Wenn Joan Jaume abgehetzt wirkt, dann liegt das auch an seiner Sparpolitik: Um die Ausgaben der Gemeindeverwaltung von Llucmajor zu drücken, entließ der Bürgermeister unter anderem seinen Presse­referenten. Verspätet und mit etwas rotem Gesicht trifft der Politiker ein - und hofft darauf, dass alles besser werden könnte, falls es im Mai mit der Wiederwahl klappt.

Das Schlimmste sei überstanden, so der Politiker der konservativen Volkspartei (PP), „wir haben die Situation wieder unter Kontrolle". Türmten sich vor vier Jahren Bankschulden in Höhe von 40 Millionen Euro und unbezahlte Rechnungen über 24 Millionen Euro auf seinem Tisch, habe man die Ausstände auf 36 Millionen gesenkt. „Wir zahlen unsere Lieferanten wieder innerhalb von 30 Tagen", so der 47-Jährige. Und der 2014 erwirtschaftete Überschuss in Höhe von 9 Millionen Euro verschaffe wieder finanziellen Spielraum. So konnte - rechtzeitig zu den Wahlen - eine Senkung der Grundsteuer um zwölf Prozent beschlossen werden.

Die Projekte fielen eine Nummer kleiner aus als in früheren Jahren und kamen zögerlich in Gang. So werden jetzt die Müllcontainer erneuert und zum Teil in den Boden eingelassen. Noch vor den Wahlen auf den Weg gebracht wird laut Jaume das Projekt, die Siedlung s´Estanyol ans Trinkwassernetz anzuschließen - mit rund 2 Millionen Euro aus dem Haushaltsüberschuss. Für 300.000 Euro wurden zudem die Kunstrasenplätze der Sportanlagen erneuert, im Dorf Llucmajor sowie in Arenal.

Dorf, Playa, Urbanisationen

Die größte Gemeinde Mallorcas ist kein einheitliches Gebilde, sie besteht vielmehr aus drei Welten. Da ist zum einen das historisch gewachsene Dorf, das als eher konservativ gilt. Da ist Arenal, der östliche Teil der Playa de Palma, der eine touristische Hochburg und Schmelztiegel der Kulturen ist und eher links wählt. Und da sind die Urbanisationen, wo spanische und ausländische Residenten reichlich investiert haben - auch hier haben die Konservativen gute Chancen. Joan Jaume regiert denn auch mit absoluter Mehrheit, die PP ist schon seit 24 Jahren an der Macht.

Ändern will das nun Gori Estarellas, Spitzenkandidat der oppositionellen Sozialisten. Er wirft der PP nach all den Jahren Ideenlosigkeit und fehlenden Schwung vor, vor allem aber ein überholtes Verwaltungsmodell. Um der Realität der Gemeinde gerecht zu werden, müssten nach dem Vorbild von Calvià Distrikte gebildet werden, in denen die jeweils lokalen Vertreter von Vereinigungen und Kollektiven zu Wort kämen.

Problemzone Arenal

„Hierher nach Arenal findet der Bürger­meister nur selten", sagt der Sozialist, der seit inzwischen 27 Jahren Direktor der öffentlichen Schule s´Algar in Arenal ist. Die Playa de Palma sowie die Urbanisationen kämen bei Investitionen schlechter weg als das Dorf - während dort der Marktplatz verschönert wurde, werde das sanierungs­bedürftige Arenal weiter links liegengelassen - und Urlaubern werde ein Anblick zugemutet, der nicht zu den Qualitätsoffensiven vieler Hoteliers an der Playa passe.

Insbesondere die schwierige Parkplatzsituation in dem dichtbebauten Gebiet bemängelt Jaume Tomás vom oppositionellen Linksbündnis Més. Eine Verkehrsstudie müsse her, Kurzparkzonen könnten helfen, zudem seien neue Parkplätze außerhalb des Ortskerns notwendig. Auch der öffentliche Nahverkehr müsse ausgebaut werden, um etwa die Urbanisationen besser zu integrieren oder auch eine direkte Anbindung ans Krankenhaus Son Llàtzer in Palma zu ermöglichen.

In Sachen Tourismus bastelt Llucmajor derzeit an Benimm-Regeln nach dem Vorbild von Palma, wo ein strenges Regelwerk seit vergangenem Jahr im westlichen Teil der Playa de Palma gilt - bis dorthin, wo der Sturzbach Torrent des Jueus die Grenze zwischen den ­Kommunen bildet. Die PP will noch vor den Wahlen eine ähnliche Verordnung verabschieden und unter anderem gegen Saufgelage schärfer vorgehen. Jaume betont aber, dass die Situation nicht so schlimm sei wie in der Party­hochburg rund um das Balneario 6 - und dass man eher Probleme mit einheimischen Jugendlichen habe.

Tourismus in Llucmajor, das sind aber auch die Radfahrer. Geplant sei, sämtliche Kilometermarken auf den ausgewiesenen Fahrradrouten zu erneuern, so der Bürgermeister. Auch die Schlaglöcher gehe man in einem Dreijahresprogramm an. Einstellen könnten sich die Fahrradtouristen des Weiteren auf neues Karten­material, das direkt auf das Smartphone runtergeladen werden könne.

Breite Unterstützung, aber noch keine Finanzierung gibt es für das Projekt eines „grünen Korridors" für Wanderer und Radfahrer auf der ehemaligen Bahnlinie zwischen Arenal und Llucmajor (S. 10.). Ähnlich sieht es auch im Fall eines Kulturzentrums aus, das Més fordert. „Es kann nicht sein, dass es in einer Gemeinde mit 37.000 Einwohnern keinen ordentlichen Veranstaltungsort für Theater und Konzerte gibt."

Und die Ausländer?

In Sachen Ausländerpolitik hat die Gemeinde in der zu Ende gehenden Legislaturperiode den Rotstift angesetzt - die Deutsche Angela Fleckenstein, die die Nichtspanier bei Behördengängen an die Hand nahm, wurde im Jahr 2012 entlassen. Die Stelle war über einen Beratervertrag geschaffen worden, der im Zuge der Sparpolitik aufgelöst werden musste. Bürgermeister Jaume versichert aber, dass die Ausländer weiterhin einen Ansprechpartner hätten - eine fremdsprachenkundige Person in der Touristen-Info fungiere nun als Lotsin. Das habe sich bewährt, die Stelle der Ausländerbeauftragten werde nicht reaktiviert. In Aussicht stellt Jaume dagegen ein Abkommen mit der Guardia Civil. Es soll sicherstellen, dass stets ein Übersetzer in der Wache vor Ort ist.

Sozialist Estarellas hat seine eigenen Erfahrungen mit Ausländern - in seinen Klassen säßen im Schnitt 30 Prozent Nichtspanier, „das ist wie beim Turmbau zu Babel". Der 57-Jährige will deswegen im Rahmen einer Dezentralisierung der Verwaltung alle Touristen-Infos der Gemeinde zu Bürgerbüros ausbauen, in denen auch Englisch und Deutsch gesprochen werde. „Das schreiben wir einfach in das Anforderungs­profil ­für die Stellen mit rein." Vielleicht klappe es auch mit einer deutschen Kandidatin auf der Liste, die Sache sei aber noch nicht spruchreif.

Podemos greift an

Während Més sich noch bemüht, dass mit einem Senegalesen zumindest ein Ausländer aufgestellt wird, wartet auch die aufstrebende Linkspartei Podemos bislang vergeblich auf das Engagement der nichtspanischen Residenten. „Bei den offenen Vorwahlen hat sich kein Deutscher präsentiert", heißt es bei der Formation, die mit der Liste „Sí se puede Llucmajor" antritt. Man sei offen für Ideen und empfange alle ausländischen Residenten mit offenen Armen.

Die politischen Newcomer treten auch in Llucmajor für mehr Transparenz und Partizipation ein, insbesondere fordern sie eine Buchprüfung der angehäuften Schulden und eine Senkung der Gehälter der Lokal­politiker. In den Jahren der PP-Regierung sei der Dialog zu kurz gekommen, heißt es, nun müsse dringend im Rathaus „durchgelüftet werden".

Wenn die PP die absolute Mehrheit verfehlt, können sich die Wähler auf spannende Koalitionsverhandlungen einstellen, bei denen vor allem den kleinen Parteien eine entscheidende Rolle zukommt. In der Vergangenheit stützte sich die PP auf die Partei ASI, deren früherer Vorsitzender Joaquín Rabasco nach einem Korruptionsskandal zu einer Haftstrafe verurteilt worden war. Die Partei, die für sich in Anspruch nimmt, sich erneuert zu haben und auf Verfehlungen anderer Parteien verweist, ist derzeit mit einem Gemeinderat vertreten, genauso wie die Regionalpartei Convergència per les Illes (CxI).

Die Chance auf einen Machtwechsel besteht dagegen in einem breiten Linksbündnis, Sozialist Estarellas steht für eine Koalition mit Més bereit und würde auch mit „Sí se puede Calvià" verhandeln - wenn er denn mal deren politische Ziele genauer kenne. „Wir nehmen weiterhin Vorschläge für das Programm an", heißt es dort, „wir bitten um rege Teilnahme".