Wer in der kommenden Saison auf Mallorca einen Mietwagen bucht, zeigt sich von seiner solidarischen Seite: 3,50 bis 9 Euro pro Tag gehen an die notleidende Landesregierung, um akute Haushaltslöcher zu stopfen. Und wer mit seinem Mietfahrzeug besonders viele Kilometer auf der Insel zurücklegt, hat ein besonders großes Herz, schließlich wird dann eine Extra-Gebühr für die Haushaltskasse fällig.

So in etwa ist das Kalkül des balearischen Finanzministers ­Josep Ignasi Aguiló. Die Mietwagensteuer soll insgesamt 15 Millionen Euro in die Kasse spülen. Sie ist eine von mehreren Öko-Abgaben, die in diesem Jahr zur Sanierung des Haushalts eingeplant sind. Das höhere Ziel der Haushaltskonsolidierung, argumentiert Aguiló, rechtfertige die finanzielle Mehrbelastung, die zudem zu umweltbewussten Verhalten führen solle. So wird die Abgabe in Abhängigkeit vom Schadstoffausstoß erhoben, Elektro-Autos sind von der Steuer befreit.

Das Dilemma der Landes­regierung: Einerseits ist sie angesichts der Haushaltsnotlage auf neue Einnahmen angewiesen - und die Tourismusbranche macht den überwiegenden Teil der Wirtschaftsleistung auf den Balearen aus. Andererseits stößt die Regierung mit der neuen Abgabe eine ganze Branche (siehe rechts) und voraussichtlich zahlreiche Urlauber vor den Kopf.

„Immer, wenn eine Abgabe nur für ein bestimmtes Segment erhoben wird, ist das schwer zu vermitteln und es entsteht schnell der Eindruck, dass es vor allem ums Abschröpfen geht", sagt Helmut Wachowiak, Fachbereichsleiter Tourismusmanagement an der Internationalen Fachhochschule Bad Honnef. Eine neue Steuer könne in der Regel nur dann auf Akzeptanz stoßen, wenn die Mittel zweckgebunden genutzt würden - also den Urlaubern zugute kommen - und dies auch so kommuniziert werde.

Beides ist bei der jetzt geplanten Mietwagensteuer zweifelhaft. Sie soll die Löcher stopfen, die vor allem das öffentliche Gesundheitswesen reißt. Und für Investitionen in den Tourismus werden ohnehin vor allem Transfergelder der ­Madrider Zentralregierung verwendet, die zuletzt stark zurückgefahren wurden.

Mit der Kommunikation steht es auch nicht zum Besten: Medien in Deutschland haben das Thema bereits unter dem Stichwort „Deutschen-Steuer" aufgegriffen, und Finanzminister Aguiló gibt die Informationen nur scheibchenweise preis. So ist immer noch unklar, wie genau die Abgabe gestaffelt werden soll.

Die Botschaft, dass die Öko-Abgabe die Umweltbelastungen durch den Autoverkehr kompensiere, kritisiert die Branche als Alibi für Abzocke. „Ein Urlauber, der mit seiner Yacht vor ­Mallorca liegt, zahlt nichts, dafür aber der Mietwagen­kunde im Fiat Panda", sagt Branchensprecher Ramon Reus. Weder Privat-Pkw, Lkw, noch Taxifahrer würden einbezogen. Die Landesregierung gehe vielmehr den Weg des geringsten Widerstands - die Vergangenheit habe schließlich gelehrt, dass man sich nicht mit den Hoteliers anlegen sollte.

Wie es besser funktionieren könnte, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Urlauber in die Pflicht zu nehmen, hat sich Horst Zwipp von der gleichnamigen Werbeagentur mit Sitz in Schorndorf und Andratx überlegt. „Warum eigentlich keine Kurtaxe?", fragt der deutsche Unternehmer. Die Einführung einer solchen Abgabe sei die sinnvollste und fairste, aber auch die nachvollziehbarste Möglichkeit, um Einnahmen zum Ausbau der touristischen Infrastruktur zu generieren und gleichzeitig „Betroffene zu Beteiligten" zu machen. Schließlich hätten Touristen wie

Einheimische gleichermaßen Interesse daran, den Lebensraum der Inseln zu erhalten, um davon profitieren zu können - „die einen durch Einnahmen aus ihrer Arbeit, und beide durch Erholung und Genuss der Insel." Freilich müssten die Gelder dann zum Beispiel ins Landgut Son Real oder das darbende Besucherzentrum von Cabrera fließen - und nicht ins Gesundheitssystem.

Dass Qualität im Tourismus nicht ohne Einnahmen gewährleistet werden kann, dürfte allen Urlaubern einleuchten, glaubt der Unternehmer. Die Kurtaxe sei europaweit bekannt, eingeführt und geduldet. Weitere Vorteile gegenüber der Mietwagen­steuer: Sie nehme alle Urlauber in die Pflicht und gehe nicht einseitig zu Lasten einer Branche.

So wie die Mietwagen-Steuer jetzt konzipiert ist, geht sie zu Lasten der Individualtouristen, die etwa in Landhotels übernachten und gerne essen gehen, wie auch Tourismusexperte Wachowiak zu bedenken gibt. Indirekt gefördert würden stattdessen die ungeliebten All-inclusive-Angebote.

Bei der Kurtaxe wären alle gleichermaßen betroffen. Unternehmer Zwipp schlägt vor, sie in vier Preisklassen zu staffeln - von 15 Euro (bis zehn Tage) bis 100 Euro (ab 100 Tage), Jugendliche würden zwischen 10 und 60 Euro zahlen. Für Langzeiturlauber könnten monatliche Pauschalen berechnet werden - und auch ausländische Immobilien­besitzer würde Zwipp je nach Größe der Wohn­fläche zur Kasse bitten.

Die Mietwagenverleiher verwenden zwar nicht den Begriff Kurtaxe, ihr Vorschlag klingt aber ganz ähnlich: Wie wäre es, von jedem Urlauber bei seiner Ankunft einen Obolus einzubehalten? In anderen Ländern sei das schließlich auch Gang und Gäbe, argumentiert Branchensprecher Reus. Zudem lasse sich auf einer Insel die Gebühr besonders leicht einziehen, da schließlich jeder Tourist den Flughafen oder einen Hafen passieren müsse.

Den zahlenden Urlaubern könnte man zudem kleine Präsente mit einem Logo überreichen, so Zwipp - vom T-Shirt über Schlüssel­anhänger bis zum Strandtuch. Damit wäre dann auch der Grundstein für ein Merchandising-Konzept ­gelegt.

Das vollständige Dossier zur Kurtaxe können Sie hier als PDF herunterladen.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 10. Januar (Nummer 662) lesen Sie außerdem:

- Mietwagen in der Steuerfalle

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