11). Betreiber Ángel Avila will in den Marès-Höhlen kulturelle Events aller Art veranstalten: Von Klassik-Konzerten bis hin zu Modenschauen ist für jeden Geschmack etwas dabei. Und Cocktails gibt´s natürlich auch.

Heftchen gegen Heftchen

Auch im Blätterwald schenkt man sich nichts. Gleich drei sogenannte Fanzines im Hosentaschenformat versorgen Arenal-Urlauber in diesem Jahr gratis mit Informationen über die Playa. Schon seit 2010 bietet die „malleBZ" Veranstaltungs- und Restauranttipps, einen übersichtlichen Plan der Playa und nützliche Details wie Busfahrpläne. Während der Fokus im vergangenen Jahr noch ganz auf der Playa lag, will Herausgeber Oliver Lipp sich in diesem Jahr mit der ganzen Insel beschäftigen. Auf einen bewährten Erfolgsfaktor seines monatlich erscheinenden Heftchens wird er aber nicht verzichten: Fotos von bevorzugt weiblichen Partygängern und Strandbesuchern in spärlicher Kleidung erfreuen vor allem die männlichen Leser.

Doch nun drängt ein Mitbewerber auf den Markt: Auch das Heftchen „Balear News" richtet sich an Arenal-Besucher. In der ersten Ausgabe sind Porträts über die Ballermann-Künstler und einige wichtige Telefonnummern zu finden. Die nächste Ausgabe soll laut Geschäftsführer Sepp Lohsteiner mit Insider-Informationen über die Playa neben Touristen auch Residenten ansprechen. Beide Publikationen sind auch im Netz zu finden. Ein drittes Gratisheftchen namens „New Mallorca" richtet sich mit einer Mischung aus eigenen Reportagen und PR-Texten an Residenten auf der ganzen Insel. Grün sind sie sich alle nicht, wie auch auf den entsprechenden Internetseiten nachgelesen werden kann.

Touristeninformation 2.0

Die Touristeninformation an der Playa de Palma soll künftig mehr bieten, als nur Stadtpläne auszuhändigen. Geplant ist der Verkauf von Merchandising-Artikeln mit dem neuen „I love Palma"-Logo sowie von Eintrittskarten für Museen, Ausstellungen und Veranstaltungen. Außerdem soll das Profil der Besucher mit einem ausführlicheren Fragebogen wieder einmal genauer ermittelt werden. Warum das alles noch Zukunftsmusik ist? Weil der neue Betreiber der Touristeninformation noch gar nicht feststeht. Die Ausschreibung ging vor wenigen Tagen zu Ende, die Konzession soll Anfang Juni vergeben werden. Die noch zu bestimmende Firma soll dann alle Touristeninformationen der Stadt Palma managen. Übergangsweise arbeiten nun Angestellte der Stadt in dem Büro an der Playa de Palma, der Vertrag mit dem früheren Betreiberunternehmen SAB lief bereits aus.

Sicher ist gar nichts

Noch weiter in der Zukunft liegt das einheitliche Polizeikommando. Taschendiebstahl, Prostitution, illegaler Straßenverkauf, Überfälle auf Betrunkene: Mit der Zahl der Touristen steigt leider jedes Jahr auch die Zahl der Straftaten an der Playa. Um die Schlagkraft der Ordnungshüter in dem Urlaubsgebiet zu erhöhen, wird erwogen, die dort aktiven Einheiten der Ortspolizei Palma, Llucmajor und der Nationalpolizei unter ein einziges Kommando zu stellen. Wie, wann, wo sei aber noch längst nicht klar, sagt Sprecher Ángel García von der Ortspolizei Palma.

Alles beim Alten

War da nicht noch was? Sollte nicht die Playa de Palma rundum saniert werden? Eigentlich schon. Ein 2005 ins Leben gerufene Konsortium sollte alte Hotels abreißen, hässliche Wohnblöcke renovieren, neue Grünflächen anlegen und eine Straßenbahn bauen. Todschick sollte die Playa werden. Erst wurde ganz lange diskutiert und dann noch eine ganze Weile geplant. Als es endlich, ein paar Millionen waren schon ausgegeben, ans Werk gehen sollte, bekamen die Politiker schon bei den ersten Protesten betroffener Anwohner die Muffen und beschlossen, die nächsten Wahlen abzuwarten. Danach gab es kein Geld mehr. Und das wird es auch auf absehbare Zeit nicht mehr geben, weder aus Madrid noch aus Palma. Tourismusminister Carlos Delgado will nun, dass es die großen Hotelgruppen und Investoren alleine richten. Von Spas und einem Casino ist die Rede. Erst einmal bleibt alles beim Alten. Auch das Consorcio de la Playa de Palma gibt es noch. Sprecherin Lourdes Reynes sieht sogar noch eine Existenzberechtigung: „Wir werden die verschiedenen Investitionsprojekte koordinieren."

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 26. April (Nummer 625) lesen Sie außerdem:

- Lärm, Prostitution, Diebe: Wie die Anwohner in Arenal den Urlauberwahnsinn in ihrem Viertel erleben

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