Wissenschaft und Kunst besaßen bei der in der Toskana regierenden habsburgischen Linie (Sekundogenitur) einen hohen Stellenwert. Alle Großherzöge waren neben ihrer politischen Funktion auch naturwissenschaftlich interessiert oder tätig. In der Person von Ludwig Salvator kulminierten diese traditionell-familiären Interessen jedoch in herausragender Weise.

Bereits als Kind beeindruckte der kleine Prinz seine Umgebung durch besondere Beobachtungsgabe und großes Interesse für die vielfältigen Erscheinungsformen der Natur. Luigis Spielwiese waren die paradiesischen Boboli-Gärten des Palazzo Pitti und die rund um Florenz befindlichen Gartenanlagen der Medici, in denen er stundenlang Pflanzen und Tiere studierte. Aufgrund dieser ausgeprägten Vorliebe beauftragten seine Eltern, Großherzog Leopold II. und Großherzogin Maria Antonia, den Physiker und Mathematiker Vincenzo Antinori, seines Zeichens Direktor des berühmten florentinischen „Museo di Fisica e Storia Naturale", mit der Verfassung eines umfassenden, naturwissenschaftlich orientierten Erziehungskonzeptes.

Dieses „Traccia" genannte, ausgeklügelte Meisterwerk aufgeklärt-humanistischer Pädagogik basierte auf dem Prinzip der vom englischen Philosophen John Locke entwickelten Lehre von der Ideenverbindung und dem in drei Phasen gegliederten Studium von Naturwissenschaft, Literatur und Philosophie.

Antinori forderte von Lehrern allgemein, dass sie Herz, Geist und Intellekt ihrer Schüler erreichen sollten. Erziehung dürfe keine sterile akademische Übung sein, sondern müsse die Förderung des menschlichen Potenzials zum Ziel haben. Aus dieser Sicht käme der Naturwissenschaft eine führende Rolle zu. Besondere Akzente legte er bei Luigi auf Botanik, Zoologie, Mineralogie und Geologie.

Ergänzend standen Geschichte mit Parallelen zur Geografie, das Studium von Landkarten, die Lektüre von Biografien illusterer Persönlichkeiten sowie von Reiseberichten und Dokumenten über Brauchtum und Tradition der verschiedenen Erdbewohner auf dem Lehrplan. Die Lehrer sollten dem jungen Erzherzog auch vermitteln, wie die Menschen verschiedener Kulturen die Natur, die Erde und die Luft achteten, in der sie lebten. Auf den Spuren der Geschichte war die Gegenwart zu betrachten und mit eigenen „reifen Anmerkungen" zu versehen.

Am Ende der wissenschaftlichen Studien sollte Luigi fähig sein, die verschiedenen Stränge des Wissens zusammenzufassen und sie „wie Lichtstrahlen in einem Zentrum zu bündeln, damit die Verbindungen der Wissenschaften untereinander und zu den Menschen selbst sichtbar werden." Als ein solches Zentrum bezeichnete Antinori die Geografie in Form der erschaffenen Welt: „Die Prüfung unseres Globus hat ergeben, dass seine Ursprünge in allen Wissenschaften liegen, er also aus allen zusammengesetzt ist. So kann man sagen, dass alle physischen Lehren und Naturwissenschaften in der Geografie zusammen fließen und dass die Summe aller Studien das Studium der Welt ergibt, indem man die Beziehungen der Wesen, ihre Phänomene untereinander und zu uns betrachtet." Dies beträfe auch die überlieferten Kulturen der einzelnen Völker, deren unterschiedliche Mentalität und verschiedenen Traditionen stark durch die geografische Lage geprägt seien.

Diese - konsequent umgesetzten - pädagogischen Richtlinien belegen nicht nur, dass der Erzherzog bereits ab seinem siebenten Lebensjahr zum Naturwissenschaftler erzogen wurde, sondern dass auch sein breit angelegtes geographisches Werk eigentlich auf das tiefe und zusammenhängende Verständnis der mediterranen Welt abzielt.

Es war die Mutter Ludwig Salvators, die in der Person des jungen Wissenschaftlers Eugenio Graf Sforza den idealen Erzieher und Hauslehrer für ihren Sohn fand. Er stammte aus einer namhaften toskanischen Adelsfamilie und diente Ludwig Salvator mehr als dreißig Jahre lang als Erzieher, Lehrer, Kammerherr, Mentor, Reisebegleiter und väterlicher Freund. Sforza und sein Zögling stürzten sich vom ersten Moment an mit voller Intensität in die naturwissenschaftliche Ausbildung, wobei es zumeist der junge Erzherzog war, der mit seiner unermüdlichen Wissbegierde, die sich oft in ein Besorgnis erregendes Arbeitsfieber steigerte, das Tempo der Studien vorgab.

Dabei wurden auch sofort Kontakte zu hochrangigen Wissenschaftlern aufgenommen. Insektenforscher, Ornithologen und berühmte Botaniker stellten bereitwillig Objekte aus ihren privaten Sammlungen zur Verfügung und nahmen für Luigi Bestimmungen der von ihm gesammelten Pflanzen und Tiere vor. Der junge Prinz war ihnen im Gegenzug behilflich, wertvolle Kontakte zu anderen Fürstenhäusern zwecks Beschaffung von naturkundlichen Objekten aufzubauen.

Als die großherzogliche Familie im Mai 1859 aufgrund der politischen und militärischen Entwicklung von einem Tag auf den anderen die Toskana verlassen und in das böhmische Exil fliehen musste, bedeutete dies für den zwölfjährigen Luigi den Verlust seiner mit Eugenio Sforza aufgebauten Sammlungen von Tieren, Pflanzen und Mineralien. Infolge des rauen Klimas in Böhmen litt er bald an einer chronischen Bronchitis und Bronchialasthma. Zwecks therapeutischer Seebäder wurde er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Johann Salvator nach Venedig gebracht und blieb dort zwei Jahre lang bis zum restlosen Abklingen aller Symptome. Nebst eingehender Besichtigung aller Kunstschätze der Serenissima unternahm Luigi mit Sforza zahlreiche Exkursionen in das umliegende Küstenland bis nach Triest und zur Halbinsel Istrien. Die 1868 im Selbstverlag erschienene erste Reisebeschreibung „Excursions artistiques dans la Vénétie et le Littoral" widmete er seiner Mutter als „Frucht der ersten Kindheitsstudien".

Der ebenfalls naturwissenschaftlich tätige Vater Leopold nahm auf dem Korrespondenzweg regen Anteil an den Studien seines „genialen" Sohnes, übermittelte ihm selbst erstellte Lernmaterialien und berichtete Luigi begeistert von den großartigen wissenschaftlichen Ergebnissen der „Novara"-Schiffsexpedition (1857-59). Diese größte Forschungsreise der Monarchie, bei der Naturwissenschaftler, Ärzte und Zeichner ihren Aufgaben anhand systematischer Listen mit festgelegten Fragestellungen nachgingen, sollte zu einem Vorbild für Ludwig Salvators spätere Arbeitsweise werden.

Bereits mit einem weit überdurchschnittlichen Vorwissen ausgestattet, nahm Luigi sodann im Jahr 1865 sein privates Universitätsstudium in Prag unter Leitung des Rechtsgelehrten Dr. Jan Schier auf. Dieser fertigte in Absprache mit dem Studiosus, dessen Vater und Eugenio Sforza einen fünfjährigen Studienplan an, der Kaiser Franz Joseph zur Genehmigung vorgelegt werden musste.

Da zu dieser Zeit das habsburgische Familienstatut keine Universitätsbesuche für Mitglieder der kaiserlichen Familie gestattete, konnte der junge Erzherzog die ausgewählten Professoren der berühmten deutschen Karl-Ferdinands-Universität nur zu Privatvorlesungen empfangen. Um möglichst nahe bei den Lehrern zu wohnen, mieteten sich Luigi und Sforza bescheiden im zentral gelegenen Hotel „Englischer Hof" ein.

Weit über die Grenzen Böhmens renommierte Professoren unterrichteten ihn nun in Zoologie, Botanik, Geologie, Rechtswissenschaften, Philosophie und Mathematik. Laufende sprachliche Ausbildungen verbesserten die Kenntnisse des bereits polyglotten Erzherzogs zusätzlich in Latein, Altgriechisch, Englisch, Tschechisch, Serbisch und Spanisch. Der Maler Antonin Lhota wurde zu seinem wichtigsten Zeichenlehrer.

Im Verlauf ausgedehnter Studien­reisen erfolgte eine Vertiefung der Lehrinhalte und Materialsammlung für Publikationen. Diese führten Luigi und Sforza an die Nordsee, nach Skandinavien und Lappland, aber auch nach Spanien, auf den Balkan, zu den Liparischen Inseln und nach Nordafrika. In seinem 1868 erschienenen Buch „Süden und Norden - Zwei Bilder" brachte der angehende Wissenschaftler bereits vergleichende Reiseeindrücke über Helgoland und Valencia zu Papier.

Von besonderer Bedeutung für Luigis weiteres Leben war die in den Sommermonaten 1867 unternommene dreimonatige Studienreise zu den Balearen. Obwohl dabei topographisch-statistische Forschungen im Vordergrund standen, widmete sich der Erzherzog, wie er im Vorwort seines 1869 im Selbstverlag erschienen Büchleins „Beitrag zur Kenntnis der Coleopteren-Fauna der Balearen" schrieb, „viele Stunden seinem Lieblingsstudium, den Naturwissenschaften." Coleopteren sind Käfer.

Mit Hilfe seines berühmten Fragebogens „Tabulae Ludovicinae" und umfangreichem Material, das ihm von der Insel gesendet wurde, schuf er den ebenfalls 1869 bei Brockhaus in Leipzig anonym verlegten ersten Teiles seines Monumentalwerkes „Die Balearen. Geschildert in Wort und Bild". Es handelte sich dabei wohl um die inoffizielle Dissertation des genialen habsburgisch-toskanischen Wissenschaftlers.

Überschattet vom unerwarteten Tod seines Vaters schloss Ludwig Salvator, zu diesem Zeitpunkt bereits Ehrenmitglied der „Österreichischen Geographischen Gesellschaft", seine Ausbildung im Juni 1870 ab und begann ein Praktikum in der Prager Statthalterei.

Wie sein späterer Biograf, der deutsche Reisebuchverleger Leo Woerl festhielt, „fügte sich der lernbegierige Erzherzog der ihm gewordenen Aufgabe, und mögen ihn auch die krausen Pfade bureaukratischer Geschäftsordnungen hie und da befremdet haben, so rühmten doch selbst die gewiegtesten Räte der Statthalterei die Schärfe, mit welcher der Prinz jedwede Angelegenheit zu prüfen, in ihre Elemente zu zerlegen und aus den Details und dem Nebensächlichen die eigentliche Hauptfrage loszulösen wusste. Das war wohl das erfreuliche Ergebnis einer glücklich geleiteten, sehr gründlichen Erziehung und einer strengen Disziplinierung bedeutender natürlicher Anlagen."