Die beiden Kellner aus der Champagner-Bar blicken hilfesuchend in alle Richtungen. Gerade haben sie einen gewaltigen, mit halb geschmolzenen Eiswürfeln gefüllten Sektkühler die Treppe zum Hafenbecken hinunter gehievt. Doch jetzt ist auf der peinlich sauber gefegten Mole, an der auf Hochglanz polierte Luxusyachten wie Perlen aneinandergereiht liegen, nirgendwo eine Abflussrinne zu entdecken, in der man das unbrauchbar gewordene Eiswasser entsorgen könnte. „Kippt das doch einfach ins Meer", rät ein vorbeihastender Skipper. „Geht nicht!", ruft ihm einer der Kellner entrüstet hinterher. „Denn was ist, wenn wir damit die Boote bespritzen?"

Es sind die kleinen, noch gänzlich unerprobten Tücken des Alltags, die in Port Adriano derzeit Probleme bereiten. Doch selbst sie können nichts an der Tatsache ändern, dass die nach fast sechs Jahren abgeschlossene Verwandlung des bis dahin eher unbedeutenden Häfchens im Südwesten der Insel zum neuen maritimen Luxus-Hotspot der Balearen ein voller Erfolg ist.

Mehr noch. In Sachen Exklusivität, Avantgarde und Design dürfte keiner der 40 anderen Yachthäfen Mallorcas Port Adriano das Wasser reichen. Weder in Calviàs bisheriger Schickimicki-Marina Portals Nous noch in Palmas traditionellen Nobelhäfen Club de Mar und Real Club Náutico macht die Symbiose aus Bootssteg, Luxusyacht, teuren Lokalen und Hightech-Einrichtungen einen so aufgeräumten und durchdachten Eindruck wie hier unterhalb der Steilküste von El Toro.

Nirgendwo sonst auf Mallorca können Yachtbesitzer ihre Boote direkt am Steg betanken, bekommen Skipper einen eigenen Wi-Fi-, Telefon- und Sat-TV-Anschluss an Bord gelegt oder verfügen Liege­plätze über eine separate Fäkalienentsorgung. An den Molen umherliegende Mooringleinen oder Versorgungsschläuche sucht man hier dank geschickt getarnter Kabelschächte ebenso vergeblich wie mit Lieferwagen und Pkw zugeparkte Stege. Yachties und auswärtige Gäste können ihre Autos vielmehr in einem unterirdischen Parkdeck – mit knopfloser Kennzeichen-Erkennung zum Öffnen der Durchfahrtsschranken – vor der Sonne schützen.

Platz wurde in Port Adriano aber vor allem für die großen Pötte geschaffen. Auf einer Anlegefläche von 25.000 Quadratmetern können hier insgesamt 82 Segel- und Motoryachten zwischen 20 und 80 Meter Länge festmachen. Und im Sommer sind an der Transitmole neben der Hafeneinfahrt selbst Megayachten von bis zu 100 Meter Länge willkommen.

Herzstück des vom französischen Industrie-Designer Philippe Starck entworfenen Nobelhafens ist die rund 250 Meter lange doppel-etagige Shoppingmole, auf der Yachtbroker-Agenturen, Schiffsausstatter, Immobilienmakler, Modeboutiquen, Restaurants und Cafés untergebracht sind. Zur internationalen Pressepräsentation am vergangenen Freitag waren von den insgesamt 24 Geschäftslokalen nur noch drei frei.

Und das lag nicht am Mietpreis von 50 Euro pro Quadratmeter allein. „Nur wir entscheiden, wer hier reinkommt oder wer nicht", sagt Hafen-Direktorin Isabel Teruel.

Neben ausreichend finanzieller Solvenz hänge die Zusage für einen Mietvertrag vor allem davon ab, ob ein Unternehmen die hohen Auflagen der Hafenverwaltung hinsichtlich Design und Einrichtung des Lokals umsetzen kann. „Es kommt uns aber auch auf die richtige Mischung an. Wir wollen unseren Besuchern schließlich mehr als nur Cafés und Restaurants bieten", so Teruel.

Doch gerade das kulinarische Angebot soll in Zukunft Yachties und Nicht-Yachties dazu bewegen, einen Abstecher nach Port Adriano zu unternehmen. Gastronomisches Flaggschiff im Hafen ist der aus Sylt importierte Nobel-Imbiss „Sansibar", von dessen Chill-out-Terrasse man bei einem Glas Moët & Chandon und einer Portion Currywurst den Blick auf Flybridge-Yachten ganz ungeniert genießt. Wem das zu sehr nach Kampen schmeckt, geht vielleicht am besten eine Etage tiefer ins „Coast by East". Dort werden Fisch und Meeresfrüchte nebst Sushi und Sashimi serviert.

Allerdings muss sich erst zeigen, ob die Tische an Land und Liegeplätze im Wasser so gut besetzt bleiben wie in den vergangenen Tagen. Das Gros der Yachten, die anlässlich der Superyacht-Messe bis Anfang Mai in Port Adriano festmachten, dürfte den Hafen in den kommenden Wochen wieder Richtung Palma, Cannes, Monaco oder Porto Cervo verlassen. Nur ganz wenige Superyachten wie der Performance-Segler „Scorpione dei Mari" haben ­Mallorcas neue Nobel-Marina bisher als Heimat-Hafen gewählt. Zudem ist der Verkauf der bis zu 2,5 Millionen Euro teuren Liegeplätze seit vergangenem Jahr ins Stocken geraten – noch die Hälfte aller XXL-Plätze ist frei.

Größter Kritikpunkt am Hafen bleibt weiterhin die etwa 15 Meter hohe Kaimauer aus unästhetisch grauem Stahlbeton. Sie behindert nicht nur den ungetrübten Blick hinaus aufs Meer, sondern auch das Anlaufen bei auflandigem Wind, da die von der senkrechten Wand abprallenden Wellen nach Ansicht von Experten für jede Menge Turbulenzen im Wasser sorgen.

Unsicherheit herrscht bei Brokern, Geschäftsleuten sowie der Hafenleitung zudem hinsichtlich des zu erwartenden Besucheraufkommens in den Wintermonaten. Zwar bietet Port Adriano auch eine 10.000 Quadratmeter große Refit-Werft für gängige Reparatur- und Wartungsarbeiten. Ob die jedoch in der Nebensaison ausreichend genutzt wird, bleibt abzuwarten.

Grund genug, die Korken knallen zu lassen, gibt es in Port ­Adriano aber erst einmal genug. Das internationale Presse-Echo nach der Präsentation Ende April fiel einhellig positiv aus. Und auch die im Hafen ansässigen Unternehmen sind mit dem bisherigen Publikumsverkehr in der neuen Superyacht-Marina zufrieden. Da stört es auch nicht, wenn für das Schmelzwasser aus den Champagner-Kühlern kein Abflussrohr vorhanden ist.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 3. Mai (Nummer 626) lesen Sie außerdem:

- Erste Superyacht-Messe: "Schnäppchen" für 58 Millionen Euro

- Philippe Starck: Der geistige Vater von Port Adriano

- Interview Antonio Zaforteza, der den Umbau des Hafens leitete

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