Mallorca hat vier Ecken. Im Norden hört die Insel am Kap Formentor auf, im Osten am Kap von Capdepera, im Süden am Kap Salines und im Osten am Kap von Sant Elm. Wer mit einem Boot an all diesen Ecken hintereinander vorbeifährt, hat insgesamt etwa 150 Seemeilen oder rund 317 Kilometer zurückgelegt. Und genau darum geht es bei der sogenannten „Four Stripes Challenge".

Seit 2005 fordert der königliche Yachtclub von Palma unter diesem Namen alle Segler im Mittelmeer heraus, so schnell wie möglich um die Insel zu segeln. Außer der Bedingung, dass es sich bei den Yachten um Einrumpfboote handeln muss, gibt es keine weiteren Regeln oder Auflagen. Weder hinsichtlich der Größe des Bootes noch der Zahl der Besatzungsmitglieder. Jeder kann an der Challenge teilnehmen.

Dennoch: Bisher nahm die Herausforderung lediglich eine Handvoll Skipper an. Schuld daran hat der aktuelle Rekordhalter: Im April 2007 segelte der vor zwei Jahren verstorbene frühere deutsche Arbeitgeber-Präsident und Segelmäzen Klaus Murmann auf seiner Hightech-Yacht „Uca" in 17 Stunden und 55 Minuten einmal nonstop um die Insel. „Eine unglaubliche Zeit, an der sich bisher jeder die Zähne ausgebissen hat", schwärmt José Luis Miró, Sprecher des Real Club Náutico in Palma.

Bisher. Im kommenden Oktober will sich nach mehr als fünf Jahren Pause erstmals wieder ein Yachtbesitzer der „Four Stripes Challenge" stellen. Erneut ein Deutscher, Thomas Bscher. Der millionenschwere Bankierssohn (Sal. Oppenheim) und Manager aus Köln, der für den VW-Konzern noch bis 2006 die Edelfahrzeugmarke Bugatti zurück in die schwarze Zahlen lenkte, gilt seit Jahren als einer der ambitioniertesten Regatta-Segler Deutschlands. Mit seiner 26 Meter langen Wally-Yacht „Open Season", einer Art Ferrari der Meere, gewann der heute 64-Jährige in den vergangenen Jahren bereits mehrere hochkarätige Hochsee- und Küsten­regatten im Mittelmeer.

Doch auch immenser Ehrgeiz und teuerstes Equipment allein dürften nicht ausreichen, um die „Four Stripes Challenge" zu gewinnen, glaubt Miró. „Wer in kürzester Zeit um die Insel - und damit in alle vier Himmelsrichtungen - segeln will, braucht verdammt viel Glück mit dem Wind."

Bscher vertraut bei seinen Wettfahrten auf den dreifachen deutschen Olympia-Sieger und America´s-Cup-Gewinner Jochen Schümann, der auf der „Open Season" als Taktiker mit an Bord geht. Und auch eine ausgefeilte Bord-Elektronik soll dabei helfen, dass die Segelyacht bei ihrer

Mallorca-Umrundung auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von mindestens 8,5 Knoten (circa 17 km/h) kommt. Eine Computer-Software rechnet dabei anhand der ständig eingehenden meteorologischen Daten den „perfekten" Kurs aus. Zeit zum Ausruhen hat die 14-köpfige Crew deshalb aber nicht. Ganz im Gegenteil. „Da der Kurs ständig vom Steuermann angepasst beziehungsweise korrigiert werden muss, stehen permanente Wendemanöver an. Außerdem müssen die Segel ­dauernd getrimmt werden. Ein echter Knochenjob", glaubt der Yachtclub-Sprecher.

Das Procedere für den Rekordversuch ist dagegen denkbar einfach. Der Skipper muss spätestens 24 Stunden vor dem Start der Hafenkommandatur mitteilen, um wie viel Uhr er ablegt. Ein auf dem Boot angebrachter Satellitensender übermittelt der Clubleitung in Palma danach stets die exakte Position der Yacht. Für welche Route sich der Skipper entscheidet, also ob er von Palma aus Richtung Andratx oder Richtung Cala Ratjada startet, ist ausschließlich ihm überlassen. „Das hängt alles von der Wind- und Wetterlage ab", so Miró.

Ob es bei der „Four Stripes Challenge", die ihren Namen nach den Streifen auf der Balea­ren-Flagge trägt, auch etwas zu gewinnen gibt? „Natürlich", antwortet Miró. Die Gewissheit, vielleicht in den nächsten zehn Jahren der schnellste Segler der Welt zu sein, der Mallorca

nonstop umrundete.